Umweltgifte in Insekten

Mückenstiche: Immer häufiger ein Fall für den Arzt

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Berlin -

Insektenstiche gehören in den Sommermonaten zu einem häufigen Beratungsthema in der Apotheke. Nach einem Campingurlaub im Wald oder einem Wochenende auf dem Bauernhof kommen Eltern mit ihren teils komplett zerstochenen Kindern in die Offizin. Was am besten hilft, richtet sich nicht nur nach dem Alter – auch die Art des Insektes ist ausschlaggebend für die Wahl eines geeigneten Mittels. In den vergangenen Jahren nehmen Besuche beim Dermatologen aufgrund von Insektenstichen zu. Der Grund: Immer häufiger entzünden sich die Stiche und Bisse, sodass Apotheker und PTA mit Fenistil, Soventol & Co. nicht mehr ausreichend helfen können.

Eigentlich ist ein Insektenstich kein Grund dafür, einen Arzt aufzusuchen. Dennoch steigen die Arztkonsultationen aufgrund von Mückenstichen & Co. in den letzten Jahren an. „Früher war das nicht so schlimm“, ist ein häufiger Spruch von Eltern, die mit ihren mückengeplagten Kindern am HV stehen. Apotheker und PTA müssen immer mehr Patienten zum Arztbesuch raten. Ist die Einstichstelle stark geschwollen, offen oder mit Eiter gefüllt, hat sich der Mückenstich entzündet. Kommt eine ausgedehnte diffuse Rötung hinzu, so ist die Grenze der Selbstmedikation erreicht. Nicht zuletzt kann eine Rötung auch immer ein Indiz für einen Zeckenbiss sein. Um sicherzugehen, sollte ein Mediziner drüber schauen.

Umweltgifte als Grund für Hautinfektionen

Dass Mückenstiche heute stärker anschwellen als noch vor einigen Jahren, könnte im Zusammenhang mit Umweltgiften stehen. Experten und auch immer mehr Mediziner vermuten, dass im Speichel der Mücken Insektizide enthalten sind, die die Komplikationen auslösen. Gegen viele Insektizide seien die Tiere mittlerweile resistent, sodass sie die Substanzen aufnehmen, ohne dabei zu sterben. Auch wenn die Mengen gering sind, so könnten sie zu stärkeren allergischen Reaktionen führen. Ein konkreter wissenschaftlicher Nachweis fehlt bislang. Einige Wissenschaftler vergleichen das Phänomen mit Birkenpollenallergikern: Hier ist bewiesen, dass Personen auf Pollen von Birken, die an viel befahrenen Straßen stehen, heftiger reagieren. Diese Bäume sind höheren Abgaswerten ausgesetzt als Bäume auf dem Land.

Wann zum Arzt

Liegt eine starke Quaddelbildung oder Blässchenbildung vor, sollte über einen Arztbesuch nachgedacht werden. Gleiches gilt für eine starke Rötung oder „Wanderröte“. Ist der Stich einmal aufgekratzt, kann sich nicht nur Schorf, sondern auch Eiter bilden. Insbesondere an gewebearmen Stellen wie dem Schienbein kann es schnell zur bakteriellen Besiedlung kommen. Hier ist die Durchblutung besonders gering – das Immunsystem kann hier schwerer aktiviert werden. Als Warnsignal gilt plötzlich auftretendes Fieber – hier muss in jedem Fall ein Arzt konsultiert werden. Bei kreisrunder Rötung um den Stich sollte auch an einen Zeckenbiss gedacht werden. Der runde Ausschlag kann auf eine Borreliose hinweisen. Ist der Stich nah am Auge, so können die freiverkäuflichen Mittel aus der Apotheke nicht eingesetzt werden. Der Arzt kann spezielle Augensalben verordnen.

Erste-Hilfe Tipps

Regel Nummer 1: Nicht kratzen! Die Mücke hat mit dem Stich nicht nur Blut gesaugt, sondern auch Speichel injiziert. Der Speichel wird als Fremdkörper erkannt und es folgt Juckreiz. Dem sollte man nicht nachgeben: Kaputte Haut ist eine leichte Eintrittspforte für Keime. Gegen den Juckreiz helfen können auch elektronische Stichheiler. Das Prinzip ist rein physikalisch: An der keramischen Kontaktfläche werden durch einen integrierten Mikroprozessor Temperaturen in einem Bereich um 51 Grad erzeugt. Wird das Gerät auf die Haut aufgebracht, wird die Hitze übertragen und je nach Einstellung drei bis sechs Sekunden in der Unterhaut aufrechterhalten. Solange sollte auch Kontakt mit der betroffenen Körperstelle bestehen. Durch die Temperatur sollen Proteine denaturiert und dadurch das Insektengift inaktiviert werden. Laut Hersteller werden verschiedene Signalwege und somit Immun- und Entzündungsreaktionen beeinflusst.

Experimente lieber unterlassen

„Diese Hausmittel helfen wirklich“, mit diesem Slogan bewerben zahlreiche Artikel und Internetseiten ihre „10 Tipps“ gegen Insektenstiche ganz ohne „Chemie“. Doch je nachdem wie sehr der Stich bereits entzündet ist, sollte von eigenmächtigen Experimenten abgesehen werden. Zu den häufig angepriesenen Tipps zählen Wickel mit hochprozentigem Alkohol. Aufgrund der Verdunstungskälte soll der Juckreiz gelindert werden. Ethanol und Isopropanol brennen stark, sofern die Haut bereits geschädigt ist. Gleichzeitig trocknet Alkohol die Haut aus. Die entstehenden Dämpfe sind insbesondere für Kinder nicht gesund – und der Effekt ist nur von kurzer Dauer. Besser: Die Verwendung von Kühlakkus.

Umschläge mit Merettich oder anderen Senfölen sollen durch die Anregung der Durchblutung zu einem schnelleren Abklingen der Beschwerden führen. Bei empfindlicher Haut kann das genaue Gegenteil eintreten. Immer wieder beliebt, aber eher ein Mythos: Das Eindrücken eines Kreuzes mithilfe der Fingernägel über dem Stich. Diese Methode hat keinen entzündungshemmenden Effekt und kann die Haut zusätzlich reizen.

Antihistaminikum oder Kortison

Zur Behandlung von Mückenstichen stehen in der Apotheke grundsätzliche zwei verschiedene Wirkstoffgruppen zu Verfügung. Zum einen können Antihistaminika wie Dimetinden (Fenistil), Tripelennaminhydrochlorid (Azaron) oder Bamipin (Soventol) dermal aufgetragen werden. Der Azaron-Stift sollte einmal täglich für maximal eine Woche angewendet werden. Fenistil-Gel kann bis zu dreimal täglich für maximal sieben Tage angewendet werden. Eine Altersgrenze seitens des Herstellers (GlaxoSmithKline) gibt es für Fenistil Gel nicht. Die Tropfen sind für Kinder ab einem Jahr zugelassen. Von Anwendungen am und im Auge ist abzusehen. Bei Babys und Kleinkindern sollte keine großflächige Anwendung erfolgen. Soventol-Gel kann mehrmals täglich auf die betroffenen Hautstellen dünn aufgetragen werden. Eine Anwendung während der Schwangerschaft und Stillzeit ist nicht indiziert, das Gel ist jedoch schon für Säuglinge geeignet.

Im Rahmen der Selbstmedikation kann auch mit einem topischen Corticoid behandelt werden. Im OTC-Bereich steht für die dermale Anwendung ausschließlich der Wirkstoff Hydrocortison in einer Konzentration von bis zu 0,5 Prozent zu Verfügung. Beispiele sind Ebenol (Strathmann), Soventol (Medice) oder Fenihydrocort (GSK) oder die Generika von Hexal und Ratiopharm. Diese Salben sollten im Rahmen der Selbstmedikation nur auf intakte Haut aufgetragen werden. Für Kinder unter sechs Jahren eignen sich die Dermatika nicht.

Mücke ist nicht gleich Mücke

Die häufigste Mücken-Familie in Deutschland ist die der Stechmücken. Über 100 verschiedene Arten gibt es in Europa. Die in Deutschland am häufigsten vorkommende Stechmückenart ist die gemeine Stechmücke. Sie lebt bevorzugt in der Nähe von Häusern und überträgt bei einem Stich theoretisch in ihrem Speichel enthaltene Bakterien oder Viren. Auch häufig ist die Kriebelmücke. Sie grenzt sich durch einen speziellen Punkt von anderen Mückenarten ab: Sie sticht nicht, sie beißt. Die entstehende Blutpfütze leckt sie auf. Kriebelmücken kommen überwiegend an fließenden Gewässern vor. Nach dem Biss kann es zu einer heftigen Schwellung kommen. Im schlimmsten Fall kann eine Blutvergiftung die Folge sein. Mittlerweile sind in Deutschland auch fünf exotische Arten entdeckt worden, die sich hierzulande angesiedelt haben und ausbreiten. Dazu zählen die Asiatische Tigermücke, die Asiatische Buschmücke, die koreansiche Buschmücke, Culiseta longiareolata und Anopheles petragnani.

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