Lakritzverzicht schützt das Kind Nadine Tröbitscher, 15.02.2017 10:06 Uhr
Schwangere können ein besonderes Essverhalten entwickeln. Das Verlangen nach Süßem und gleichzeitig Salzigem mit herbem Geschmack kann durch Lakritze gestillt werden. Eine finnische Studie aus dem Jahr 2009 weist jedoch auf Spätfolgen der Hirnentwicklung des Feten hin. Veröffentlicht wurden die Ergebnisse im American Journal of Epidemiology.
Der häufige und regelmäßige Verzehr von Lakritze in der Schwangerschaft kann Spätfolgen in der kognitiven Entwicklung des Kindes haben. Deutlich werden diese im Alter von acht Jahren durch einem geringeren Wortschatz, einem schlechteren erzählerischem Gedächtnis, einer verminderten Konzentrationsfähigkeit und aggressiverem Verhalten.
Im Alter von zwölf Jahren fällt bei Mädchen auf, dass die Pubertät frühzeitig einsetzt. Außerdem können sie bis zu drei Zentimeter größer und acht Kilogramm schwerer sein als andere, deren Mütter auf die schwarze Nascherei in der Schwangerschaft verzichtet haben. Mädchen wie Jungen hatten zudem einen um sieben Punkte verringerten Intelligenz-Quotienten und erkrankten zudem mehr als dreimal so häufig an Aufmerksamkeits- und Hyperaktivitätsstörungen.
Betroffen sind Kinder, deren Mütter in der Schwangerschaft mehr als 500 mg Glycyrrhizinsäure zu sich nahmen. Das entspricht einer Menge von 100 Gramm Lakritze, die mit etwa sechs bis acht Lakritzschnecken erreicht wird.
Der natürliche Süßstoff der Nascherei ist die Glycyrrhizinsäure, die das Enzym 11-beta-Hydroxysteroid-Dehydrogenase 2 (11-beta-HSD2) hemmt, das die Umwandlung von Cortisol in Cortison katalysiert. Das Enzym stellt eine natürliche Plazentabarriere für Steroide dar und wird durch die Süßigkeit gestört. In der Folge ist der Fetus dem Stresshormon der Mutter verstärkt ausgesetzt. Wird das Glucocorticoid Cortisol nicht inaktiviert, kann das Ungeborene geschädigt werden. In der Plazenta werden bis zu 90 Prozent des Cortisols von 11-beta-HSD2 inaktiviert und somit nicht auf den Kreislauf des Fetus übertragen.
Die Kinder der Studie wurden 1998 in Helsinki geboren. Untersucht wurde eine Gruppe von etwa 1050 Frauen. Unter ihnen waren 51 Frauen, die mehr als 500 mg Glycyrrhizinsäure zu sich genommen haben. Andere nahmen weniger als 249 mg pro Woche zu sich. Die Auswirkungen auf die Kinder waren dosisabhängig. Ein geringerer Konsum konnte keine Hinweise auf Unterschiede im Cortisolspiegel geben. Die Autorin der Studie, die Psychologin Katri Räikkönen, rät Schwangeren vom Lakritzverzehr generell ab.
Der hohe und häufige Konsum kann zu einem dreimal so hohen Cortisol-Level führen. Bereits im Jahr 2002 zeigte eine Studie, dass ein Verzehr von 500 mg Glycyrrhizinsäure pro Woche, das Risiko einer Frühgeburt erhöht.