Kaum eine andere Indikation ist traditionell so stark durch pflanzliche Präparate geprägt wie der Bereich der Magen-Darm-Beschwerden. Noch heute werden Arzneipflanzen zur Behandlung von Blähungen, Krämpfen und zur Verbesserung der Verdauung eingesetzt.
Artischocke: Die Artischocke (Cynara scolimus) gehört zu den Asteraceae und stammt ursprünglich aus Nordafrika. Inzwischen wird sie vor allem im Mittelmeerraum angebaut. Schon im alten Rom war man von der angenehm bitter schmeckenden Pflanze begeistert: Die verdauungsfördernde Wirkung wurde nach den pompösen Gelagen mit viel fettreicher Nahrung gern genutzt.
Für pharmazeutische Zwecke werden die Blütenknospen und Blätter der Blattrosette verwendet. Sie werden entweder frisch verwendet oder getrocknet zu Extrakten und Presssäften verarbeitet. Die verdauungsfördernde Wirkung kommt durch die enthaltenen Flavonoide und Bitterstoffe zustande, die die Magensaftsekretion anregen. Traditionell werden Artischockenextrakte auch zur Herstellung von Magenbittern verwendet.
In der Apotheke kommen Artischockenextrakte unter anderem als Kapseln oder Tabletten für die Selbstmedikation vor. Sie werden vor allem bei Verdauungsbeschwerden sowie zum Schutz der Leberfunktion eingesetzt. Artischockenextrakte sollen außerdem den Cholesterin- und den Blutzuckerspiegel senken und die Bildung von Arteriosklerose verlangsamen. Zur Verdauungsförderung wird empfohlen, täglich sechs Gramm der getrockneten Droge beziehungsweise das Extraktäquivaalent einzunehmen.
Echter Kümmel: Die zu den Doldenblütlern gehörende Kümmelpflanze ist in Europa einheimisch. Medizinisch werden ausschließlich die Früchte der Pflanze verwendet. Sie enthalten 3 bis 7 Prozent ätherisches Öl, davon über 50 Prozent Carvon, dem die Hauptwirkungen des Kümmels zugeschrieben wird. Neben den Früchten wird vor allem reines Kümmelöl (Carvi aetheroleum) pharmazeutisch verwendet.
Schon in der Antike verwendete man Kümmel zu medizinischen Zwecken. Die wohltuende Wirkung auf den Magen wurde bereits im ersten Jahrhundert nach Christus beschrieben. Im Laufe der Jahrhunderte wurden dem Kümmel viele andere Wirkungen zugeschrieben. Als Diuretikum, bei Harnwegsinfekten oder bei Bronchitis konnte es sich aber nicht dauerhaft durchsetzen.
Seine krampflösende und antibakterielle Wirkung ist wissenschaftlich anerkannt und nachgewiesen. Daneben wirkt Kümmel appetitanregend und durchblutungsfördernd für die Magen und Darm. Das ätherische Öl aus den Kümmelfrüchten hat ausgeprägte schaumverhütende und damit entblähende Effekte. Insbesondere bei Säuglingen und Kleinkindern wird Kümmel gemeinsam mit Fenchel und Anis häufig zur Behandlung von Blähungen eingesetzt. Dafür werden die zerstoßenen Früchte als Tee aufgegossen.
Gewürznelke: Der Gewürznelkenbaum (Syzygium aromaticum) gehört in der Apotheke zu den weniger bekannten Pflanzen. Der immergrüne Baum ist vor allem in Indonesien, Madagaskar und Sansibar beheimatet. In China ist sie schon seit dem 3. Jahrhundert vor Christus als Gewürz bekannt. Mit der Zierblume Nelke ist die Gewürznelke übrigens botanisch nicht verwandt.
Die Tropenpflanze machte sich bereits im Mittelalter als Desinfektionsmittel einen Namen. Paracelsus empfahl die Nelken außerdem zur besseren Verdauung. Die Gewürznelke gilt auch heute noch als schmerzstillend, entzündungshemmend und vor allem verdauungsfördernd. Außerdem wird sie wegen ihrer antibakteriellen und der stark belebenden Wirkung geschätzt.
Arzneilich wird vor allem das ätherische Öl verwendet. Es enthält eine große Menge an antioxidativ wirkenden Phenolverbindungen. Gerbstoffe und Flavonoide regen die Darmtätigkeit an. Außer zur Verdauungsförderung wird das ätherische Öl wird entzündlichen Veränderungen der Mund- und Rachenschleimhaut verdünnt in Mundwässern und unverdünnt in der Zahnheilkunde zur lokalen Schmerzstillung eingesetzt.
Fenchel: Der Fenchel (Foeniculum vulgare) ist eng verwandt mit dem Kümmel. Beide gehören zu den Doldenblütlern und sind für das ungeübte Auge nicht leicht zu unterscheiden. Auch auch Inhaltsstoffe und Anwendungsgebiete ähneln sich. Oft werden die Früchte gemeinsam in Tees gegen Blähungen eingesetzt. Neben Darmbeschwerden sind Halsschmerzen eine Indikation für Fenche
Die Heilwirkung des Fenchels wurde schon im 9. Jahrhundert von Mönchen entdeckt. Schon die ältesten Hochkulturen wie Ägypten oder China hätten Fenchel als Gemüse und Heilpflanze geschätzt. In Deutschland sind die Wirkungen seit dem 9. Jahrhundert bekannt: Erstmals hat der Abt des Klosters Reichenau, Walahfrid Strabo, der Pflanze Heilwirkungen zugeschrieben. Mit Wein und Ziegenmilch getrunken, sollte der Fenchel Blähungen des Magens lösen, die träge Verdauung verbessern und bei Husten hilfreich sein
Medizinisch werden heute ausschließlich die Fenchelfrüchte verwendet. Ihre wirksamen Inhaltsstoffe sind im Wesentlichen das ätherische Öl Anethol und der eher bittere Stoff Fenchon. Die Wirkstoffe regen die Darmtätigkeit an und sind in höherer Konzentration krampflösend. Eine Schleimlösende Wirkung wird dem ätherischen Öl des Fenchels ebenfalls zugeschrieben.
Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) mahnt bei der Anwendung von Fenchel allerdings zu Augenmaß. Die in Fenchel enthaltenen Stoffe Estragol und Methyleugenol hätten in mehreren Versuchsreihen krebsauslösendes und erbgutschädigendes Potenzial gezeigt. Von einem Dauerkonsum rät das Institut daher ab.
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