Atropin-Augentropfen können die Kurzsichtigkeit bei Kindern bremsen. Bei einer Konzentration von 0,01 Prozent sind die Tropfen gut verträglich und gleichzeitig sehr wirksam. Das NRF hat nun eine Rezepturvorschrift zur Herstellung eines solchen Ophthalmikums erstellt.
Das eigentlich sehr giftige Tropan-Alkaloid wird seit langer Zeit medizinisch eingesetzt. Natürlich kommt die Verbindung in einigen Nachtschattengewächsen wie Tollkirschen, Alraunen, Stechapfel, Engelstrompete oder Bilsenkraut vor. Anfänglich wurde das Alkaloid zur Asthma-behandlung eingesetzt. Heute findet es vor allem in der Ophthalmologie Verwendung. Hier gibt es therapeutische und diagnostische Indikationen.
So werden Atropinsulfat-Augentropfen bei Kindern beispielsweise zur Myopie-Prophylaxe, also zur Vermeidung von Kurzsichtigkeit, angewendet. Zahlreiche Studien belegen mittlerweile die gute Verträglichkeit von gering dosierten Zubereitungen. Nun wurde mit der Herstellvorschrift NRF 15.34. Atropinsulfat-Augentropfen 0,01 Prozent eine stabile und sicher anzuwendende Augentropflösung ins NRF aufgenommen. Die Zusammensetzung ist gleich mit der in Österreich publizierten Magistralrezeptur „Atropinsulfat 0,01 % Augentropfen – JUN 01.01. (IV)“. Diese Rezeptur wurde von der österreichischen Apothekerkammer freigegeben. Nun können auch in Deutschland Apotheken auf solch eine Rezeptur zurückgreifen. Die neue Rezeptur ist Teil der Ergänzungslieferung 2020/2.
100 g Lösung setzen sich wie folgt zusammen:
Die Benzalkoniumchlorid-Stammlösung nach NRF S.18 kann mit zwei unterschiedlichen pH-Werten hergestellt werden. Für einen pH von 4,6 oder pH 5,5 setzt sich die Lösung pro 100 g wie folgt zusammen:
Die neue Rezeptur wird konserviert. Als Konservierungsmittel dient Benzalkoniumchlorid. Je nach verwendeter Stammlösung erhält die fertige Rezeptur einen pH von 4,6 oder 5,3. Die angestrebten pH-Werte sind nur als Kompromiss zu sehen: Atropinsulfat ist vor allem im Sauren stabil – ein neutraler pH-Wert, der besser für das Auge verträglich wäre, würde zum schnelleren Abbau des Wirkstoffes führen. Normalerweise wird die edetathaltige Benzalkoniumchlorid-Stammlösung in einer Konzentration von 10 Prozent in ophthalmischen Rezepturen eingesetzt. In der neuen Vorschrift erfolgt der Einsatz in 5-prozentiger Konzentration. Da Natriumedetat den pH-Wert im Auge weiter verringert, wurde die Konzentration gemindert. Laut NRF stellt die Halbierung des Konservierungsmittels kein mikrobiologisches Risiko dar.
Die Abfüllung erfolgt entweder unter einem LAF oder mittels Sterilfiltration in vorverpackte sterile Augentropfflaschen. Der Filter sollte eine Porenweite von 0,22 µm aufweisen. Die Aufbrauchfrist und Laufzeit betragen vier Wochen. Die Dosierung wird individuell vom Arzt bestimmt. Als Richtwert gilt die tägliche Anwendung vor dem Schlafengehen. Das NRF schlägt folgenden Dosierungshinweis vor: „In beide Augen täglich vor dem Schlafengehen ein Tropfen in den Bindehautsack einträufeln.“
Die dauerhafte Anwendung von Augentropfen mit Benzalkoniumchlorid kann zu unterschiedlichen unerwünschten Effekten führen. So sind endotheliale Schädigungen sowie epitheliale Ödeme und bullöse Keratopathien beobachtet worden. Bei längerfristiger Anwendung sollten regelmäßige augenärztliche Kontrolle erfolgen. Benzalkoniumchlorid besitzt eine gewisse Grenzflächenaktivität. Diese kann die Stabilität des Tränenfilms herabgesetzten, sodass die Anwendung bei Keratoconjunctivitis sicca nicht geeignet ist.
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