In Nordrhein-Westfalen stehen am 13. September Kommunalwahlen an. Auf dem Stimmzettel für die Vertretung der Stadt Siegen findet sich eine Überraschung: Hier tritt eine PKA an, die sich zugleich als „Apothekenleitung“ ausgibt. Der Fall zieht Kreise.
Bewerberin für die CDU im Wahlbezirk 21 ist Nazlije Selimi. Die 42-Jährige arbeitet in der ABC-Apotheke von Bernd Wilcken, und zwar im Team des Kaufmännischen Leiters Jürgen Rompf. Hier heißt es zu ihren Aufgaben: „PKA, Marketing und Öffentlichkeitsarbeit sowie Einkauf, Visagistin und Fachberaterin Kosmetik“.
In ihrer Wahlwerbung verspricht Selimi, sich leidenschaftlich und zuverlässig für die Belange aller Bürgerinnen und Bürger einzusetzen – unabhängig von Alter, Geschlecht oder Religionszugehörigkeit. „Ich stehe für gute, ehrliche Kommunalpolitik vor Ort – zusammen mit einer starken CDU – für eine sichere, liebens- und lebenswerte Heimat, für einen wirtschaftlichen Kurs nach oben und vor allem für ein freundliches Miteinander!“
So weit, so gut. Dass ihre Kandidatur so große Wellen schlägt, hängt mit der Berufsangabe auf dem Stimmzettel zusammen. Dort heißt es: „PKA, Apothekenleitung“. Ein Fehler? Oder gezielte Übertreibung? Letzteres ließe sich kaum mit dem Anspruch der Erhlichkeit in Einklang bringen. Selimi wollte sich auf Nachfrage nicht zum Sachverhalt äußern, doch mittlerweile hat das Thema die Apothekerkammer Westfalen-Lippe (AKWL) erreicht.
„Selbstverständlich – und hierüber wird es auch keinen Anlass zur Diskussion geben – ist eine PKA aufgrund ihrer Berufsqualifikation nicht dazu befähigt und qualifiziert, die Funktion eines Apothekenleiters im Sinne der Apothekenbetriebsordnung zu übernehmen“, stellte Sören Cromberg, Leiter der Rechtsabteilung bei der AKWL gegenüber einem Apotheker klar, der auf den Fall hingewiesen hatte. Dass die Angabe auf dem Stimmzettel aber gleichwohl so verstanden werden müsse, zeige bereits die Bezeichnung als „Apothekenleitung“ zusammen mit der förmlichen Berufsqualifikation der PKA. Damit werde der unzutreffende Eindruck einer förmlichen Qualifikation als Apothekenleiterin im Sinne der Apothekenbetriebsordnung erzeugt.
Allerdings sei für den ordnungsgemäßen Betrieb der Apotheken inklusive Personaleinsatz der Kreis Siegen-Wittgenstein als Apothekenaufsichtsbehörde zuständig. Cromberg versprach, die zuständige Abteilung über den Sachverhalt in Kenntnis zu setzen. „Zudem werden wir den verantwortlichen Apothekenbetreiber anschreiben und ihn hinsichtlich seiner berufsrechtlichen Pflichten sensibilisieren, wonach er den ordnungsgemäßen Betrieb seiner Apotheke zu gewährleisten hat. Da vorliegend keine Anhaltspunkte für eine persönliche Verantwortung des Apothekenbetreibers für die Gestaltung des Wahlzettels ersichtlich sind, scheiden weitere berufsrechtliche Maßnahmen allerdings aus.“ Auch könne man gegenüber der Kandidatin nicht tätig werden, da sie als PKA kein Kammermitglied sei.
Die Frage, ob durch die irreführende Berufsangabe womöglich von einer unzulässigen Wahlbeeinflussung auszugehen sei, vermöge könne man bei der Kammer nicht beurteilen. Genauso wenig sei bekannt, ob Berufsangaben vor der Aufnahme auf solche Stimmzettel geprüft werden.
Gegenüber dem CDU-Landtagsabgeordneten Jens Kamieth äußerte sich die PKA am Ende doch noch – auch ihn hatte der Apotheker auf den Fall aufmerksam gemacht. Selimi habe sehr erstaunt reagiert; die berufsrechtlichen Anforderungen und Regelungen seien ihr bestens bekannt – insbesondere wisse sie, dass ausschließlich Apotheker für die Leitung einer Apotheke qualifizert seien. „In dieser Kenntnis gibt sie als Tätigkeit immer ‚kaufmännische Leitung‘ an. Dies hat sie selbstverständlich auch in Zusammenhang mit der Kommunalwahl so getan“, versicherte Kamieth gegenüber dem Apotheker.
Da sie keine Briefwahl beantragt habe, kenne Selimi den Stimmzettel nicht. „Sie hat erst durch Ihr Mail Kenntnis von der falschen Tätigkeitsbeschreibung bekommen. Sie vermutet, dass der Begriff ‚kaufmännische‘ bei der Übertragung der Daten an die Stadt Siegen untergegangen ist. In allen Druckprodukten, die ihr zur Freigabe vorgelegt worden sind, war die Tätigkeitsbeschreibung ‚kaufmännische Leitung‘ zutreffend angegeben. Sie bedauert das Versehen sehr.“
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