Kühlcreme: Geduldsprobe in der Rezeptur Hanna Meiertöns, 06.06.2023 08:57 Uhr
Kühlcreme DAB, lateinisch Unguentum leniens, kommt häufig in der Rezeptur zur Anwendung, da sie in der Regel sehr gut verträglich ist. Die Verarbeitung ist jedoch anspruchsvoll, die besonderen Eigenschaften der Creme erfordern Fingerspitzengefühl und vor allem Geduld.
Die Kühlcreme ist in der Regel gut verträglich, denn sie hat nur wenige Bestandteile und ist frei von Konservierungsmitteln: Sie besteht aus gelbem Wachs, Cetylpalmitat, Erdnussöl und 25 Prozent Wasser. Erst seit 2015 wird sie passend zu ihrer Galenik als Kühlcreme bezeichnet, vorher fand man sie im Deutschen Arzneibuch (DAB) unter Kühlsalbe.
Aber: In „fertigen“ Kühlcremes werden für längere Haltbarkeiten häufig Antioxidanzien zugesetzt, darunter Oxynex 2004. Der übliche pH-Wert der Zubereitung verschiebt sich dann von 5 bis 6 in einen saureren Bereich von 3 bis 3,5.
Die Besonderheit der halbfesten Zubereitung: Sie kommt ohne Emulgatoren aus – das Wasser liegt nicht in einer Emulsion vor, sondern ist mechanisch gebunden. Beim Auftragen auf die Haut „bricht“ die Quasi-W/O-Creme und das enthaltene Wasser wird sehr schnell freigesetzt, dadurch entsteht für Anwender:innen ein Kühlungseffekt. Unverarbeitet wird die Creme daher als Basistherapeutikum bei beispielsweise Juckreiz, trockener Haut oder atopischer Dermatitis eingesetzt.
Vorsichtig rühren
Für die Verarbeitung in der Rezeptur birgt das allerdings einige Risiken: Denn bricht die Creme schon vorher, kann diese nicht mehr verwendet werden. Es muss daher sehr vorsichtig gerührt werden, bei elektrischen Mischsystemen darf nur mit geringer Umdrehungszahl gearbeitet werden.
Bei der Herstellung von wirkstoffhaltigen Rezepturen gilt es weitere Besonderheiten zu beachten: Unproblematisch ist die Verarbeitung von Corticoiden wie Triamcinolon oder Prednisolon, auch Antimykotika wie Clotrimazol sind geeignet. Schwierig ist es hingegen mit Stoffen, die mit Wasser interagieren: Dazu gehören beispielsweise Harnstoff oder Salicylsäure. Diese Rezepturen sind oft nur über einen kurzen Zeitraum stabil oder lassen sich erst gar nicht herstellen. Je höher die Konzentration dieser Wirkstoffe ist, desto schwieriger ist es dabei, die Stabilität zu gewährleisten. Salicylsäure und Harnstoff können nur in Konzentrationen bis zu drei Prozent gut verarbeitet werden.
Sonderfall Harnstoff
Harnstoff ist an sich ein Sonderfall: Für die Verarbeitung in lipophilen Cremes wird er normalerweise erst in Wasser gelöst. Sobald man in der Kühlcreme allerdings den Wasseranteil erhöht, bricht diese. Der Harnstoff muss daher in jedem Fall als Feststoff verarbeitet werden. Das funktioniert, braucht aber deutlich mehr Geduld: Aufstreuen und vorsichtig rühren, bis die Kristalle sich in der wässrigen Phase vollständig gelöst haben. Während der Herstellung sollten am besten Pausen eingelegt werden, eventuell muss die Creme sogar über Nacht stehen gelassen werden. Am besten werden Kund:innen also schon bei der Annahme der Rezeptur darauf hingewiesen, dass die Herstellung etwas länger dauern kann.
Wird Kühlcreme DAB als Dermatika-Grundlage in der Apotheke vorrätig gehalten, so kann sie nach Anbruch bei Lagerung im Kühlschrank drei Monate lang verarbeitet werden. Bei daraus hergestellten Rezepturarzneimitteln wird die Aufbrauchsfrist auf vier Wochen verkürzt, die Lagerung ist dann in der Regel bei Raumtemperatur möglich. Eine Ausnahme bilden dabei Zubereitungen, bei denen die chemische Stabilität des Wirkstoffes zwingend die Kühlschranklagerung erfordert.
Cave bei Nussallergie: Patient:innen sollten auf den Bestandteil Erdnussöl hingewiesen werden, gegebenenfalls kann dieses in der Zubereitung gegen Olivenöl oder Neutralöl ausgetauscht werden.