Kommentar

Kundenwunsch Jodtablette: PTA im Zwiespalt

, Uhr
Berlin -

Die steigende Nachfrage von Jodtabletten stellt viele Apotheker:innen und PTA vor Herausforderungen: Denn in Fachkreisen ist klar, wie unsinnig die Einnahme der herkömmlichen Präparate im Falle eines Atomangriffs ist. Dennoch beharren viele Kund:innen trotz Beratung auf ihrem Wunsch. Was also tun? Abgeben – obwohl andere Patient:innen dringend auf das Spurenelement angewiesen sind und künftig nicht mehr versorgt werden können? Ein Kommentar von Cynthia Möthrath.

Als ich die ersten Berichte über Jodtabletten vor knapp zwei Wochen gelesen habe, war mir noch nicht bewusst, wie schnell die Thematik auch hier voll durchschlagen würde. Vergangenen Woche war die Lieferabfrage noch unauffällig – mittlerweile erscheinen fast überall rote Zeichen. Innerhalb kürzester Zeit sind die Vorräte aufgekauft und gehamstert worden.

Hamsterkäufe ohne zu hinterfragen

Bei dem Gedanken, dass da irgendwo in der Wohnung einer Familie womöglich unzählige Packungen Jod herumliegen, bekomme ich Bauchschmerzen. Trotz aller Erklärungen wollte die junge Frau die Tabletten unbedingt mitnehmen – aus Angst vor einem Atomangriff durch Russland. „Man weiß ja nie, was da noch kommt“, hatte sie gesagt und in gleichem Atemzug gefragt, ob wir noch mehr bestellen können. „Meine Nachbarin nimmt schon L-Thyroxin – oder reicht das?“ Puh, hier ist noch einiges an Aufklärungsarbeit zu leisten, denke ich mir.

„Wissen Sie, wie viele sie davon nehmen müssten, um eine Jod-Blockade zu erreichen?“, frage ich sie und versuche ihr zu vorzurechnen, wie unsinnig der Kauf ist – außer, dass er ihr ein falsches Gefühl von Sicherheit vermittelt. „Jaja, ich weiß – können sie nun noch etwas bestellen oder nicht?“ All meine Erklärungen und Hinweise prallen am Panik-Panzer der Kundin ab. Ich überlege kurz, ob ich einfach sagen soll, dass nichts mehr lieferbar ist und gerate in einen Zwiespalt. Von einigen Kolleginnen weiß ich, dass es ihnen ähnlich geht.

Warum bekomme ich mein Jod nicht?

Denn wie soll ich den Kund:innen, die auf die Einnahme von Jod gesundheitlich angewiesen sind, erklären, dass ich sie nicht versorgen kann – nur weil andere panisch Hamsterkäufe tätigen? Schließlich handelt es sich hierbei nicht um Nudeln, Mehl oder Klopapier. Womöglich verstauben die Packungen in irgendeinem Medikamentenschrank (hoffentlich nicht frei zugänglich auf dem Küchentisch...), während andere sie dringend brauchen. Ich finde es immer wieder erschreckend, wie schnell ohne jegliches Hintergrundwissen Panik ausgelöst wird. Noch trauriger ist jedoch, dass selbst wir als Pharmazeut:innen des Vertrauens keinerlei Abhilfe schaffen können.

Es bleibt nur zu hoffen, dass die Hersteller schnell auf den Engpass reagieren und Nachschub liefern können. Doch auch dann stellt sich die Frage, wie mit der neuen Ware umgegangen wird: Eine eiserne Reserve zurückhalten? Die Abgabe ohne medizinische Indikation komplett verweigern? Oder schlichtweg hoffen, dass nun regelmäßig Nachschub kommt? Solange die Schubladen leer bleiben, können wir nur eins tun: Weiter Aufklärungsarbeit leisten und versuchen, unseren Kund:innen die Ängste zu nehmen.

Newsletter
Das Wichtigste des Tages direkt in Ihr Postfach. Kostenlos!

Hinweis zum Newsletter & Datenschutz

Neuere Artikel zum Thema
Mehr zum Thema
Gut versorgt durch die Feiertage
Hausapotheke: Jetzt Vorräte aufstocken
Blutzuckerspitzen vermeiden
Diabetiker: Gesund durch die Adventszeit
Mehr aus Ressort
10 Prozent auch nachmittags
Heiligabend: Jeder Fünfte arbeitet
Gesund durch die Weihnachtszeit
Nüsse sind wahre Kraftstoffpakete

APOTHEKE ADHOC Debatte