PTA-Versteher Patrick Hollstein, 16.09.2017 09:11 Uhr
Ein Alleinstellungsmerkmal braucht jeder, auch und gerade als Generikahersteller. Ratiopharm hat seine Billiglinie AbZ reanimiert und komplett auf die PTA ausgerichtet. Bei der Expopharm präsentierte Andreas Bais mit seinem Team das neue Konzept. Und irgendwie wird man das Gefühl nicht los, dass der OTC-Mann der größte PTA-Versteher auf der ganzen Messe ist.
Am AbZ-Stand führt kein Weg vorbei. Er ist so pink, dass es fast schon weh tut. Wenn man auf der Messe ankommt, fällt man regelrecht hinein. Wenn einen das Team – zu erkennen an den pinken Turnschuhen – nicht schon abgefangen und unter pinke Kopfhörer gesteckt oder zum Eintragen in den Newsletter an die pinke Konsole gelotst hat. Und beim Verlassen bekommt man einen pinken Smoothie und pinke Broschüren mit auf den Weg.
Bais verteilt und akquiriert kräftig mit, er wäre der beste Wahlkampfhelfer. Was er präsentieren kann, ist das Ergebnis von zwölf Monaten Aufbauarbeit. Neue Produkte, neues Packungsdesign, neue Promotions. So pretty in pink wie der Stand soll auch die Ansprache sein: Via Facebook, Website, Newsletter, App und Mailing sollen PTA angesprochen und zu Fans der Marke gemacht werden.
Im Generikabereich ist AbZ schon heute die Nummer 3 nach Packungen. Aber wenn die PTA einem preisbewussten Kunden in der Selbstmedikation etwas Gutes tun will, soll sie sich eben auch an die Marke mit den drei Buchstaben erinnern. „Wir wollen nicht in Konkurenz mit Marken wie Ratiopharm gehen“, sagt Bais. „Aber wenn dann ein Kunde kommt und ein Billiggenerikum will, soll die PTA an uns denken.“ AbZ statt ADGC, so der Gedanke.
Ein Dutzend Wirkstoffe umfasst die Produktpalette bislang, nun sollen stetig neue dazu kommen. Damit auch der Chef mitspielt, gibt es gute Konditionen. Drei Mengenstaffeln sind vorgesehen, ab 1000 Euro pro Jahr gibt es einen Aufschlag obendrauf. Sparpreise mit Stücknutzen, lautet die Devise. Einen eigenen Außendienst gibt es nicht, bestellt werden kann per Post, Fax oder Telefon. Ab 2018 soll es außerdem einen Webshop geben, in dem zusätzliche Rabatte angeboten werden.
Die Resonanz auf das neue Konzept wurde im vergangenen November sowie im April im Rahmen von Workshops mit PTA und PKA in Berlin und Frankfurt getestet. Auch in Zukunft soll ein Beirat dem Hersteller helfen, das Ohr ganz nah an der Zielgruppe zu haben.
AbZ war 1993 von einer Apothekerin aus Freiburg gegründet worden und mit dem Versprechen „… preiswerter ist keines!“ angetreten. Ob die Merckle-Gruppe als Eigentümerin von Ratiopharm von Anfang an hinter der Firma stand, lässt sich heute nicht mehr rekonstruieren. 1997 wurde AbZ jedenfalls in den Konzern aufgenommen – als Flankenschutz im Niedrigpreisbereich.
Mit rund 3,5 Millionen verkauften Packungen pro Jahr liegt AbZ heute im OTC-Bereich auf dem Niveau der kleineren sogenannten A-Firmen wie Heumann und Betapharm; selbst KSK kommt mit seinem Cetirizin auf diese Größenordnung. Zum Vergleich: Im Rx-Bereich kommt AbZ auf 40 Millionen Verordnungen. Bis zu den führenden Billiglinien ist im OTC-Bereich der Abstand noch gewaltig: 1A Pharma kommt mit nicht verschreibungspflichtigen Medikamenten auf rund 18 Millionen Einheiten – und damit knapp auf die Hälfte von Hexal. Aliud ist mit 26 Millionen Packungen sogar fast genauso groß wie Stada. AbZ kommt nicht einmal auf 5 Prozent des Absatzes von Ratiopharm. Der Trend ist ungebrochen, sowohl 1A als auch Stada wachsen stärker als der Markt und als ihre Konzernschwestern.