Tamoxifen gehört zu den selektiven Estrogenrezeptormodulatoren (SERM) und wird zur adjuvanten Behandlung von hormonrezeptor-positiven Mammakarzinomen nach Primärbehandlung eingesetzt. Da ein Rohstoffhersteller die Produktion des Zytostatikums eingestellt hat, kommt es jetzt zu umfangreichen Lieferengpässen. Diese könnten noch Monate andauern, wie PTA IN LOVE berichtet.
Aktuell finden sich sieben Tamoxifen-Präparate auf der Liste des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zu Lieferengpässen. Darunter sind die Präparate von Hexal, Aliud und Heumann. Eine eingeschränkte Verfügbarkeit ist bis zum Sommer, teilweise bis Jahresende gemeldet. Auch das Präparat von Ratiopharm ist aktuell nicht zu bekommen, lediglich bei Hexal kann direkt bezogen werden. In der Taxe findet sich noch ein Tamoxifen-Präparat von Aristo. Doch der Hersteller wird den Ausfall alleine nicht auffangen können.
Aristo erklärt auf Nachfrage, dass ein Lohnhersteller offenbar die Produktion des Wirkstoffs eingestellt hat. Der Grund sei, dass sich die Herstellung des Zytostatikums nicht mehr wirtschaftlich gestalten würde. Generikaunternehmen müssten daher den Wirkstoffzulieferer wechseln. „Das aber geht nicht von heute auf morgen“, teilt eine Sprecherin des Berliner Unternehmens mit. Dazu kommt: „Preisangebote neuer Hersteller waren bis zu 60 Prozent höher.“ Daraufhin habe man beschlossen, die Tenderverpflichtungen noch zu erfüllen und anschließend keine Vermarktung mehr anzustreben. „Eine weitere Herstellung wäre für uns teurer als der zu erzielende Markt-/Tenderpreis.“ Mit anderen Worten: Nach Ablauf der bestehenden Rabattverträge nimmt Aristo das Präparat aus dem Sortiment.
Tamoxifen steht auf der Liste der versorgungsrelevanten Wirkstoffe des BfArM. Die Behandlung mit dem SERM kann sich über mehrere Jahre erstrecken. Dabei kann der Wirkstoff das Rezidivrisiko senken und die Überlebenszeit verlängern. Durch den Lieferengpass kann es vorkommen, dass Patientinnen auf Alternativen umgestellt werden müssen. Hunderttausende Frauen könnten betroffen sein.
Laut Arzneimittelverordnungsreport (AVR) wurden im Jahr 2019 rund 45 Millionen DDD (definierte Tagesdosen) verordnet – mit Nettokosten von jeweils 20 Cent. Mit 20,7 Millionen DDD entfielen 46 Prozent der Verordnungen auf Tamoxifen Aluid. Aristo hielt zuletzt laut eigenen Aussagen einen Anteil von 10 Prozent am Generikamarkt. Eine Versorgung des gesamten Bedarfes sei demnach gar nicht möglich, so der Hersteller. Der Lieferengpass habe ohnehin bereits dazu geführt, dass auch die Bestände der anderen Hersteller „leergekauft“ wurden.
Tamoxifen ist in Dosierungen von 10 mg bis 30 mg je abgeteilter Einheit erhältlich. Die reguläre Dosierung beträgt 20 mg täglich. Der Arzt/die Ärztin kann die Dosierung individuell anpassen. In einigen Fällen werden bis zu 40 mg täglich verordnet.
Als Alternative können Aromatasehemmer wie Anastrozol, Letrozol und Exemestan verordnet werden. Diese wurden im Jahr 2019 laut AVR sogar häufiger als Tamoxifen verordnet, nämlich insgesamt 54,9 Millionen DDD. Letrozol führt mit 28.7 Millionen DDD; der Wirkstoff ist in Dosierungen von 2,5 mg je abgeteilter Einheit am Markt. Die Dosierung ist einmal täglich eine Tablette.
Auch die Einnahmedauer von Letrozol erstreckt sich über Jahre. So wird der Aromatasehemmer in der adjuvanten und der erweiterten adjuvanten Therapie über fünf Jahre eingenommen. Auch eine sequenzielle Behandlung mit einem Wechsel von Letrozol nach zwei Jahren auf Tamoxifen für weitere drei Jahre ist möglich – auch diese Option könnte aufgrund des Engpasses wegfallen.
Laut Leitlinie zeigt Tamoxifen bei bestimmten Tumorformen einen ähnlichen protektiven Effekt wie die Aromatasehemmer. So beispielsweise beim DCIS (Ductales Carcinoma in situ) – einer Frühform des Brustkrebes. Aromatasehemmer können aber nicht immer als schnelle Alternative zu Tamoxifen angesehen werden. Die Umstellung von Tamoxifen-Patientinnen muss ganz individuell erfolgen.
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