Abschließbare Spinde, mehr Tageslicht, jährliche Sicherheitsunterweisungen: Die geplante Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) hält für Arbeitgeber einigen Aufwand bereit. Derzeit liegt die Verordnung jedoch auf Eis, in der Bundesregierung gibt es noch Gesprächsbedarf. Kritik gab es zu vielen Punkten des Entwurfs.
Die Reform der ArbStättV hat für viele Diskussionen gesorgt. Zum Stein des Anstoßes wurden insbesondere die abschließbaren Kleiderablagen, die der Bundesrat über einen Änderungsantrag eingebracht hatte. An diesen Spinden hängt auch das Herz von Nahles nicht, allerdings kann die Verordnung nur in ihrer derzeitigen Form verabschiedet werden – oder gar nicht.
Dann würden aber auch Punkte aufgeschoben, die Nahles wichtig sind. Dazu gehören etwa die Regelungen für Heimarbeitsplätze. Unter die Verordnung fallen künftig auch Telearbeitsplätze – beispielsweise der Schreibtisch, an dem ein Angestellter von zu Hause aus arbeitet.
Bei der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) traf auch dieser Vorschlag auf Kritik. Der Arbeitgeber oder Betriebsarzt müsste gegebenenfalls Änderungen in der Wohnung des Arbeitnehmers einfordern, hieß es. Fraglich sei, ob die Aufsichtsbehörden überhaupt die Befugnis hätten, die Einhaltung der ArbStättV in Privatwohnungen zu überprüfen.
Ein wichtiges Anliegen war Nahles darüber hinaus, dass Arbeitsstätten „ausreichend Tageslicht erhalten“. Künftig müssten neben Arbeitsräumen auch Sanitär-, Pausen-, Bereitschafts- und Erste-Hilfe-Räume Tageslicht abbekommen und eine Sichtverbindung nach außen.
Ausgenommen von der Pflicht zum Sonnenlicht sind lediglich „Arbeitsräume, bei denen betriebstechnische Gründe Tageslicht oder eine Sichtverbindung nach außen nicht zulassen“, Verkaufsräume innerhalb von Einkaufszentren sowie Räume mit einer Grundfläche von mindestens 2000 Quadratmeter – für Apotheken wohl eher eine theoretische Regelung.
Dem Bundesrat ging diese Regelung schon zu weit. Die Länder forderten eine Änderung, sodass die Vorgabe nur für Arbeitsräume, „die regelmäßig über einen längeren Zeitraum“ genutzt werden, Pausen- und Bereitschaftsräume gilt. Auch die BDA meldete Kritik an: Die neuen Vorgaben seien „keinesfalls akzeptabel“, die praktische Umsetzung dieser Anforderung in vielen Fällen gar nicht möglich oder mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand verbunden.
Eine Vielzahl der bislang bereits geltenden Regelungen soll ausgeweitet werden. Das betrifft nicht nur die Vorgaben zu Tageslicht in Sozialräumen, sondern etwa auch die Durchführung von Unterweisungen. Arbeitgeber sollen ihre Beschäftigten über den Betrieb der Arbeitsstätte, alle gesundheits- und sicherheitsrelevanten Fragen sowie Maßnahmen im Gefahrenfall und zur Brandverhütung aufklären. Diese Unterrichtung muss vor Aufnahme der Tätigkeit und danach mindestens einmal jährlich stattfinden und schriftlich dokumentiert werden.
Im Zuge der Rechtsbereinigung wurde die Bildschirmarbeitsverordnung in die ArbStättV integriert. Demnach müssen bei der Einrichtung von Bildschirmarbeitsplätzen die Grundsätze der Ergonomie beachtet werden. Vor der Tastatur muss ausreichend Platz zum Auflegen der Hände sein. Die Zeichengröße und der Zeilenabstand am Computer müssen individuell eingestellt werden können, die Bildschirme frei und leicht dreh- und neigbar sein.
Obwohl die Vorgaben nicht neu sind, kritisiert die BDA eine Ausweitung. Denn die geplante Definition umfasse auch Arbeitsplätze, „die nur kurzzeitig für EDV-Tätigkeiten genutzt werden“. Auch für diese würden damit die gesamten Anforderungen an Bildschirmarbeitsplätze gelten.
Die womöglich weitreichendste Änderung wäre die Neudefinition von „Arbeitsplatz“: Bislang galten als Arbeitsplatz die Bereiche einer Arbeitsstätte, an denen sich Beschäftigte „regelmäßig über einen längeren Zeitraum“ aufhalten. Diese Einschränkung fällt weg. Ein Arbeitsplatz wäre nach der neuen ArbStättV jeder Bereich, in dem Beschäftigte „im Rahmen ihrer Arbeit tätig sind“.
Der Verordnungsentwurf war Ende Oktober vom Kabinett beschlossen worden, der Bundesrat legte in seiner letzten Sitzung im Jahr 2014 seine Wünsche vor. Ursprünglich sollte die Verordnung im Februar im Bundeskabinett beraten und Ende Februar oder Anfang März verabschiedet werden. Allerdings wurde der Entwurf anders als geplant noch nicht beraten.
Statt einer kompletten Überarbeitung des Entwurfs für die ArbStättV könnte er auch in seiner jetzigen Form verabschiedet werden. Mithilfe von Änderungsverordnungen könnte er anschließend wieder entschlackt werden. Für welches Vorgehen man sich entscheidet, ist noch nicht entschieden. „Wir bemühen uns, dass die Verordnung so schnell wie möglich ins Kabinett kommt“, heißt es aus dem Arbeitsministerium. Der Ball liege aber im Spielfeld des Kanzleramts.
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