PTA-Karriere

„Ich habe den geilsten Job der Welt“ Torsten Bless, 13.11.2017 09:06 Uhr

Berlin - 

Die erste Weiterbildung machte sie noch aus der Not heraus, doch dann war bei PTA Birgit Fischer die Neugier geweckt. Sie eignete sich immer weiteres Wissen an und fand zu neuen Berufsperspektiven.

Vor guten 25 Jahren startete Fischer ihren Werdegang mit einer Lehre zur Apothekenhelferin. „In diesem Beruf durfte man damals noch mehr als heute. Der Umgang mit den Kunden hat mir sehr gefallen.“ Ihre damalige Chefin in der Conrad-Apotheke im westfälischen Brochterbeck ermutigte sie zur PTA-Ausbildung. „Da habe ich erst gemerkt, wie spannend die Tätigkeit in der Apotheke ist.“

Mit ihrer Schwangerschaft musste sie zunächst die Offizin verlassen, unfreiwillig länger als geplant. „Mein erstes Kind war lange krank und brauchte intensive Betreuung.“ Nach zwei Jahren Abwesenheit und kaum Erfahrung bekam sie nur eine Stelle auf 450-Euro-Basis. Aus der Not habe sie eine Tugend gemacht, erzählt Fischer: „Ich bildete mich viel fort, um als Berufsanfängerin am Ball zu bleiben.“

Fischer wurde ein zweites Mal Mutter. Als ihre beiden Sprösslinge 2011 aus dem Gröbsten raus waren, begann ihre Weiterbildungsreise. „Als erstes machte ich an sechs Wochenenden den Mineralstoffberater nach Dr. Schüßler. Für mich war das ein ganz wichtiger Schritt in meinem Werdegang. Danach bekam ich eine Vollzeitstelle.“ Einmal auf den Geschmack angekommen, absolvierte sie eine zweite Weiterbildung und danach eine weitere. „Jede von ihnen machte mich nur noch neugieriger.“ Sieben Zertifikate hat sie bis jetzt auf ihrem persönlichen Konto.

Ihre Kollegen hätten schon das eine oder andere Mal darüber gelächelt, wie viel Zeit und Geld sie in ihre persönliche Weiterentwicklung investiert habe, sagt die PTA. „Doch mein jeweils neu erworbenes Wissen hat mich immer kompetenter in der Beratung gemacht. Entsprechend positiv ist das Feedback der Kunden. Darüber freue ich mich, das spornt an.“

Anderen PTA rät sie unbedingt zu Weiterbildungen, die mit dem Siegel der Industrie- und Handelskammern versehen sind. „Sie vermitteln neutrales Wissen und haben eine gewisse Wertigkeit. Zwar gibt es auch Angebote von Pharmafirmen, doch hier werden in erster Linie Inhalte behandelt, die im Interesse der jeweiligen Hersteller sind.“

Doch geeignete Veranstaltungen zu finden, erfordere eine aufwendige Recherchearbeit. Während es für Apotheker Schulungen in rauen Mengen gebe, seien Weiterbildungen für PTA spärlich gesät. „Und die wenigen vorhandenen sind nicht leicht zu finden“, hat Fischer erfahren. Anbieter gebe es nur wenige: „Die Apothekenakademie gibt es nicht mehr. Die Apothekerkammer Westfalen-Lippe bietet nichts an.“ Die Bayerische Landesapothekerkammer sei die einzige in Deutschland, die auch PTA unterstütze. „Das ist allerdings mit sechs Wochenenden im Süden und damit für mich mit viel Aufwand und Kosten verbunden.“

Wenn sie die Begriffe „PTA“, „Weiterbildungen“ und „IHK-zertifiziert“ in ihre Suchmaschine eingebe, entführe sie die Ergebnisliste in ferne Regionen. „Ich bin oft durch die Weltgeschichte gereist, war im Sauerland, Mainz, Saarbrücken, Nürnberg, in Portugal und auf Mallorca.“ An 15 Wochenenden im Jahr sei sie im Durchschnitt für ihre Lehrgänge unterwegs. „Ich bin sehr energiegeladen, darum macht mir das wenig aus. Die Familie hat bislang auch schön mitgespielt.“

Doch jede einzelne Maßnahme habe neue Weichen in eine Reihe von möglichen Richtungen gestellt, sagt Fischer. „Ohne die Weiterbildungen hätte ich womöglich den Job als Teamtrainerin bei Bionorica nicht bekommen.“ Zu ihrem – zumindest partiellen – Seitenwechsel in die Industrie stehe sie uneingeschränkt. „Mit meinem Wissen als Apothekenexpertin für Beratung in Naturheilkunde und Homöopathie und als freiberufliche Kundenberaterin für Phytotherapie kann ich mich voll und ganz mit den Produkten identifizieren.“

Schrittweise hat sie seitdem ihre Stunden in der Apotheke reduziert, zunächst von 40 auf 30 und seit Mai auf 20 Stunden. An drei Tagen in der Woche ist sie für den Phytohersteller als Apothekenteamtrainerin zwischen dem Osnabrücker Land und dem Ruhrgebiet unterwegs. „Jede Fortbildung ist wieder aufs neue spannend. Ich weiß nie, was mich erwartet und wie das jeweilige Team reagiert.“ Zwar gebe es festgesetzte Inhalte, doch gelte es, sich immer wieder neu auf die jeweilige Situation einzustellen.

An den anderen beiden Tagen steht sie nach wie vor am HV-Tisch der Apotheke am Rott in Ladbergen. „PTA ist ein schöner Beruf, den Kontakt mit den Kunden will ich nicht missen, auch wenn die Bürokratie immer umfangreicher, schwieriger und meiner Meinung nach auch überflüssiger geworden ist.“

Sie liebe die Abwechslung. „Oft sitze ich im Auto auf dem Weg zum nächsten Training und sage mir, dass ich den geilsten Job der Welt habe. Das allein ist meiner Meinung nach der Zeit- und Geldaufwand wert.“

Im nächsten Jahr steht eine Weiterbildung in Aromatherapie fest auf dem Programm. Doch auch danach werde sie ihrer Neugierde nachgeben, bekundet Fischer. „Mir reicht es nicht, zu wissen, dass etwas so ist, ich will auch wissen, warum.“