Karin Mikolajczak

PTA: Mit 75 am HV

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Berlin -

Mit Liebe zum Beruf und Spaß an der Arbeit findet Karin Mikolajczak kein Ende in der Apotheke. Seit 57 Jahren steht sie an der Front und denkt gar nicht daran, ihren Ruhestand als Freizeit zu genießen. Schluss ist erst, wenn der Vorhang fällt – wie in der Oper. „Jeden Tag eine neue Herausforderung, sonst bekomme ich Demenz.“

Frauen fragt man nicht nach dem Alter – es ist aber kaum zu glauben, dass Karin Mikolajczak 75 Jahre ist. Mit großer Freude und stets gut gelaunt, steht sie den Kunden mit Rat und Tat zur Seite und mischt den Handverkauf auf. Ein Gespräch mit ihr ist eine Reise durch die Geschichte – auch durch die der Apotheke.

In Essen geboren und aufgewachsen wollte die PTA eigentlich Bibliothekarin werden. Aber die Stellen fehlten. Nie vergessen wird Mikolajczak die katholische Buchhandlung „Fredebeul und Koenen“. Hier gingen Priester ein und aus. Die junge Frau vergab damals die Stelle, denn Knicks und Ringküssen kamen für die Rebellin nicht in Frage. So kam sie „wie die Jungfrau zum Kind“ zur Lehre als Apothekenhelferin. In den zwei Jahren war die Barbara-Apotheke in Essen ihr Wirk- und Ausbildungsort. Auch wenn sie die ersten sechs Wochen nur Staub wischte, war auch diese Zeit lehrreich: „So wusste ich wenigstens wo alles steht, das Lager war ja anders als heute. Tabletten, Tropfen, Granulate – alles war nach Darreichungsform geordnet.“

In Essen hat sie ihr Highlight erlebt. Nie vergessen wird sie die neue Helferin. „Ganz unschuldig war die neue Kollegin. Ein Kunde wollte einen Gummischutz kaufen, die Kollegin fragte wie viel Meter es denn sein sollten. Ein Riesenlacher, denn sie hatte den Gummischutz mit einer Bettplatte verwechselt. Damals kam eigentlich der Chef persönlich, wenn der Kunde Kondome kaufen wollte und die Mädchen verschwanden.“

Das Streben nach Mehr und das neu entstandene Berufsbild PTA, brachte Mikolajczak 1972 – inzwischen in Berlin zu Hause – zurück auf die Schulbank. „Wir waren der zweite Jahrgang beim Lette-Verein in Berlin. Alles gestandene Frauen – verheiratet und mit Kindern. Wir haben die Lehrer ganz schön unter Druck gesetzt, waren wir doch keine kleine Schülerinnen mehr. Fast alle waren schon Helferinnen.“ Zwar musste man damals die Ausbildung nicht bezahlen, brachte sie jedoch auch keinen Lohn ein. Mikolajczak arbeitete neben der Schule weiter in der Apotheke.

Die Ausbildung abgeschlossen, arbeite die PTA in der Apotheke am Adenauer Platz. Das Schönste hier waren die Begegnungen mit Hildegard Knef. „Manchmal schenkte sie uns Freikarten, wenn sie einen Auftritt in Berlin hatte.“ Etwas Besonderes für die Theater- und Opernliebhaberin. Auch André Eisermann zählte zu ihren Kunden. Der berühmte Vogelfänger gab den Papageno in der Zauberflöte, das Lachen konnte sich Mikolajczak nicht verkneifen – sang Eisermann doch stets den falschen Text.

Ihr Mann, selbst Apotheker, pachtete die Adenauer-Apotheke für drei Jahre und machte sich danach mit der Schinkel-Apotheke im Wedding selbstständig. Mikolajczak zog mit und wurde zur PTA mit Leib und Seele und hielt den Laden zusammen. Auch im Außendienst war sie tätig, richtete Apotheken für die damalige Anzag ein.

Sie hat viel erlebt, viel gesehen und viel gearbeitet. Die PTA kennt die Apotheke wie ihre Westentasche, liebt ihren Beruf und hat Spaß an der Arbeit. Ans Aufhören denkt sie noch lange nicht. Sie hat ihrem Chef erklärt, sie werde die Apotheke „in der braunen Kiste“ verlassen. „Ich habe keine Sekunde aufgehört zu arbeiten, ein Leben ohne Arbeit kann ich mir nicht vorstellen. Ich bin ein Kriegskind, ich habe immer gearbeitet.“ Deutschland lag in Trümmern, der Vater kam aus dem Krieg nicht zurück und die Mutter musste für Mikolajczak und ihren Bruder sorgen. Da galt es mitzuhelfen.

Heute arbeitet sie noch 25 Stunden in der Easy-Apotheke Wilmersdorfer. Weil ihre Stammkunden teilweise mitziehen, kennt sie einige Familien über viele Generationen. Aus der Apotheke müsse man sie einst heraus tragen, sagt sie. Sie liebt den Umgang mit jungen Leuten, nur von „alten Knochen“ umgeben zu sein, kann und will sie sich nicht vorstellen. Auch wenn die Kunden frecher geworden seien und sie diese an einigen Tagen „an die Wand nageln möchte“, verliert sie nicht den Spaß. „Viele Kunden sind sehr dankbar und dass macht mich stolz.“

Mikolajczak hat auch ein Leben neben der Arbeit, nur für die Apotheke lebe sie dann doch nicht. Sie liebt es zu reisen – allein oder mit ihrer Enkeltochter. Keine drei Jahre ist es her, da war sie mehrere Wochen allein in Amerika unterwegs. Sie liebt die Musik und ihre Wohnung. All das ist ihr Ausgleich.

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