Histamin: Der Botenstoff der Allergie Cynthia Wegner, 13.04.2023 15:23 Uhr
Bei einer Allergie wie Heuschnupfen laufen im Körper zahlreiche Prozesse ab. Durch verschiedene Wirkstoffe können diese unterbrochen oder verhindert werden. Eine essenzielle Rolle spielt dabei der Botenstoff Histamin.
Immer mehr Menschen leiden unter Allergien. Vor allem während der warmen Jahreszeit rückt insbesondere der Heuschnupfen in den Fokus. Er geht mit typischen Symptomen wie einer verstopften oder laufenden Nase, tränenden oder juckenden Augen sowie Husten und Atemnot einher.
Was passiert bei einer Allergie im Körper?
Ausgelöst werden die Symptome durch eine überschießende Reaktion des Immunsystems: Es reagiert auf eigentlich harmlose körperfremde Substanzen (Allergene) wie beispielsweise Pollen. Daraufhin bilden sich Abwehrstoffe gegen die vermeintlichen Feinde, da der Körper sie für schädlich hält und sie bekämpfen will. Diese IgE-Antikörper bilden sich beim Erstkontakt mit dem Allergen. Anschließend binden sie an die sogenannten Mastzellen im Körper. Diese speichern bestimmte Botenstoffe und befinden sich in besonders großen Mengen in der Haut, den Atemwegen und dem Darm. Bei Allergien vom Typ 1 – wozu auch die Pollenallergie zählt – findet dieser erste Kontakt ohne Symptome statt.
Kommt es jedoch erneut zu einer Begegnung mit dem Allergen, wird eine ganze Reihe von Vorgängen im Körper in Gang gesetzt: Das Allergen dockt an die Antikörper an und die Mastzellen setzen verschiedene Entzündungsbotenstoffe frei – darunter auch Histamin. Dadurch kommt es schließlich zu den klassischen Allergie-Symptomen.
Histamin spielt als Gewebshormon und Botenstoff somit eine wesentliche Rolle bei der Entstehung von Allergien. Es sorgt für eine Erweiterung der Blutgefäße, wodurch es zum Anschwellen von Haut und Schleimhäuten, sowie einer Rötung kommen kann. Zusätzlich sorgt es für Entzündungsreaktionen, die zu Husten und Schnupfen führen können. Außerdem werden die Bronchien verengt, was Atemnot auslösen kann.
Cromoglicinsäure rechtzeitig anwenden
Diese Abläufe muss man kennen um zu verstehen, wie verschiedene Antiallergika wirken und wo deren Grenzen liegen. So kann beispielsweise rechtzeitig eingesetzt der Wirkstoff Cromoglicinsäure helfen, allergischen Reaktionen vorzubeugen. Dabei handelt es sich um einen Mastzellstabilisator: Cromoglicinsäure unterdrückt die Ausschüttung von Histamin aus den Mastzellen, indem die Kanäle blockiert werden, über die die aktivierenden Chlor-Ionen in die Zellen strömen. Allerdings kann der Wirkstoff nur dann helfen, wenn sich die Mastzellen nicht schon geöffnet und Histamin ausgeschüttet haben – also nur dann, wenn noch kein Kontakt mit dem Allergen stattgefunden hat. Andernfalls bleibt die Verwendung wirkungslos. Die Anwendung sollte rund zwei bis vier Wochen vor dem Pollenflug begonnen werden, damit sich die schützende Wirkung entfalten kann.
Cromoglicinsäure wird zur Behandlung von Heuschnupfen nur lokal in Form von Nasensprays oder Augentropfen angewendet, da es direkt auf den betroffenen Schleimhäuten seine Wirkung entfaltet. Auch eine inhalative Anwendung ist möglich, um den Allergie-Symptomen vorzubeugen. Lediglich bei Nahrungsmittelallergien kommt es auch systemisch zum Einsatz.
Beispiele für Handelspräparate mit Cromoglicinsäure zur Behandlung von Heuschnupfen:
- Cromo-ratiopharm (Ratiopharm)
- Cromo-Stulln (Pharma Stulln)
- CromoHexal (Hexal)
- Pollicrom (Ursapharm)
- Vividrin antiallergische Augentropfen (Dr. Gerhard Mann)
Antihistaminika: Wenn die Allergie bereits im Gange ist
Sind die Symptome bereits vorhanden, sind Antihistaminika die Mittel der Wahl. Besonders beliebt sind die Wirkstoffe Cetirizin und Loratadin. Sie wirken antiallergisch, antihistamin und entzündungshemmend. Dies wird durch eine Blockade der H1-Rezeptoren erreicht. Dadurch werden die Auswirkungen von Histamin im Körper verhindert und Symptome gelindert. Im Vergleich zu älteren Antihistaminika wie Diphenhydramin oder Doxylamin, die heute nicht mehr bei Allergien eingesetzt werden, machen Cetirizin und Loratadin deutlich weniger müde.
Dennoch leiden viele Patient:innen auch unter Cetirizin- oder Loratadin-Einnahme unter starker Schläfrigkeit. Je nach Ausprägung ist der Alltag nur schwer zu bewältigen. Da Erwachsene den Wirkstoff nur einmal täglich einnehmen müssen, kann die Anwendung am Abend erfolgen, um die Nebenwirkung bestmöglich zu „verschlafen“ und über Tag fit zu sein. Um die Müdigkeit zu verringern, kann die Tagesdosis auch auf zwei gleiche Hälften aufgeteilt werden. Mittlerweile gibt es jedoch auch freiverkäufliche Präparate, die anstelle einer Mischung aus dem R- und S-Enantiomer nur Levocetirizin beziehungsweise Desloratadin enthalten und noch weniger müde machen sollen.
Grundsätzlich wird bei Antihistaminika zwischen lokalen und systemischen Darreichungsformen unterschieden: Sind vor allem Augen und/oder Nase betroffen, kann schon eine lokale Therapie mit Augentropfen und Nasenspray helfen. Oft werden diese sogar in Form von Kombipackungen angeboten. Bei übergreifenden Beschwerden oder wenn die lokale Behandlung nicht den gewünschten Effekt erzielt, können auch Tabletten oder flüssige Darreichungsformen zum Einsatz kommen.
Beispiele für Antihistaminika-Präparate zur Behandlung von Heuschnupfen:
- Cetirizin
- Cetirizin ADGC (Zentiva)
- Cetirizin AL (Aliud)
- Cetirizin Stada (Stada)
- Reactine (Johnson&Johnson)
- Cetidex (Dexcel)
- Loratadin
- Lora-ADGC (Zentiva)
- Lorano akut (Hexal)
- Loratadin 1A Pharma (1A Pharma)
- Levocetirizin
- Levocetirizin Hexal (Hexal)
- Levocetirizin 1A Pharma (1A Pharma)
- Desloratadin
- LoranoPro (Hexal)
- Deslopuren (Puren)
Allergiesymptome nicht auf die leichte Schulter nehmen
Eine Pollenallergie ist für Betroffene nicht nur nervig – unbehandelt kann sie außerdem zu Komplikationen führen. So können sich die Beschwerden beispielsweise chronifizieren oder zu Sekundärinfektionen führen, da die Schleimhäute bereits angegriffen sind. Dadurch kann die Symptomatik insgesamt noch verstärkt werden. Außerdem droht unbehandelt ein sogenannter Etagenwechsel: Dabei verlagern sich die Symptome vom Hals-Nasen-Rachen-Bereich auf Lunge und Bronchien. Die Folge kann ein allergisches Asthma sein.