Mythos: Unfruchtbarkeit durch Impfung Alexandra Negt, 20.11.2021 08:55 Uhr
Es gibt Frauen, die sich nicht impfen lassen, da sie befürchten, dass sie durch das Vakzin unfruchtbar werden. Mit der bevorstehenden herabgesetzten Altersbeschränkung auf fünf Jahre befürchten auch viele Eltern, dass ihre Kinder durch die Immunisierung im Erwachsenenalter unfruchtbar werden könnten.
Die Befürchtung, dass mRNA-Impfstoffe unfruchtbar machen, ist falsch. Es liegt keine Kreuzreaktionen mit dem sogenannten Syncytin-1-Protein vor – Frauen werden durch die Immunisierung mit Comirnaty & Co. nicht unfruchtbar. Bei Syncytin-1 handelt es sich um ein Glykoprotein, welches eine wichtige Rolle bei der Bildung der Plazenta spielt.
Der Mythos: Die durch die Impfung gebildeten Antikörper könnten gefährlich für die Planzenta werden. Denn das Sars-CoV-2 Spikeprotein ähnele strukturell dem Syncytin-1-Protein. Bildet der Organismus also Antikörper gegen Sars-CoV-2 (genauer gesgat gegen das Spike-Protein), so könnten diese Antikörper auch das Plazenta-bildende Protein blockieren.
„Die Annahme, dass die nach der Impfung erzeugten Antikörper nicht nur eine Immunreaktion gegen das Spike-Protein des Sars-CoV-2 Virus hervorrufen, sondern aufgrund von Ähnlichkeiten, auch gegen das körpereigene Syncytin-1-Protein ist nicht stichhaltig“, informiert die Deutsche Gesellschaft für Immunologie (DGfI).
Spike-Protein wurde absichtlich gewählt – wenig Kreuzreaktionen
Was ähnlich ist und was nicht, hängt von der Betrachtungsweise ab. Für einen Laien scheinen beide Proteine ähnlich. Die Wissenschaftler:innden des DGfI stufen Spike- und Syncytin-1-Protein als stark unterschiedlich ein – lediglich in vier Aminosäuren ähneln sich die beiden Verbindungen. Diese Übereinstimmungen seien zu gering um anzunehmen, dass es zu Kreuzreaktionen kommen könnte. Um plausibel eine Autoimmunreaktion auszulösen, seien 50 bis 80 übereinstimmende Aminosäuren notwendig, informiert die DGfI.
Das Spikeprotein wurde ganz bewusst zur Entwicklung der Impfstoffe genutzt, erläutert Lennart Randau, Professor für Mikrobiologie an der Universität Marburg und Leiter der Studiengruppe RNA-Biochemie der Gesellschaft für Biochemie und Molekularbiologie. „Es ist das Strukturprotein mit der höchsten Divergenz und wurde unter anderem zur Minimierung der Kreuzreaktionen mit anderen Erkältungs- oder Durchfall-Coronaviren gewählt.“
Im Umkehrschluss: Würde die Impfung aus den geschilderten Gründen unfruchtbar machen, so müssten Frauen, die sich mit Sars-CoV-2 infiziert haben, ebenfalls unfruchtbar werden. Denn bei der Infektion läuft die gleiche Immunreaktion wie bei der Impfung ab – es werden in beiden Fällen Antikörper gegen das Spike-Protein gebildet.
Mittlerweile liegen viele Daten zu Schwangerschaften nach einer Infektion oder Immunisierung vor. Sowohl nach der Erkrankung als auch nach der Impfung können Frauen weiterhin schwanger werden. So kam es beispielsweise innerhalb der Zulassungsstudien von Biontech zu Schwangerschaften bei den Proband:innen. Die Befürchtung vieler Eltern, dass ihre Kinder – unabhängig vom Geschlecht – im Erwachsenenalter unfruchtbar werden könnten, ist nach aktuellem wissenschaftlichem Stand unbegründet.