Mit der ersten Ergänzungslieferung des Jahres hat das Neue Rezeptur-Formularium (NRF) eine neue standardisierte Rezepturvorschrift erhalten: NRF 16.6. Miconazol-Lösung 5 mg/ml. Die Tropfen werden lokal bei Ohrmykosen angewendet. Die wässrige Lösung ist konservierungsmittelfrei und steril, sodass die Rezeptur auch bei Trommelfelldefekten und potenzieller Beteiligung des Mittelohrs angewendet werden kann.
Die Miconazol-Lösung 5 mg/ml (NRF 16.6.) wurde neu in das NRF aufgenommen. Bei dem Wirkstoff handelt es sich um ein Imidazol-Antimykotikum. Die Wirkung ist fungistatisch. Miconazol hemmt die Ergosterolsynthese. Miconazolnitrat hat zudem eine antibakterielle Wirkung gegen einige grampositive Bakterien, wie Propionibakterien, Staphylococcus epidermidis und Staphylococcus aureus. Die Substanz penetriert gut in die Haut.
Zusammensetzung
(100 ml Lösung entsprechen 101,4 g)
Die Herstellung an sich ist relativ simpel. In einem mit Glasstab tarierten Becherglas wird Miconazolnitrat mit Macrogol-35-glycerolricinoleat, Trometamol, Natriumchlorid und Wasser unter Erwärmen gelöst. Macrogol-35-glycerolricinoleat liegt bei Temperaturen höher 26 °C als hellgelbe viskose Flüssigkeit vor. Die Wasserlöslichkeit des Stoffes nimmt mit steigender Temperatur ab, sodass es oberhalb von 65 °C zur Opaleszenz-Ausbildung kommt. Innerhalb der Inprozessprüfung darf eine derartige Trübung auftreten. Nach dem Erkalten muss sie klar und farblos aussehen. Der pH-Wert muss vor der Abfüllung geprüft werden und sollte bei 3,5 bis 5,0 liegen. Geprüft werden kann entweder mit einem feinskalierten Indikatorstreifen, oder mit einem pH-Meter.
Es stehen zwei verschiede Packmittel zu Verfügung. Die Auswahl richtet sich nach der Art der anschließenden Sterilisationsverfahren:
Gewindeflasche GL 18: Bei der Abfüllung unter einem LAF können Braunglasbehältnisse genutzt werden, die zusammen mit einem Hohlstopfen und einer Verschlusskappe in einem Folienbeutel steril verpackt sind. Bekannt sind diese Packmittel aus der Augentropfenherstellung. Hier erfolgt die Abfüllung ebenfalls mittels Kanüle direkt in die Flasche. Erst wenn die Flasche dicht verschlossen ist darf der Beutel zerschnitten und das Primärgefäß entnommen werden.
Injektionsbördelflasche zur Sterilisation aus Braunglas (Klasse I): Wird die Lösung nach der Abfüllung im Autoklav sterilisiert, so wird das Rezepturarzneimittel in eine spezielle Injektionsbördelflasche abgefüllt. Hierbei dient die Filtration nur der Partikelentfernung. Die anschließende Sterilisation dient der Vernichtung von Keimen. Der Flasche liegt ein Hohlstopfen aus Chlorbutylkautschuk und eine Aluminium-Bördelkapsel mit Mittelabriss bei. Vor der Abfüllung müssen die Flaschen mit Spülmittel ausgewaschen werden. Um Tensidrückstände zu vermeiden, sollten die Flaschen anschließend mit Aqua purificata mehrmals gespült werden.
Die Laufzeit beträgt ein Jahr. Das Arzneimittel ist nur zur Anwendung durch den Arzt gedacht. Bei der Kennzeichnung des Abgabegefäßes ist ein solcher Verweis anzubringen. Ebenfalls mit aufs Etikett gehören folgende Angaben: „Nicht zur Injektion/ Infusion!“, „Lösung nur unmittelbar nach Anbruch anwenden. Nicht verbrauchte Restmenge verwerfen.“
Bei der Abfüllung muss auf eine aseptische Arbeitsweise geachtet werden. Eine Herstellung unter dem LAF oder einer Werkbank ist nicht in allen Apotheken möglich. Eine Verarbeitung von Pulver unter einer Sicherheitswerkbank mit laminarem Luftstrom führt zur Wirkstoffverwirbelung. Unverbördelte feste Arzneistoffe können hier nicht verarbeitet werden. Die wahrscheinlich am häufigsten eingesetzte Methode ist die rezepturmäßige Herstellung mit anschließender Filtration durch einen Membranfilter mit der Porengröße 0,2 µm, 0,22 µm, oder 0,45 µm. Besteht der Filter den Bubble-Point-Test, so können die 10-ml-Flaschen sterilisiert werden. Hierfür werden sie für 15 Minuten bei 121 °C im Autoklaven erhitzt. Wichtig: Die 15 Minuten starten erst nach dem Erreichen der Temperatur. Moderne Geräte bestimmen selbst, wann der Zyklus beginnt und kühlen auch selbstständig wieder ab.
Da der Wirkstoff als Base nicht verfügbar ist, muss Miconazolnitrat verarbeitet werden. Dieses Salz ist schwer wasserlöslich, sodass es eines Hilfstoffs bei der Herstellung bedarf. Der Solubilisator Macrogol-35-glycerolricinoleat bringt den Wirkstoff in Lösung. Hierbei handelt es sich um amphiphile Verbindungen, die in Wasser oder wässriger Lösung spontan Mizellen bilden. Sie finden in der Pharmazie und der Kosmetikindustrie Anwendung, da sie in der Lage sind, schwerlösliche Stoffe in klare Lösungen zu überführen. Bei dieser Löslichkeitsverbesserung wird die chemische Struktur des Stoffes nicht verändert. Am Ende des Lösevorganges entstehen sogenannte Solubilisate – stabile einphasige Systeme, die optisch klar bis opaleszent erscheinen und praktisch ohne Energieeintrag hergestellt werden können.
Beim Solubilisator Macrogol-35-Glycerolricinoleat handelt es sich um Cremophor EL beziehungsweise jetzt Kolliphor EL (Caelo). Die hellgelbe ölige Flüssigkeit ist bei Temperaturen über 26 Grad Celsius meist klar und hat einen schwachen, aber charakteristischen Geruch. Es handelt sich um eien O/W-Emulgator mit einem HLB-Wert von 12 bis 14. Dieser Wert beschreibt in der Chemie den hydrophilen und lipophilen Anteil von hauptsächlich nichtionischen Tensiden. Ein Wert zwischen 3 und 8 wird den W/O-Emulgatoren zugeordnet, Werte zwischen 8 und 18 den O/W-Emulgatoren. Waschmittel haben HLB-Werte zwischen 13 und 15.
Ist das Trommelfell bei einer vorliegenden Pilzinfektion des Gehörganges beschädigt, so können nicht alle fungiziden Ohrentropfen zum Einsatz kommen. Die am Markt erhältlichen Präparate enthalten ototoxische Wirkstoffe, sodass die rezepturmäßige Herstellung von Miconazol-Ohrentropfen angezeigt ist. Ein Trommelfelldefekt kann insbesondere dann vorliegen, wenn das Organ aufgrund chronischer Otitis media über längere Zeit mit lokalen Antibiotika vorbehandelt wurde. Eine Verschleppung der Pilzinfektion in das Mittelohr kann zu einer Schädigung der Gehörknöchelchenkette und des Innenohrs führen.
APOTHEKE ADHOC Debatte