Ohne Abitur: PTA ist jetzt Ärztin Hanna Meiertöns, 06.02.2023 08:06 Uhr
Daniela Wittmann ist PTA und ab sofort auch Ärztin: Sie studierte in Regensburg ohne Abitur Medizin und arbeitete währenddessen in zwei Apotheken – für ein bisschen Abwechslung im Lernalltag und um ihr BAföG aufzubessern. Auch in Zukunft möchte sie der Arbeit im HV nicht vollkommen den Rücken kehren.
Bis zuletzt jobbte Wittmann nebenbei in zwei Apotheken, jetzt kündigte sie in einem Betrieb, da sie ab März ihre Arbeit als Rechtsmedizinerin aufnehmen wird, von der sie vor zwei Jahren noch träumte. Nebenbei möchte sie trotzdem noch ab und zu weiterhin in ihrer Ausbildungsapotheke arbeiten, in der sie 2008 schon ihr PTA-Praktikum absolvierte, der Beruf mache ihr einfach Spaß. „Jetzt habe ich allerdings auch Nachtdienste und Wochenendschichten, ich werde schauen müssen, wie das zusammenpasst.“ Da sie Familie im Ort habe, wolle sie sowieso gerne ein bis zwei Mal im Monat vorbeikommen, „dann könnte ich auch in der Apotheke arbeiten“, hofft sie.
In den vier Wochen, bevor es im neuen Job losgeht, bleibt aber keine Zeit für Urlaub, auch das Geld ist noch knapp: „Ich muss noch meine Doktorarbeit fertig schreiben und da ich kein BAföG mehr bekomme, habe ich die Stundenanzahl in der Apotheke erhöht.“ Außerdem stehe noch ein Umzug an, denn die neue Stelle ist von ihrem aktuellen Wohnort zu weit entfernt. „In der Rechtsmedizin zu arbeiten, ist mein Traum“, freut sich Wittmann, es sei ein Glücksfall gewesen, dass sie tatsächlich einen Arbeitsplatz in diesem Bereich bekam, die Kapazitäten seien sehr begrenzt.
Das Studium ohne Abitur ist definitiv ein Sonderfall und stellte die Medizinerin vor besondere Herausforderungen: „Ich fühlte mich sehr allein gelassen, oft musste ich der Universität hinterherlaufen oder hatte Probleme bei der Zulassung zu den Prüfungen. Von den zuständigen Stellen bekam ich dann zu hören, dass man ja gar nicht ohne Abitur studieren könne – dabei tat ich das ja schon seit mehreren Semestern.“ Für die Bewerbung an der Universität Regensburg musste sie in einem Motivationsschreiben darlegen, warum sie Medizin studieren wollte. Anschließend gab es noch zwei Beratungsgespräche, bis sie den Platz bekam.
Als Ärztin in der Apotheke
Für den PTA-Beruf habe ihr das Medizinstudium auch etwas gebracht, „ich fühle mich jetzt viel sicherer in der Beratung“, sagt sie. Sie habe zum Beispiel ein viel tieferes Verständnis für Krankheiten bekommen. Die beiden Berufe voneinander zu trennen, fällt dann mitunter schwer: Als Ärztin darf sie Diagnosen stellen, aber bei ihrer Arbeit als PTA im HV werden ihr diese Kompetenzen per Gesetz abgesprochen. Auch bei den Corona- und Grippe-Impfungen in der Apotheke durfte sie deshalb nicht aushelfen, auch wenn sie das im Studium gelernt habe und gerne angewendet hätte – „aber so sind eben die Regeln“, bedauert Wittmann.
Die Haltung von Kund:innen ihr gegenüber verändere sich oft schlagartig, wenn sie erfahren, dass da eine Medizinstudentin oder Ärztin hinter dem HV-Tisch steht: „Manche sind dann auf einmal ganz kleinlaut, das finde ich sehr befremdlich“, so Wittmann, andere würden aber auch besonders viele Fragen stellen und sich alles genau erklären lassen wollen. Auch Kolleg:innen würden bei Fragen inzwischen häufiger auf sie zukommen.
Falls die Rechtsmedizin auf Dauer nichts sein sollte, sieht sich Wittmann als angestellte Hausärztin, „da könnte ich auch sehr gut mein Wissen zur Selbstmedikation anwenden, dazu lernt man im Medizinstudium nämlich gar nichts“, erklärt sie. Aufgrund der PTA-Vorerfahrungen wäre sie bei der Rezeptausstellung auch ganz besonders darauf bedacht, „gute“ Rezepte auszustellen, und würde sich um eine gute Zusammenarbeit und ein freundlicheres Klima zwischen Arztpraxis und Apotheke bemühen.