Faltenmessung, Verpackungscheck und Schwitztest: Beiersdorf untersucht die Produkte vor Markteinführung in einem eigens geschaffenen Labor. Der Kosmetikhersteller betreibt am Hamburger Unternehmenssitz ein Probandenzentrum. Täglich testen dort im Schnitt 300 Freiwillige neue Eucerin-, Hansaplast- oder Niveaartikel. Auch PTA führen Analysen durch.
Das Forschungszentrum umfasst eine Fläche von rund 1500 Quadratmetern. Auf drei Etagen befinden sich insgesamt 40 Testräume. Insgesamt sind in Hamburg rund 3500 Probanden gelistet, die an Studien teilnehmen. Auf dem Prüfstand stehen dort alle Marken des Konzerns: Getestet werden sowohl die Wirkversprechen der Eucerin-Produkte als auch die Reißfestigkeit der Pflaster.
Der Eingangsbereich wirkt wie eine Hotellobby mit medizinischem Spa-Schwerpunkt, Handtücher liegen aus. Am Morgen herrscht bereits emsiges Treiben. Das Zentrum öffnet um 7 Uhr. Am Tresen verweisen Mitarbeiter die Probanden in den jeweiligen Raum. Bis 19 Uhr werden die Produkte getestet.
Die Probanden können sich freiwillig melden. Interessierte sollten zwischen 14 und 60 Jahre alt sein und viel Zeit mitbringen. Außerdem müssen die Termine zuverlässig wahrgenommen und die Verhaltensregeln während der Studie eingehalten werden. Gesunde und intakte Haut in den Bereichen Gesicht, Arme, Achseln, Rücken und Beine sowie keine grundsätzlichen Unverträglichkeitsreaktionen gegenüber Kosmetika werden vorausgesetzt. Ein guter gesundheitlicher Zustand sei ebenfalls von Vorteil.
Vor dem allerersten Test untersucht eine Ärztin die Teilnehmer. Danach werden die Probanden alle zwei Jahre durchgecheckt. Besonders schwierig sind laut Beiersdorf Menschen mit Hauterkrankungen wie Psoriatiker, Diabetiker oder Männer zu finden. Drei Viertel der rund 10.000 bundesweiten Testpersonen sind Frauen. Die Teilnehmer erhalten je nach Studiendauer und Komplexität eine Aufwandsentschädigung zwischen 10 und 500 Euro.
Dafür müssen sie beispielsweise die Faltendichte um die Augenpartie ermitteln lassen, um die Wirkung der neuesten Anti-Aging-Creme messen zu können. Außerdem gibt es zwei Badezimmer. In den Nassräumen lässt sich etwa erkennen, wie Duschprodukte verwendet werden, wie lange ein Haarshampoo ausgespült wird oder wie ein Gesichtsreinigungsprodukt aufgeschäumt wird.
In den Badezimmern wird aber nicht nur geduscht. Auch die Wirkung und Handhabung der Verpackungen wird streng überwacht. Untersuchungen haben etwa ergeben, dass Chinesen ihre Produkte auf den Boden und nicht ins Regal stellen. Für Fernost müssen die Packungen demnach anders beschriftet werden.
Im Probandenzentrum sind rund 60 Mitarbeiter beschäftigt, darunter auch PTA, Apotheker arbeiten hier nicht. Die Erhebungen werden laut Beiersdorf nach hohen Qualitätsstandards durchgeführt, also beispielsweise verblindet, randomisiert und kontrolliert. Außerdem gibt es Räume für Gruppendiskussionen und Einzelgespräche. Die Probanden können die Produkte auch zu Hause testen.
Das Testlabor gehört zum Bereich Forschung und Entwicklung. Beiersdorf hat im vergangenen Jahr einen Umsatz von rund 6,3 Milliarden Euro erwirtschaftet. Der Konzern beschäftigt weltweit rund 17.400 Mitarbeiter, davon rund 5900 in Deutschland. Weitere Marken sind La Prairie, Labello, Florena, 8x4, Slek und tesa.
Die Familie Herz, zu deren Imperium auch Tchibo und Blume2000 gehören, ist heute Haupteigentümer von Beiersdorf. Die Familie war in den 1970er Jahren bei dem Kosmetikkonzern eingestiegen und hatte 2003 große Teile der Allianz-Aktien übernommen. Zuvor war lange über eine Übernahme und die Zerschlagung des Unternehmens durch den US-Konzern Procter & Gamble spekuliert worden.
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