Povidon-Iod gegen Corona? Cynthia Möthrath, 19.05.2020 11:50 Uhr
Bereits zu Beginn der Corona-Pandemie stieg die Nachfrage zu iodhaltigen Gurgellösungen in den Apotheken spontan an. Nun will ein Unternehmen aus Florida die antivirale Wirksamkeit seines Antiseptikums nachgewiesen haben. Droht nun die nächste Nachfragewelle?
Um die Wirkung seines Povidon-Iod-Antiseptikums Halodine zu untersuchen, hat das Unternehmen Veloce BioPharma gemeinsam mit dem Institute for Antiviral Research der Utah State University verschiedene Experimente in einem „Biosafety Level 3+ Labor“ durchgeführt: Dabei konnte demonstriert werden, dass das Produkt eine „schnelle antivirale Wirksamkeit gegen Sars-CoV-2 gezeigt hat“. In den Untersuchungen konnte das Antiseptikum das neuartige Coronavirus Sars-CoV-2 deaktivieren. Auch mit Verdünnungen bis zu 1:20 der kommerziell verfügbaren Lösungen konnten ähnlich wirksame Ergebnisse gezeigt werden. „Die Resultate, die erstmalig eine Wirksamkeit gegen das Virus zeigen, das Covid-19 verursacht, sind für uns extrem ermutigend“, erklärt Dr. Samuel Barone von Veloce BioPharma.
„Diese Studie zeigt, dass auch eine ungiftige Lösung für Mund und Nase wirksam gegen Sars-CoV-2 sein kann. Es handelt sich um das erste Antiseptikum auf Iodbasis, das je belegen konnte, aktiv gegen den Virus zu sein, der Covid-19 verursacht“, sagte Hauptautor Dr. Jesse Pelletier von der Ocean Ophthalmology Group. „Da wir jetzt endlich die Wirksamkeit von Povidon-Iod-Lösungen gegen Sars-CoV-2 bewiesen haben – ohne Gefährdung der Schleimhäute – können wir sie in unsere Anstrengungen aufnehmen, die Übertragung von Covid-19 zu bremsen.“ Ursprünglich wurde die Lösung gemeinsam mit Ärzten für die wiederholte Verabreichung in Mund und Nase entwickelt.
Erhöhte Nachfrage in deutschen Apotheken
Auch hierzulande stieg zu Beginn der Pandemie die Anfrage in den Apotheken nach iodhaltigen Gurgellösungen. Vor allem Betadine von Mundipharma rückte dabei in den Fokus. Das Präparat ist jedoch nur in der Schweiz unter dem Namen auf dem Markt. Laut Gebrauchsinformation handelt es sich dabei um ein desinfizierendes Konzentrat zum Gurgeln und Spülen des Mund- und Rachenraumes. Es soll Bakterien, Pilze, Viren und andere Infektionsauslösende Erreger abtöten.
Povidon-Iod als Prävention?
Grund für die erhöhte Nachfrage vor rund zwei Monaten waren kursierende Nachrichten über WhatsApp in denen ein italienischer Arzt das Präparat angepriesen hatte. Zur Prävention gab er folgenden Ratschlag: „Es wird empfohlen, mit Betadine zu gurgeln, um Keime zu entfernen oder zu minimieren, während sie sich noch im Hals befinden, bevor sie in die Lunge tropfen.“
Eigentlich wird die iodhaltige Lösung jedoch zur Vorbeugung und Behandlung von Infektionen nach Verletzungen, von infektiösen Erkrankungen des Mund- und Rachenraumes und des Zahnfleisches sowie vor und nach chirurgischen und zahnärztlichen Eingriffen angewendet. Das enthaltene Povidon-Jod zählt zu den sogenannten „Halogenfreisetzern“: Aus der Substanz wird nach dem Auftragen Iod freigesetzt, dieses reagiert mit der Oberfläche von zahlreichen Bakterien, Viren, Pilzen und anderen Krankheitserregern. Dabei schädigt es die Zellwand so stark, dass die Erreger absterben.
Aufgrund der Studienergebnisse könnte nun auch hierzulande die Nachfrage wieder ansteigen: Doch weder Betadine noch Halodine sind in Deutschland auf dem Markt. Zwar bietet Mundipharma über seinen Vertriebspartner Hermes hierzulande ein Betaisodona-Mund-Antiseptikum an, dieses war jedoch zum Zeitpunkt der steigenden Anfragen im März nicht verfügbar. Mittlerweile ist jedoch zumindest die 100-ml-Größe wieder zu bekommen.
Antiseptika als Anti-Corona-Baustein
Die Anwendung des für die Schleimhäute ungiftigen Antiseptikums könnte den Autoren der Studie zufolge ein wichtiger Aspekt sein: Die Virenlast in Nase und Mund erzeuge ein Übertragungsrisiko, speziell in Bereichen der Krankenversorgung, da Aerosole und Tröpfchen aus Nase und Atemwegen ein wichtiger Weg der Übertragung von Covid-19 sind. Virale Aerosole und Tröpfchen könnten für bis zu drei Stunden infektiös bleiben. Masken könnten zwar zum Schutz vor Infektionen beitragen, mit Antiseptika für Nase und Mund, die nachweislich wirksam gegen den Virus sind, könne jedoch die Aerosol-Übertragung gegebenenfalls weiter reduziert werden – denn Masken allein können das Virus nicht eliminieren. „Antiseptika für die Nase und Mundspülungen bilden gemeinsam mit Masken einen wichtigen Baustein der Reduzierung der Übertragung, wie auch mit Handschuhen das Händewaschen weiter wichtig ist“, erläutert Pelletier.