MTX und PPI: Toxische Kombi Nadine Tröbitscher, 03.02.2017 14:46 Uhr
Wirkung und Nebenwirkung sind in der Medikation fest verankert. Die Beschwerden können den Patienten nicht als unerwünschte Wirkung bekannt sein. Die Behandlung der Symptome in der Selbstmedikation, hält jedoch Wechselwirkungen bereit. Auch die Kombination aus Methotrexat (MTX) und einem Protonenpumpenhemmer (PPI) ist zu vermeiden.
Fall: Eine Kundin nimmt seit längerer Zeit einmal in der Woche ein MTX-haltiges Präparat ein. Seit einigen Wochen leidet sie unter Magenbeschwerden – sie verspürt ein Brennen hinter der Brust und im Magen und berichtet über einen Reflux.
In der Werbung habe sie ein Präparat gegen zu viel Säure im Magen gesehen und möchte es gerne ausprobieren. Die Schmerzen seien an einigen Tagen unerträglich. Die Kundin achtet nach eigenem Bekunden auf ihre Ernährung und hat scharfes und fettiges Essen vom Speiseplan gestrichen. Kohlensäurehaltige Getränke, Kaffee und Rotwein meidet sie ebenfalls. Jetzt müsse schnelle Hilfe her.
Ein Säureblocker ist in ihren Augen genau das Richtige. Mit dem Medikament wolle sie die Zeit bis zum nächsten Arzttermin überbrücken. Freiverkäuflich sind Omeprazol, Pantoprazol und Esomeprazol.
Analyse: MTX und PPI sollten nicht in Kombination eingenommen werden. Der Säureblocker hemmt die renale Elimination von MTX und führt somit zu einer erhöhten Konzentration der aktiven Metaboliten. Intoxikationen mit MTX können die Folge sein. Betroffene beschrieben zum Beispiel starke immobilisierende Schmerzen. Besonders gefährdet sind Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion oder unter einer Chemotherapie mit MTX.
MTX wird zu etwa 80 Prozent durch glomuläre Filtration ausgeschieden. Ursache für die erhöhte Konzentration der aktiven Metaboliten 7-Hydroxymethotrexat und MTX-Polyglutamat ist die Hemmung des Breast Cancer Resistance Protein (BCRP). Diese Substanz ist ein ABC-Transporter. In der Niere befinden sich sogenannte ABCG2-Transporter, die als Efflux-Pumpen bezeichnet werden. Sie eliminieren die aktiven Substanzen aus dem Zytosol über die Niere.
Die Efflux-Pumpe scheint der Protonenpumpe strukturverwandt zu sein. Auch sie ist eine Kalium-Protonen-ATPase. Ist der PPI außerhalb des Magens aktiv und greift hier an, wird der Transporter gehemmt, MTX kann nicht mehr ausgeschieden werden. Die Halbwertszeit kann sich gar verdoppeln. In diesem Fall kann Folsäure als Antidot gegeben werden.
MTX ist ein Folsäure-Antagonist und hemmt kompetetiv das Enzym Dihydrofolat-Reduktase und somit die DNA-Synthese. Der Zellzyklus wird unterbrochen und Tumorzellen können sich nicht vermehren. Dem Wirkstoff werden immunsuppressive und entzündungshemmende Eigenschaften zugesprochen. Indiziert ist das Arzneimittel, das als Tablette und Injektion im Handel ist, bei onkologischen Erkrankungen wie akuter lymphatischer Leukämie (ALL). Im nicht-onkologischen Bereich kommt der Wirkstoff beispielsweise zur Behandlung einer Psoriasis oder rheumatoider Arthritis zum Einsatz. Patienten wird während der Behandlung einmal in der Woche ein Folsäurepräparat empfohlen.
Magensäureblocker wie Omeprazol, Pantoprazol, Esomeprazol, Lansoprazol, Dexlansoprazol und Rabeprazol sind indiziert zur Behandlung von verschiedenen Ulzera und Helicobacter-pylori-Infektionen im Rahmen der Triple-Therapie, zur Prophylaxe und Therapie von gastrointestinalen Ulzera durch nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR), Refluxkrankheit und Ösophagitis sowie dem Zollinger-Ellison-Syndrom. Sie verhindern die Sekretion der Magensäure durch eine spezifische Hemmung der Protonenpumpe. Die verminderte Freisetzung der Magensäure ist reversibel. Die Wirkstoffe sind säureempfindlich und daher mit einem magensaftresistenten Überzug versehen. Daher können sie erst im Dünndarm resorbiert werden.
Die jeweiligen Prodrugs gelangen über den Blutkreislauf an die Belegzellen im Magen und werden dort durch die Säure in ihre eigentliche Wirkform überführt. Durch Bindung an die H+/K+-ATPase wird die Freisetzung von Magensäure irreversibel gehemmt. Die lange Wirkdauer beruht auf der Neubildung der Protonenpumpe, die etwa ein bis drei Tage in Anspruch nimmt.
Kommunikation: Die MTX-Tabletten, die die Kundin einmal in der Woche einnimmt, können als unerwünschte Arzneimittelwirkung gelegentlich gastrointestinale Ulzerationen oder Blutungen auslösen. Von einer Behandlung mit PPI ist Abstand zu nehmen. Ein Besuch beim Arzt ist unerlässlich, vor allem wenn die Therapie mit MTX alternativlos ist.
Therapie: Kann der Termin beim Arzt nicht vorverlegt werden, kann der Kundin mit einem Ranitidin-Präparat geholfen werden. Der Wirkstoff greift am H2-Rezeptor an und kontrolliert so die Magensäureproduktion. Zwischen dem Antihistaminikum und dem MTX ist keine Wechselwirkung zu erwarten.
Blockiert Ranitidin den H2-Rezeptor, werden die histaminabhängige Produktion der Salzsäure und die Freisetzung von Pepsin im Magen gehemmt. Der Wirkstoff kann als Magenschutz, gegen Sodbrennen, Reflux und Ösophagitis eingesetzt werden. Im Handel sind OTC-Präparate zu 75 mg oder verschreibungspflichtige Varianten zu 150 und 300 mg.