In den Sozialen Medien gehen derzeit Videos mit blauen Zungen viral. Diese sind die Folge einer Einnahme von Methylenblau, denn der Farbstoff soll unter anderem als Gehirndoping und Anti-Aging-Wunder dienen. Doch es drohen gefährliche Wechselwirkungen.
Methylenblau findet bereits seit vielen Jahren nicht nur als Färbemittel Anwendung, sondern unter anderem auch in der Behandlung von Malaria-Erkrankungen oder als Beruhigungsmittel. Sogar als Mittel gegen Alzheimer war der Farbstoff schon im Gespräch, seine Wirkung in dieser Indikation konnte jedoch bisher nicht durch Studien belegt werden.
Aktuell wird Methylenblau auf Social Media-Plattformen wie TikTok zudem als „Biohack“ gehypt. So finden sich dort zahlreiche Videos mit Rezepten wie „Methylenblau Orangensaft“ oder „Methylenblau mit Zitrone“, die versprechen, dass der Farbstoff unter anderem für mehr Energie sorgt, gegen Stress hilft und als Anti-Aging-Mittel dient. Außerdem kommt Methylenblau als „Gehirndoping“ ins Spiel. Die Kombination mit Orangensaft soll dabei eine Blaufärbung von Zähnen und Mundraum vermindern.
Methylenblau – Methylthioniumchlorid – wurde erstmals Ende des 19. Jahrhunderts synthetisiert. Bei der chemischen Verbindung handelt es sich um einen tiefblauen Farbstoff, der auch im medizinischen Bereich Anwendung findet, beispielsweise als Antidot bei Vergiftungen beziehungsweise bei Methämoglobinämie. Methylenblau ist lipophil, kann die Blut-Hirn-Schranke überwinden und gilt zudem als Antioxidans, das die Bildung von Sauerstoffradikalen hemmt. Außerdem soll der Farbstoff die Mitochondrienfunktion schützen und so die Energieversorgung des Körpers verbessern.
Methylenblau ist zugelassen zur intravenösen Gabe, unter anderem bei Methämoglobinämie sowie refraktärem Schock. Als Lebens- oder Nahrungsergänzungsmittel hält es in der EU dagegen keine Zulassung. Dennoch kommt der Farbstoff seit einiger Zeit als „Biohack“ ins Spiel und die charakteristische blaue Zunge nach der Anwendung wird in den Sozialen Medien gehypt. Denn Methylenblau soll ebenfalls eine nootropische Wirkung besitzen und somit förderlich für die Gesundheit und Leistungsfähigkeit des Gehirns sein, weil Funktionen wie das Gedächtnis, Lernen, Denken und die Konzentrationsfähigkeit verbessert werden sollen.
Doch Expert:innen warnen vor der leichtfertigen Anwendung. Denn die Aufnahme von zu viel Methylenblau – ab etwa 2 mg pro Kilogramm Körpergewicht – kann unter anderem zu Symptomen wie Übelkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen, Schwindel, Kopfschmerzen und einer Blaufärbung von Haut, Schleimhäuten und Urin führen. Außerdem kann sich ein Serotoninsyndrom entwickeln, da der Farbstoff das Serotonin-abbauende Enzym Monoaminooxidase hemmt. Vor allem in Kombination mit selektiven Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmern (SSRI) ist daher Vorsicht geboten.
APOTHEKE ADHOC Debatte