Die Anzahl von Hautcheck-Apps wächst: Sie versprechen schnelle, sichere Diagnosen und wollen so der Terminknappheit beim Dermatologen trotzen. Die Apps empfehlen oft dennoch einen Arztbesuch, um Fehldiagnosen zu vermeiden. Der Experte des Berufsverband der Deutschen Dermatologen (BVDD), Dr. Ralph von Kiedrowski, steht den Anwendungen kritisch gegenüber.
Eine unklare Hautveränderung tritt auf: Ist das etwa Hautkrebs? Um Unsicherheiten aus der Welt zu schaffen ist eine zeitnahe Diagnose unentbehrlich. Zwischen dem Zeitpunkt der Entdeckung und dem Diagnose-Termin in der Hautarztpraxis können aber oft Wochen vergehen. Abhilfe sollen hier so genannte Hautcheck-Apps schaffen. Einige von ihnen werden bereits von der gesetzlichen Krankenkasse erstattet. Dabei werden Fotos der Hautanomalie aus unterschiedlichen Betrachtungswinkeln mit dem Smartphone gemacht und in die App hochgeladen. Wenige Stunden später kommt dann die Diagnose: Enweder von einer Dermatologin oder von einer Künstlichen Intelligenz (KI), je nach Anwendung.
„Wir sehen die Beurteilung allein per Hautcheck-App von neu aufgetretenen oder veränderten Muttermalen – also denjenigen Hautveränderungen, die in der Regel die meisten Sorgen wegen schwarzem Hautkrebs bereiten – sehr kritisch“, warnt von Kiedrowski. Studien konnten bereits aufzeigen, dass eine Vor-Ort-Untersuchung der telemedizinischen Diagnose überlegen ist. „In der Praxis können wir den ganzen Patienten berücksichtigen und auch Rückfragen stellen, außerdem steht uns die Auflichtmikroskopie zur Verfügung“, so der Experte.
Die S2k-Leitlinie „Teledermatologie“ vom BVDD und der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG) besagt, dass bei Verdacht auf hellen oder schwarzen Hautkrebs, die Erstdiagnose mit Hilfe teledermatologischer Befunde zwar möglich ist. Dies gilt jedoch nur, wenn die Befunde eindeutig sind. Außerdem müssen alle wichtigen zusätzlichen Informationen gesammelt werden können. Die Diagnose sollte nicht ausschließlich auf KI-Lösungen basieren. „KI bei der Diagnose von Hautkrebs ist sicherlich ein Thema in der nahen Zukunft. Momentan ist KI jedoch noch kein Facharztstandard“, betont von Kiedrowski.
Diagnose-Apps haben schon heute Auswirkungen auf die Arbeit in der dermatologischen Niederlassung. „So stellt sich die Frage, ob eine von einer App ausgewiesene Dringlichkeit beachtet werden muss oder ob der Patient nicht doch erst nach Wochen einbestellt werden kann“, so von Kiedrowski. Es sei sehr wichtig, dass Patientinnen und Patienten, die Hautdiagnose-Apps mit KI nutzen, auch professionelle Hilfe bekommen, wenn sie diese brauchen. „Denn ein Befund, der nicht weiterführt, ist ein großes Problem“, stellt der BVDD-Präsident klar.
Der BVDD spricht sich darüber hinaus klar gegen App-Geschäftsmodelle, die Rosinenpickerei betreiben, aus. Damit gemeint sind Hautcheck-Apps, bei der marginale Fälle gegen eine privat zu zahlende Gebühr rasch geklärt werden. Unklare oder schwierige Fälle aber werden in die schlechter vergütete Regelversorgung geschoben. „Hier müssen faire Lösungen gefunden werden, um die Lücke zwischen digitaler und analoger Versorgung schließen zu können“, fordert der Experte.
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