PTA im Freilichtmuseum Alexandra Negt, 02.11.2019 13:05 Uhr
Nahe der holländischen Grenze betreibt die Gemeinde Emsbüren einen Heimatverein. Die gelernte PTA und Apothekenhelferin Hildegard Siemer ist Vorstandsmitglied und pflegt zusammen mit weiteren ehrenamtlich tätigen Frauen den zum Verein gehörenden, über 2000 Quadratmeter großen Heilpflanzengarten.
Bereits zu Ausbildungszeiten interessierte Siemer sich für die Wirkungsweise von Arzneipflanzen. Heute ist die gelernte PTA zusammen mit Annie Niehof verantwortlich für die Instandhaltung der mehr als 200 Heilpflanzen. „Da ich als PTA gerne mit Kräutern und als leidenschaftliche Hobbygärtnerin gerne mit Pflanzen arbeite, bin ich 2003 in den Vorstand des Heimatvereins gewählt worden“, erzählt Siemer.
In der Apotheke selbst hat sie nur drei Jahre gearbeitet. Siemer ist mehrfache Mutter und hatte sich damals aufgrund von fehlenden Teilzeitstellen für die Familie entschieden. „Ich habe gerne im Handverkauf gearbeitet. Die Arbeit im Labor und Rezeptur mochte ich weniger“, erinnert sich Siemer, die ihre Ausbildung an der PTA Schule in Bad Godesburg bei Bonn absolvierte.
Heute engagiert Siemer sich nebenberuflich für alle Teile des Heimatvereins: Neben dem Heilkräutergarten gibt es im Freilichtmuseum das große Bauernhaus, das Backhaus und die Schmiede. „In der Schmiede werden jedes Jahr für alle Erstkomunionskinder in Zusammenarbeit mit den Eltern kleine Kreuze angefertigt, alles ehrenamtlich", betont Siemer. Alle Gebäude sind über 300 Jahre alt. Der Heimatverein wurde 1974 auf dem sogenannten „Galgenberg“, einer ehemaligen Hinrichtungsstätte, gegründet. Ziel ist es bis heute, die alten Gebäude in Stand zu halten und damalige Sitten und Brauchtümer an interessierte Gäste zu vermitteln.
Herzstück des Museums ist seit 2002 der Heilkräutergarten. Siemer betont die besondere Aufteilung des Gartens: „Der Garten ist nach Krankheiten eingeteilt, das findet sich nicht häufig.“ Es gibt 14 verschiedene Indikationsgebiete: Verdauung, Giftpflanzen, Atemwege, Haut/Haare/Augen, Teekräuter und Badezusätze, Schwäche und Mangelerscheinungen, Herz/Blutkreislauf, Nerven/Emotionen, Frauenheilkunde, Galle/Leber, Färberpflanzen, Niere/Harnwege, Rheumatische Erkrankungen sowie Duftpflanzen.
„Selbst bei der Randbepflanzung haben wir Bäume und Sträucher mit medizinischer Verwendung eingesetzt. So haben wir eine Weidenhecke, eine Schlehenhecke und eine Randbegrenzung mit Weißdorn“, berichtet Siemer. „Die Verwendungsmöglichkeiten vieler Pflanzen ist in Vergessenheit geraten, so zum Beispiel beim Heilziest. Früher wurde die Pflanze getrocknet und als Tee getrunken, heute ist sie nur noch eine Zierpflanze.“ Dieses Wissen kann Siemer den Gästen im Rahmen von Führungen neu vermitteln.
Der Heilkräutergarten hat von Mai bis September Saison und kann jeden dritten Sonntag im Monat in der Zeit von 14 bis 18 Uhr besucht werden. Der Eintritt beträgt 2,50 Euro. Das Hauptaugenmerk des Vereins liegt auf Gruppen, so können sich Interessierte für eine anderthalbstündige Führung bei Siemer oder einer ihrer Kolleginnen anmelden. „Insgesamt sind wir vier Frauen, die die Rundgänge machen. Zur Pflege des Gartens sind wir zu Sechst.“ In den Sommermonaten treffen sich die Frauen zweimal pro Woche für ungefähr drei Stunden und vollrichten anfallende Arbeiten: „Jetzt im Oktober haben wir den Garten winterfest gemacht und viele Gräser und andere sich stark ausäende Pflanzen zurückgeschnitten.“
Der Verein lädt im Rahmen der Führungen regelmäßig zu Kaffee und Kuchen ein. Im funktionstüchtigen Ofen des Backhauses können sechs große Bleche Butterkuchen, für den die Region bekannt ist, gebacken werden. Zuletzt wurde der Ofen Mitte September zum Denkmaltag genutzt. Gleichzeitig feierten die Emsbürener an diesem Tag das 1200-jährige Bestehen ihrer Gemeinde.
Der Garten ist ein reiner Schaugarten, die angepflanzten Kräuter werden nicht für medizinische Zwecke weiterverarbeitet. „Für eine Verarbeitung ist der Bestand pro Pflanze einfach nicht ausreichend. Zudem lassen die historischen Räumlichkeiten der Fachwerkhäuser keine Workshops zu“, erklärt Siemer. Dennoch vermittelt sie ihr Fachwissen nun bereits über 15 Jahre mit Begeisterung weiter: „Am meisten interessieren sich Besucher für Hausmittel von früher. Gerne erzähle ich von Hustensaft, der aus einfachen Zwiebeln gewonnen werden kann.“
Ganz neu ist das sogenannte Bienenparadies. Nachdem eine große Fläche mit dem Buchsbaumpilz befallen war, entschied sich Siemer zusammen mit den restlichen Vorstandsmitgliedern für eine Nutzungsänderung der Fläche. Gepflanzt wurden viele Stauden und blütenreiche Pflanzen, sodass eine große Blühfläche für Bienen, Hummeln und Schmetterlinge entstand.