Fünf Tipps bei Blasenschwäche Dr. Kerstin Neumann, 17.05.2016 12:15 Uhr
Blasenschwäche ist ein echtes Tabuthema. Die Betroffenen leiden unter großem Schamgefühl und fühlen sich unverstanden und allein. Fast jeder zehnte Deutsche leidet unter Inkontinenz – damit tritt Blasenschwäche etwa so häufig auf wie Heuschnupfen. Weil es vielen Inkontinenten schwer fällt, sich Hilfe in der Apotheke oder beim Arzt zu suchen, bleibt jeder zweite Betroffene unbehandelt. Wenn die Patienten das Thema ansprechen, ist es wichtig, die Sorgen ernst zu nehmen und Hilfe anzubieten.
Tipp eins: Sorgen nehmen. Gerade weil das Thema für Patienten so heikel ist, kann schon Verständnis für die Probleme eine enorme Hilfe sein und dem Beratungsgespräch die Befangenheit nehmen. „Sie sind nicht allein“ – dieser Satz hilft vielen Betroffenen bereits, ebenso der Hinweis, dass es gute Behandlungsmöglichkeiten gibt. Bis zu 80 Prozent der Fälle können gut behandelt werden. Für ein Beratungsgespräch zum Thema Inkontinenz bietet es sich an, den Beratungsraum in der Apotheke zu nutzen.
Tipp zwei: Richtige Diagnose. Es gibt verschiedene Ursachen für Blasenschwäche. Abhängig davon wird vom Arzt eine Therapie festgelegt. Die am häufigsten auftretende Form ist die Dranginkontinenz, auch „Reizblase“ genannt. Die Betroffenen schaffen es oft nicht mehr rechtzeitig zur Toilette, obwohl die Blase gar nicht voll ist. Die andere weit verbreitete Form, die Belastungs- oder Stressinkontinenz, äußert sich durch ungewollten Urinverlust beispielsweise beim Lachen, Niesen oder Treppensteigen. Aber auch eine Blasenentzündung kann die Ursache für Blasenschwäche sein.
Die Dranginkontinenz wird meistens mit Anticholinergika wie den Wirkstoffen Oxybutynin oder Tolterodin behandelt. Sie blockieren Rezeptoren in der Blasenwand und entspannen den Blasenmuskel – das Fassungsvermögen der Blase steigt dadurch an. Die Belastungsinkontinenz hingegen behandeln Ärzte meist mit dem Wirkstoff Duloxetin. Dieser steigert die Muskelkontraktion des Schließmuskels der Blase.
Tipp drei: Nicht nur Medikamente helfen. Wichtig ist insbesondere bei Belastungsinkontinenz ein kontinuierliches Training des Beckenbodens. Dies kann nachweislich helfen, Bindegewebe und Muskulatur zu stärken und die Beschwerden zu lindern. Mit Hilfe von Physiotherapie können gezielt Übungen trainiert werden, die den Beckenboden stärken. Viele Übungen können auch allein zu Hause gemacht werden, nachdem sie gemeinsam mit einer Fachperson eingeübt wurden.
Tipp vier: Tabu weg von Hilfsmitteln. Viele Patienten versuchen zunächst, sich mit Damenbinden zu helfen. Das kann bei sehr schwach ausgeprägten Beschwerden zunächst helfen. Spezielle Einlagen oder Höschen sind aber deutlich besser geeignet – und können je nach Diagnose auch von der Krankenkasse erstattet werden. Der Blick ins Hilfsmittelverzeichnis gibt darüber Auskunft. Ein normaler Umgang mit den Hilfsmitteln kann schon in der Apotheke gezeigt werden: Sind die Windeln bereits in der Sichtwahl ausgestellt und nicht im Lager versteckt, kann auch dies zur Ent-Tabuisierung beitragen.
Tipp fünf: Trinken. Wer an Blasenschwäche leidet, neigt häufig dazu, wenig zu trinken. Die Angst ist groß, dass durch Flüssigkeitszufuhr die Beschwerden verstärkt werden. Erreicht wird damit aber genau das Gegenteil: Ist der Urin stark konzentriert, steigert sich das Gefühl des Harndranges. Wenn der Toilettengang außerdem durch geringe Harnmengen zu lang hinausgezögert wird, erhöht sich die Gefahr einer Infektion. Kunden sollten daher angehalten werden, normale Trinkgewohnheiten einzuhalten beziehungsweise einzuüben.