Kein Doxylamin bei Prostatahyperplasie Nadine Tröbitscher, 31.10.2016 13:05 Uhr
Stress, kreisende Gedanken, Schichtdienst oder der schnarchende Partner können die Ursache für Schlafstörungen sein. Schlaf ist jedoch wichtig für unser Wohlbefinden. Körperliche und seelische Fitness werden durch eine erholsame Nacht erreicht. Fällt die Erholungsphase weg, können psychische Störungen oder körperliche Erkrankungen die Folge sein. Medikamente können die Schlafhygiene verbessern, aber sie können Wechselwirkungen eingehen. Eine Beratung in der Apotheke kann bei der Wahl des passenden Schlafmittels helfen.
Fall: Ein Kunde bittet in der Apotheke um ein Schlafmittel. Er klagt seit einigen Wochen unter Schlaflosigkeit, er sei nur noch müde, könne sich auf der Arbeit nicht konzentrieren. Wenn er abends im Bett liege, könne er nicht einschlafen. Das Gedankenkarussell höre nicht auf sich zu drehen, er hänge dem Tag hinterher. Ein unerwartetes Ereignis belaste ihn, er möchte doch nur eine Nacht wieder schlafen. Die PTA wählt ein chemisches Medikament mit Doxylamin.
Der Wirkstoff wird als Schlafmittel zur Kurzzeittherapie eingesetzt und ist ein stark sedierendes Antihistaminikum. Das Arzneimittel wird bei Ein- und Durchschlafstörungen eingesetzt. Heute sollte es keine weitere schlaflose Nacht geben, erklärt die PTA. Eine bis zwei Tabletten sollten eine halbe Stunde bis Stunde vor dem Zubettgehen eingenommen werden. Die Uhrzeit müsse beachtet werden, da eine Schlafdauer von acht bis neun Stunden nötig sei, um am nächsten Tag der Nacht nicht noch hinterher zu hängen. Zur Langzeitanwendung ist das Medikament nicht geeignet, da es die Schlafphasen verschiebt und die Erholungszeit sich verkürzt.
Der Kunde hat noch ein Rezept dabei, das er gerne einlösen möchte. Sein Urologe hat ihm ein Medikament verordnet, das er einmal am Tag einnehmen soll. Die Vorsorgeuntersuchung habe eine Vergrößerung der Prostata ergeben – die Ursache für seine Probleme beim Wasserlassen. Verordnet ist der Wirkstoff Tamsulosin. Der Alpha-Rezeptorenblocker dient zur Behandlung der benignen Prostatahyperplasie (BPA). Der Wirkstoff bewirkt eine Relaxation der glatten Muskulatur des Blasenhalses, der Prostata und der Harnröhre. Der Harnfluss ist erleichtert.
Analyse: Eine Wechselwirkung zwischen Doxylamin und Tamsulosin gibt zwar es nicht, dennoch ist von dem chemischen Schlafmittel abzuraten. Der Arzneistoff kann Miktionsstörungen verursachen. Die glatte Muskulatur der Harnwege besitzt H1-Rezeptoren. Der Wirkstoff blockiert den Rezeptor und führt somit zu einer Erschlaffung der Muskulatur.
Kommunikation: Diese Nebenwirkung könnte die Beschwerden des Kunden verstärken, da die Vergrößerung der Prostata ohnehin schon den Harnfluss beeinflusst. Der Kunde kann zum Einschlafen auf ein pflanzliches Präparat wechseln. Zusätzlich kann eine Verbesserung der Schlafhygiene Abhilfe verschaffen: Lüften vor dem Zubettgehen, Abdunkeln des Schlafzimmers und kein Fernsehen vor dem Schlafen. Auch anstrengende Telefonate mit Familie, Freunden und Kollegen sollten auf den Nachmittag oder frühen Abend verlegt werden. Stattdessen kann ein festes Abendritual helfen in die Nacht zu kommen. Meditation, Autogenes Training oder Tee mit Lavendel und Melisse sind dazu geeignet.
Therapie: Pflanzliche Mittel mit Baldrian sind geeignet, um die Schlafstörungen des Kunden zu behandeln. Der Wirkmechanismus von Baldrian ist nicht genau bekannt, womöglich ist die schlaffördernde Wirkung auf die enthaltenen Lignane zurückzuführen. Vermutet wird eine Wirkung über den Eingriff in den GABA-Regelkreis: Der „Müdemacher“ greift womöglich an dem gleichen Rezeptor wie die Lignane an. Studien haben ergeben, dass Baldrianwurzelextrakt einen Wirkstoff enthalten muss, der am A1-Rezeptor angreift und eine Adenosin-ähnliche Wirkung hervorruft. Adenosin reguliert Schlaf-Wachrhythmus und sorgt für einen erholsamen Schlaf, um das Gehirn vor einem möglichen Energiemangel zu schützen. Baldrian wird seine volle Wirkung noch nicht in der ersten Nacht entfalten. Eine Tablette sollte jeden Abend eine halbe Stunde bis Stunde vor dem Zubettgehen eingenommen werden.