NRF: Zwei neue Stammzubereitungen Alexandra Negt, 23.11.2021 11:44 Uhr
Die NRF-Ergänzungslieferung 2021/2 enthält zwei neue Stammzubereitungen: Die Atropinsulfat-Stammlösung 0,2 Prozent (NRF S.53.) und das Cellulose-Siliciumdioxid-Füllmittel (NRF S.54.) wurden neu ins NRF aufgenommen.
Atropin wird in Augentropfen beispielsweise zur Hemmung der Myopie eingesetzt. Bei der Myopie handelt es sich um Kurzsichtigkeit. Das scharfe Sehen in der Ferne ist eingeschränkt. Dass Atropin die Myopieprogession bei Kindern hemmen kann, ist bereits seit Langem bekannt. Allerdings weist der Stoff ein inakzeptables Nebenwirkungsprofil auf. Lediglich sehr niedrige Dosierungen (0,01 Prozent) können eingesetzt werden. In Deutschland werden Atropin-Augentropfen immer häufiger verordnet.
Ansonsten findet Atropin in der Augenheilkunde auch Anwendung als Mydriatikum. Der Arzneistoff, der natürlicherweise in mehreren Nachtschattengewächsen vorkommt, hemmt die Akkommodation der Pupille – es kommt zur anhaltenden Pupillenerweiterung. Ab und an werden auch Atropinsulfat-Nasensprays zur Anwendung bei vasomotorischer Rhinitis verordnet.
Vermeidung von Wägefehlern
Durch die Atropin-Stammlösung sollen Kleinsteinwaagen mit beträchtlichen Wägefehlern vermieden werden. Neben Atropin und Wasser enthält die Stammzubereitung Edetathaltige Benzalkoniumchlorid-Stammlösung 0,1 Prozent zur Konservierung. So hat die Stammlösung eine Verwendbarkeitsfrist von drei Monaten. Als Stammzubereitung muss das Standgefäß besonders gekennzeichnet werden. Das NRF empfiehlt:
- Gefahrenpiktogramm: GHS 07: Achtung
- „H332: Gesundheitsschädlich bei Einatmen“
- BAK-Kennzeichnung: Oranger Punkt, „Atemschutz“ (optional)
Bei der zweiten neuen Stammzubereitung handelt es sich um das Cellulose-Siliciumdioxid-Füllmittel (NRF S.54). Es wird als Füllmittel für Kapseln und Pulver zum Einnehmen angewendet. Am häufigsten wird in der Apotheke immer noch ein Füllstoff aus Mannitol und Aerosil verwendet. Die neue Stammzubereitung besteht aus Cellulose und dem Fließmittel Aerosil. Mikrokristalline Cellulose spielt bisher allerdings eher eine untergeordnete Rolle bei der Kapselherstellung.
Besonderheit: Das Cellulose-Siliciumdioxid ist auch für nicht mikrofein gepulverte Wirkstoffe geeignet. Die Teilchengröße des Wirkstoffes sollte der des Füllstoffes ähneln (100 μm).
Anteiliges Anreiben
Mikrokristalline Cellulose weist bereits gute Fließeigenschaftgen auf. Dennoch wird dem Füllmittel hochdisperses Siliciumdioxid als Fließregulierungsmittel beigefügt. Zur Herstellung muss eine ausreichend große Fantaschale verwendet werden. Es muss vorsichtig gerührt werden, um eine übermäßige Staubentwicklung zu vermeiden. In einem ersten Schritt wird das hochdisperse Silicumdioxid in die Fantaschale überführt und mit einem Zehntel der Cellulose angerieben. Unter häufigem Abschaben wird die Cellulose bis zur geforderten Gesamtmasse ergänzt.
Agglomerate müssen vor der Abfüllung beseitigt werden. Diese bestehen meist aus Aerosil und können durch ruckartiges Bewegen der Fantaschala an die Oberfläche gebracht werden. Das Füllmittel findet Anwendung in den Neomycin-Kapseln 250 mg (NRF 21.5.) und im Neomycin-Pulver 500 mg (NRF 21.6.).