So manche PTA wunderte sich in den vergangenen Wochen, denn es werden beinahe in allen Apotheken mehr Kohle-Tabletten verkauft als sonst. Eine bekannte Firma ist zur Zeit sogar schon beinahe ausverkauft. Wieso nur? Vielleicht liegt es ja am Do-it-yourself-Trend bei YouTube.
Schon geraume Zeit ist Aktivkohle ein angesagter Inhaltsstoff, der in viele Schönheitsprodukte eingearbeitet wird. War es vor einigen Jahren noch die Zahnpasta aus der Schweiz, die den Markt revolutionieren sollte, so findet sich die Kohle mittlerweile in vielen weiteren Produkten.
Sowohl für Hautcremes und Gesichtsmasken, als auch in Peelings und Haarkuren wird das stark adsorptionsfähige Pulver verwendet. Es soll Pickeln und Mitessern zu Leibe rücken und Verfärbungen beseitigen. Die feinkörnige Oberflächenstruktur der Kohle aus Nussschalen, Torf oder Baumrinde ist in der Lage, Schmutzpartikel und auch Bakterien an sich zu binden.
Die Anwendungsgebiete scheinen schier unendlich zu sein. Sogar Getränke werden mit Aktivkohle versetzt, um eine angebliche Entschlackung oder Entgiftung zu erreichen. Die Aktivkohle-Produkte der Firmen sind meist deutlich teurer als normale Cremes, Peelings, Masken oder Zahnpasten. So hat nun eine Do-it-yourself-Welle begonnen, die vor allem durch YouTube-Influencer wie zum Beispiel Bibi von Bibis Beauty Palace angetrieben wird.
Den Videobeitrag, in dem sie aus Kinderbastelkleber und zerbröselten Kohletabletten eine so genannte Anti-Blackhead-Maske (Anti-Mitesser-Maske) anrührt und ausprobiert, haben bereits mehr als sieben Millionen Menschen angeklickt. Dass ein solcher Tipp auch in den Apotheken spürbar wird, wissen wir spätestens, seit Pastor Fliege in den 90er-Jahren nach seinen Fernsehsendungen für Hypes bei diversen verschreibungsfreien Produkten gesorgt hat.
Wenn also verstärkt außerhalb der Reisezeiten in der Apotheke Kohle-Tabletten verlangt werden, sollte eine kurze Nachfrage gestellt werden, wozu dieses Produkt denn genutzt werden soll. In vielen Videos oder Blogartikeln wird wenig auf die Nebenwirkungen eingegangen, die so manche Verwendungsweise natürlich auch hat. Blogger und Vlogger sehen sich eher als Vorreiter und Trendsetter und treten weniger als Gesundheitsberater in Erscheinung.
Personen, die regelmäßig Arzneimittel zu sich nehmen, sollten in der Apotheke darauf hingewiesen werden, dass Kohle-Tabletten auch die Wirkstoffe von Arzneimitteln an sich binden können. Dabei sollte auch besonders an die empfängnisverhütende Wirkung der Pille gedacht werden, die auf diese Weise herabgesetzt wird. Entschlackende Getränkemischungen sind daher in deutlichem zeitlichen Abstand einzunehmen. Bei selbst gemischten Zahnpasta-Produkten zum bleachen sei darauf hingewiesen, dass Kohle bei zu häufigem Gebrauch auch den Zahnschmelz schädigen und anrauhen kann. Bastelkleber im Gesicht ist auch nicht für jeden Hauttyp geeignet und sollte vorher an der Armbeuge auf Verträglichkeit getestet werden.
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