Fresh up: Kompressionsstrümpfe Cynthia Möthrath, 14.02.2017 12:16 Uhr
Zur Reiseprophylaxe, nach Operationen aber auch zur Behandlung von bestehenden Problemen und Erkrankungen der Venen wie zum Beispiel einer Veneninsuffizienz, Krampfadern (Varizen), Thrombosen oder Lymph- und Lipödemen können Kompressionsstrümpfe eine gute und notwendige Therapie sein. Vor allem bei Menschen mit „stehenden Berufen“ können sich im Laufe der Zeit Venenprobleme ergeben, Kompressionsstrümpfe können Abhilfe schaffen. Es gibt sie in verschiedenen Ausführungen, Materialien, Farben und Kompressionsklassen (KKL).
Insgesamt gibt es vier verschiedene Kompressionsstärken, die Kompressionswirkung nimmt von KKL 1 nach KKL 4 zu. Im Apothekenalltag ist Klasse 2 am geläufigsten. Kompressionsstrümpfe können von den Krankenkassen erstattet werden, alle sechs Monate kann der Arzt ein neues Paar verordnen. Bei manchen Krankenkassen muss dieser exakte Zeitraum nicht eingehalten werden, sie beschränken ihre Richtlinien nur auf zwei Kompressionsversorgungen pro Jahr. Bei einer Erstversorgung genehmigen einige Kassen jedoch auch ein Wechselpaar, sofern eine schriftliche ärztliche Verordnung vorliegt.
Das Wirkprinzip der Kompressionstherapie beruht darauf, dass von außen Druck auf das Bein ausgeübt wird. Dabei ist der Druck um die Fessel herum am stärksten und nimmt nach oben hin zum Herzen ab. Durch den ausgeübten Druck auf das Gewebe werden die Venen zusammengedrückt, so dass der Rücktransport des Blutes zum Herzen verbessert wird. Die Funktion der Venenklappen wird unterstützt und das Blut sackt über Tag nicht mehr in die Beine. Flüssigkeit in den Beinen wird besser abtransportiert, die Beine werden entlastet und die typischen schweren Beine verhindert.
Um die richtige Passform und Größe zu ermitteln, müssen beide Beine ausgemessen werden. Diese Messung sollte unbedingt morgens am nackten Bein erfolgen, am besten unmittelbar nach dem Aufstehen, da im Laufe des Tages die Beine anschwellen und so die ermittelten Werte verfälscht werden. Die zu ermittelnden Maße können entweder mit Hilfe eines Maßbandes erfolgen oder auch mit einem Messbrett. Es werden je nach verordneter Ausführung verschiedene Maße an beiden Beinen genommen und notiert.
Je nach Beschaffenheit und Proportionen der Beine erhält der Patient eine Serienanfertigung oder eine speziell auf ihn zugeschnittene Maßanfertigung. Diese ist erforderlich, um eine gut sitzende Passform und die daraus resultierende medizinische Wirkung zu gewährleisten.
Die kürzeste Ausführung (A-D) endet etwa zwei Zentimeter unter der Kniekehle, hierbei werden verschiedene Umfangsmaße an Fuß und Bein und die dazugehörigen Längenmaße gemessen. Bei einem Halbschenkelstrumpf (A-F) und einem Schenkelstrumpf (A-G) müssen entsprechend mehr Maße genommen werden. Auch Strumpfhosen (A-T) oder Umstandsstrumpfhosen (ATU) können verordnet und ausgemessen werden.
Der Patient kann zudem entscheiden ob er die Fußspitze offen oder geschlossen haben möchte. In vielen Fällen fällt das Anziehen mit einer offenen Spitze den Patienten leichter. Ebenso kann ausgewählt werden ob die Strümpfe am oberen Ende ein Haftband haben sollen. Bei der Wahl muss jedoch beachtet werden ob die Haftbänder aus Latex oder Silikon gefertigt sind um eventuell bestehenden Allergien vorzubeugen. Alternativ kann ein Strumpfhalter befestigt werden.
Die Strümpfe gibt es aus verschiedenen Materialien. Es gibt sowohl Modelle aus Vollsynthetikfasern, wie auch Baumwollstrümpfe oder eine Mischung aus beiden Fasern. Es können auch Aloe Vera Fasern eingearbeitet sein, die eine kühlende und juckreizlindernde Wirkung aufweisen sollen und die Haut mit Feuchtigkeit versorgen. Medizinische Kompressionsstrümpfe zeichnen sich durch eine mögliche Längs- und Querdehnung des Materials aus, die durch eingearbeitete elastische Fasern zustande kommt.
Meist werden rundgestrickte und nahtfreie Strümpfe verordnet. Je nach Erkrankungsbild können auch flachgestrickte Modelle notwendig sein, da sie individueller an die Körperproportionen angepasst werden können. Dies ist zum Beispiel bei den meisten Lipödem-Patienten der Fall, um die bestehenden Ödeme gezielt abtransportieren zu können. In solchen Fällen kann auch eine Kompressionstherapie der Arme notwendig sein.
Mittlerweile gibt es Kompressionsstrümpfe nicht mehr nur hautfarben, sondern auch in blau, schwarz, grau oder sogar in bunten Trendfarben. Dies erhöht die Compliance und ist wichtig, da die Kompressionstherapie nur dann Wirkung zeigen kann, wenn die Versorgung auch regelmäßig getragen wird. Alle Kompressionsstrümpfe sollten jedoch nur tagsüber getragen und vor dem Schlafengehen ausgezogen werden. Da die Beine über den Tag austrocknen können, kann am Abend Juckreiz auftreten. Deshalb empfiehlt es sich die Beine nach dem Ausziehen der Kompressionsversorgung mit einer feuchtigkeitsspendenden Lotion einzucremen.
Das richtige An- und Ausziehen der Kompressionsstrümpfe ist besonders wichtig um eine ausreichende Wirkung zu garantieren. Die Versorgung wird morgens unmittelbar nach dem Aufstehen angezogen, wenn die Beine noch nicht geschwollen sind.
Bei Strümpfen mit geschlossener Spitze ist das Anziehen am leichtesten, wenn die Strümpfe bis zur Ferse auf links gedreht werden. So kann man leicht in den Fußteil steigen und die Strümpfe dann seitlich in mehreren Etappen hochrollen. Wichtig ist ein faltenfreies Anlegen, da es sonst zu Druckgefühlen und Schmerzen kommen kann. Ein Oberschenkelstrumpf sollte niemals am Haftband hochgezogen werden und er sollte ungefähr zwei Finger breit unter der Gesäßfalte aufhören, da sich sonst das Haftband doppeltschlagen kann oder die Strümpfe rutschen können.
Es gibt auch spezielle Anziehhilfen, die das Anlegen der Strümpfe erleichtern. Zum einen können spezielle Gummihandschuhe mit Noppen verwendet werden mit denen man den Strumpf leichter fassen kann. Zudem wird so das Material geschont und Schäden am Strumpf vermieden
Eine Hilfe für offene Strümpfe stellt die sogenannte Gleitsocke dar. Diese wird vor dem Anziehen der Kompressionsstrümpfe über den Fuß gezogen. Wichtig ist, dass sie dabei nicht über die Ferse reicht. Nun wird der bis zur Ferse auf links gedrehte Strumpf über den Fuß und die Gleitsocke gezogen, solange bis er an der Ferse optimal sitzt. Nun kann die Gleitsocke vorne aus dem Strumpf gezogen und der restliche Strumpf angelegt werden.
Bei Patienten, die Probleme mit dem Bücken haben, kann auch ein Anziehgestell hilfreich sein. Dieses wirkt wie ein verlängerter Arm. Der Strumpf wird bis zur Ferse über eine spezielle Vorrichtung gezogen. Dann kann der Patient in den Fußteil schlüpfen und mit dem Gestell den restlichen Strumpf hochziehen, ohne sich bücken zu müssen.
Damit die Kompressionsstrümpfe lange halten und ihre Qualität und Wirkung nicht nachlässt, müssen sie pfleglich behandelt werden. Sie sollten nicht mit scharfen Gegenständen, wie Ringen oder anderem Schmuck oder spitzen Fingernägeln in Berührung kommen oder gar mit Hilfe der Nägel angezogen werden. Im Idealfall werden die Strümpfe jeden Tag mit Feinwaschmittel per Hand oder mit dem Schonprogramm der Waschmaschine gewaschen. Auf keinen Fall sollte Weichspüler zugesetzt werden, da dieser die elastischen Fasern angreift und so die Kompressionswirkung nachlassen kann. In Apotheken gibt es spezielle Waschmittel für Kompressionsstrümpfe, die speziell auf die empfindlichen Fasern abgestimmt sind.