Isotonisierung von Augentropfen: So wird gerechnet Eva Bahn, 18.02.2019 11:16 Uhr
Die Herstellung und Berechnung von Augentropfen im Examen ist einer der größten Angstfaktoren für viele angehende PTA. Dabei muss Einiges beachtet werden. Euhydrie, Gefrierpunktserniedrigung sowie Konservierung dürfen keine Fremdworte sein. Hier kommt Teil 1 mit dem Wichtigsten zur Berechnung der Isotonisierung von Augentropfen.
Augentropfen müssen isoton zur Tränenflüssigkeit sein, um so reizarm wie möglich im empfindlichen Umfeld wirken zu können. Ist die Lösung zu stark konzentriert, also befinden sich mehr gelöste Teilchen in der Lösung, als sie natürlicherweise im Auge vorkommen, so schmerzen die Tropfen bei der Anwendung. Durch osmotische Diffusion streben die Flüssigkeiten nach einem Konzentrationsausgleich der in ihnen gelösten Stoffe. So würden Augentropfen, die nicht isoton hergestellt wurden, dem Auge entweder Flüssigkeit entziehen, wenn sie zu stark konzentriert sind, oder Flüssigkeit durch die Membran in die Zellen hineinschleusen. Beides ist für den Anwender sehr schmerzhaft.
Werden Augentropfen in der Apotheke hergestellt, ist es also wichtig sicherzustellen, dass sich in der Arzneiform genauso viele Teilchen befinden wie in der Tränenflüssigkeit. Das wird einmal über den Wirkstoff selbst erreicht, zum anderen über einen Isotonisierungszusatz wie zum Beispiel Borsäure, Natriumchlorid oder Mannitol. Die Menge des benötigten Zusatzstoffes errechnet sich mittels einer Formel, die bei ihrer Anwendung die Gefrierpunktserniedrigung einbezieht.
Gefrierpunktserniedrigung bedeutet, dass die Lösung eines Stoffes in Wasser dessen Gefrierpunkt herabsetzt. Jeder weiß, dass bei Schnee und Eis auf der Straße Salz ausgestreut wird, damit das Glatteis schmilzt und Autos und Fußgänger sich dort sicher bewegen können. Durch den Zusatz von Salz friert das Wasser nicht schon bei 0 Grad Celsius, sondern erst wenn es deutlich kälter wird. Die Gefrierpunktserniedrigung einer 0,9-prozentigen und damit isotonischen Kochsalzlösung beträgt 0,52 Grad Celsius. Das ist auch der Wert, der bei der Herstellung von Augentropfen angestrebt wird.
Hilfsstoff in Prozent = (0,52 – nW x ΔTW) : ΔTH
Diese Formel sieht im ersten Moment sehr kompliziert aus, bedeutet aber im Grunde ein reines Einsetzen von bereits errechneten Zahlen, die sich in der Anlage B des DAC finden lassen. So lässt sich der prozentuale Wert des Isotonisierungszusatzes schnell errechnen. W steht hier für den eingesetzten Wirkstoff, n für dessen Gehalt in Prozent. ΔTW ist der Wert der Gefrierpunktserniedrigung einer einprozentigen Lösung des Wirkstoffes und ΔTH der Wert der Gefrierpunktserniedrigung einer einprozentigen Lösung des Hilfsstoffes. Sowohl ΔTW als auch ΔTH sind festgelegte, errechnete Zahlen, die nur aus dem DAC herausgesucht und eingesetzt werden müssen.
Ein Rechenbeispiel für PTA Schüler, das aus dem DAC entnommen werden kann, sieht folgendermaßen aus: Wieviel Prozent Borsäure muss man einer wässrigen einprozentigen Tetracainlösung zusetzen, um sie isotonisch zu machen?
Dazu sucht man sich aus der Liste zunächst die ΔT-Werte von Wirk- und Hilfsstoff heraus. ΔT von Tetracain ist 0,11 und ΔT von Borsäure 0,28. Diese Werte werden nun in die Formel eingesetzt:
Borsäure in Prozent = (0,52 – 1 x 0,11) : 0,28 = 1,46
Somit ergibt sich ein Wert von 1,46 Prozent für die eingesetzte Borsäure.
Hier zeigt sich sehr schön, dass Formeln oft nur auf den ersten Blick kompliziert wirken und weniger rechenbegeisterte Schüler ins Bockshorn jagen können. Wenn man sie verständlich erklärt und auch klar macht, wozu sie nötig sind, ist das Einsetzen von bereits errechneten Werten auch kein Hexenwerk mehr. Wir wünschen viel Erfolg bei den bevorstehenden Examen!