PTA hilft im Slum Maria Hendrischke, 13.05.2016 15:03 Uhr
Wenn Charlotte Engl in Argentinien ist, macht sie nicht nur Urlaub. Bereits seit 2003 engagiert sich die PTA aus dem bayerischen Leutkirch bei der Hilfsorganisation „Apotheker ohne Grenzen“ (AoG). Vier Jahre lang war sie sogar im Vorstand aktiv. Besonders am Herzen liegt der Rentnerin ein Projekt im Slum von Buenos Aires.
Engl kam 2002 mit dem damaligen ersten Vorsitzenden von AoG, Ulrich Brunner, ins Gespräch. Wenige Monate später trat sie dem Verein bei. „Der heißt zwar Apotheker ohne Grenzen, aber auch PTA sind herzlich willkommen“, betont Engl. 86 PTA sind inzwischen unter den etwa 1600 Mitgliedern. Engl hofft, noch mehr Kollegen für den Verein begeistern zu können.
2006 war sie das erste Mal im Auslandseinsatz – beim AoG-Projekt in Argentinien. Dort unterstützt der Verein ein Gesundheitszentrum im Slumviertel General San Martin von Buenos Aires. Bei ihrer ersten etwa dreiwöchigen Reise hat sie die AoG-Apothekerin Dr. Carina Vetye-Maler begleitet. Die deutsch-argentinische Apothekerin hat Verwandtschaft in Buenos Aires, so dass Engl nur die Flugkosten tragen musste und bei Vetye-Malers Familie unterkommen konnte.
Im Gesundheitszentrum kontrolliert Engl beispielsweise die Verfallsdaten der vorrätigen Arzneimittel und aktualisiert die Karteikarten der Patienten. Beraten habe sie auch zweimal, aber das sei schwer gewesen: „Ich spreche zwar gut Spanisch, aber der Dialekt ist doch ungewohnt“, sagt sie. Daher unterstützt Engl die etwa sechs ehrenamtlich tätigen argentinischen Apotheker vor allem mit administrativen Tätigkeiten.
Begeistert ist Engl von der Dankbarkeit, mit der sie in Argentinien empfangen wird. „Die Leute freuen sich, dass wir uns über so lange Zeit hinweg dort engagieren“, sagt sie. Mittlerweile war sie drei Mal für AoG in Argentinien. Die Reisekosten habe sie immer selbst getragen: „Ich verbinde den Einsatz mit einem Urlaub“, erklärt Engl. Sie nehme insgesamt drei Wochen Urlaub, von denen sie dann zehn Tage im Gesundheitszentrum arbeite.
Seit April 2015 ist Engl eigentlich in Rente. Trotzdem hilft sie weiterhin in der Cornelius-Apotheke im bayerischen Dietmannsried aus. Auch vor ihrem Ruhestand konnte sie ihr Engagement mit der Arbeit in der Apotheke gut vereinbaren: „Meine Chefin stand dahinter; ich konnte sie schließlich sogar dafür gewinnen, dem Verein beizutreten.“ Da Engl für die Argentinien-Einsätze Urlaub hatte und Vorstandssitzungen an den Wochenenden waren, kollidierte ihr Ehrenamt selten mit ihrer Arbeitszeit.
Voraussetzung für einen Auslandseinsatz mit AoG seien zwei mit Fortbildungspunkten akkreditierte Schulungen, berichtet Engl. Diese dauern jeweils ein Wochenende; das erste Seminar findet bei Coburg, das zweite in Schweinfurt statt. Sie bereiten auch auf Katastrophenhilfe vor – und sind sehr praxisnah: „Wir haben in Zelten übernachtet“, berichtet Engl.
Einmal im Auslandseinsatz, unterscheiden sich die Aufgaben von PTA und Apothekern kaum: „Vielleicht übernimmt eher ein Approbierter die Bedarfsanalyse. Aber berufserfahrene PTA kennen sich mit Medikamenten meist besser aus als Jungpharmazeuten oder Industrieapotheker“, sagt Engl.
Bei der Anmeldung als Mitglied werden außerdem die Sprachkenntnisse erfragt. Das lege den Einsatz auf bestimmte Länder fest: „Für Mexiko ist Spanisch unerlässlich, auf Haiti ist Französisch wichtig“, sagt Engl. Auch auf besondere Computerkenntnisse können PTA bei der Anmeldung hinweisen: „Sie könnten dann beispielsweise an unserer Webseite mitarbeiten.“
Denn nicht jedes AoG-Mitglied strebt einen Einsatz im Ausland an. Auch Engl könnte sich nicht vorstellen, etwa nach einem Erdbeben auf den Philippinen zu helfen. „Ich würde mit den Temperaturen und der hohen Luftfeuchtigkeit nicht klarkommen. Jeder muss für sich selbst entscheiden, was er sich zutraut“, sagt sie.
Es gibt viele Möglichkeiten, für den Verein aktiv zu werden. Engl schätzt, dass sie im Durchschnitt zwei Stunden pro Woche für AoG arbeitet. „Natürlich kann es auch einmal etwas mehr werden“, sagt sie. In den vergangenen zwei Wochen habe sie je sechs Stunden in der Geschäftsstelle in München ausgeholfen, weil viele Anfragen für Spendenboxen zu bearbeiten waren. PTA, die nicht in der Nähe von München wohnten, könnten bei Apotheken in ihrer Umgebung anfragen, ob sie Spendendosen aufstellen wollten oder sich einer Regionalgruppe von AoG anschließen und dort mitarbeiten, so Engl.
Ebenfalls möglich sei es, nahe gelegene PTA-Schulen oder Pharmazieinstitute zu besuchen und da über den Verein zu informieren, sagt Engl. Für den Infostand auf der Expopharm würden ebenfalls jedes Jahr Helfer gesucht.
Engl selbst will sich nun nach dem Ausscheiden aus dem Vereinsvorstand wieder vermehrt dieser „Arbeit an der Basis“ zuwenden. „Natürlich würde ich gerne auch wieder nach Argentinien“, sagt Engl. Doch einen Auslandseinsatz habe sie für die nächste Zeit nicht geplant. „Außerdem haben wir viele junge Engagierte, ich möchte ihnen gerne den Vortritt lassen“, so Engl.