FSME: Wenn Zecken die Hirnhaut infizieren Cynthia Möthrath, 29.06.2022 11:44 Uhr
Mit den sommerlichen Temperaturen rücken auch Zecken wieder auf den Plan, die verschiedene Erkrankungen übertragen können. Neben der Borreliose ist vor allem die Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) gefürchtet. Gegen letztere kann eine entsprechende Schutzimpfung helfen, die vor allem in Risikogebieten oder bei Reisen in selbige empfohlen wird.
Zeckenbisse sind nicht nur unangenehm – sie können auch gefährlich sein. Die Prävention ist daher neben der Entfernung von Zecken ein wichtiges Element. Einige Regionen Deutschlands gelten als Risikogebiet für FSME:
- Bayern (komplett)
- Baden-Württemberg (komplett)
- südliche Teile von Sachsen, Hessen und Thüringen
- Teile von Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und dem Saarland
- Landkreise in Brandenburg und NRW
Übertragung von FSME
Seit 2001 werden FSME-Erkrankungen erfasst. In Deutschland schwanken sie zwischen 200 und rund 700 Fällen pro Jahr. Im Jahr 2020 waren die gemeldeten Fälle so hoch wie nie. Die Übertragung der FSME-Viren erfolgt durch den Zeckenbiss. Sehr selten wird auch über Infektionen durch den Genuss von Rohmilch von Ziegen, Schafen oder Kühen berichtet. Direkt von Mensch zu Mensch kann das Virus jedoch nicht weitergegeben werden.
Info: Eine weitere mögliche Erkrankung, die durch Zecken übertragen werden kann, ist Borreliose. Die Borrelien befinden sich im Verdauungstrakt der Parasiten und werden beim Saugakt auf den Menschen übertragen. Infektionen mit den Bakterien bleiben häufig unbemerkt und können zu schweren Spätschäden führen.
Wie verläuft die Erkrankung?
Nicht immer muss der Stich einer FSME-infizierten Zecke zu Symptomen führen – der Großteil der Menschen bleibt beschwerdefrei. Dennoch kommt es bei einigen rund ein bis zwei Wochen nach dem Biss zu grippeähnlichen Symptomen wie Fieber, Kopfschmerzen, Schwindel und Erbrechen.
In den meisten Fällen klingen die Symptome nach einigen Tagen von selbst wieder ab. Bei manchen kommt es jedoch nach einer weiteren Woche zu Beschwerden des zentralen Nervensystems, welche durch eine Infektion des Gehirns, der Hirnhäute oder des Rückenmarks verursacht werden. Dadurch können die folgenden Beschwerden entstehen:
- Fieber
- Kopfschmerzen
- Übelkeit und Erbrechen
- Lähmungen in Armen und Beinen
- Schluckstörungen
- Sprechstörungen
- Benommenheit und Schläfrigkeit
- Atemnot durch Lähmung der Atemmuskulatur
Selbst in diesem Stadium kann eine folgenlose Heilung erfolgen. In seltenen Fällen kann es jedoch zu bleibenden Schäden kommen – in wenigen Fällen führt die Erkrankung zum Tod. Vor allem Erwachsene und ältere Menschen sind von schweren Erkrankungsverläufen betroffen. Behandelt wird die Erkrankung rein symptomatisch, eine spezielle Therapie gibt es nicht.
Eine Übersicht zur Zeckenberatung als Download gibt es hier.
Was empfiehlt die Stiko?
Die Stiko empfiehlt die Prävention mithilfe einer Schutzimpfung. Bei Aufenthalt in den betroffenen Regionen sollte auf einen ausreichenden Impfschutz geachtet werden – das gilt auch für Kurzurlaube in den Regionen. Empfohlen wird die Impfung für alle, die sich in einem FSME-Risikogebiet aufhalten oder dort wohnen. Für die Grundimmunisierung sind drei Impfungen notwendig. Eine erste Auffrischimpfung wird nach drei Jahren empfohlen. Die nachfolgenden Auffrischungen sind alle fünf Jahre erforderlich.
Wichtig: Nach jedem Zeckenbiss sollte auch der Tetanus-Impfstatus überprüft und gegebenenfalls aufgefrischt werden!
Schnellschema: Wenn die Impfung kurzfristig gebraucht wird
Erfolgt die Reise in ein Risikogebiet kurzfristig, kann das konventionelle Impfschema oft nicht eingehalten werden, um einen entsprechenden Schutz aufzubauen. In diesen Fällen besteht die Möglichkeit, nach einem Schnellschema zu impfen: Je nach Impfstoff sind zwei bis drei Impfungen nötig – so kann bereits nach einigen Wochen ein Impfschutz erreicht werden. Ist ein schnelleres Impfschema nötig, sollte dies mit dem Arzt/der Ärztin besprochen werden.
- konventionelles Impfschema: Tag 0 – 1 bis 3 Monate – 5 bis 12 Monate
Ein Impfschutz besteht ab etwa 14 Tagen nach der zweiten Impfung. - verkürztes Impfschema: Tag 0 – Tag 14 – 5 bis 12 Monate
Ein Impfschutz besteht ab etwa 14 Tagen nach der zweiten Impfung. - Schnellschema: Tag 0 – Tag 7 – Tag 21
Am Tag 21 besteht ein Impfschutz. Auffrischung bereits nach 12 bis 18 Monaten empfohlen.
FSME-Impfung für Kinder?
Da sich vor allem die Kleinsten viel in der Natur aufhalten, sorgen sich Eltern bei ihnen besonders. Allerdings verlaufen Infektionen bei Kindern und Jugendlichen deutlich schwächer als bei Erwachsenen. Zwar können Kinder theoretisch ab einem Alter von zwölf Monaten gegen FSME geimpft werden, allerdings führt die Verabreichung bei Kindern unter drei Jahren häufig zu einer Fieberreaktion. Gemeinsam mit dem Kinderarzt/der Kinderärztin sollte daher individuell – auch in Abhängigkeit vom Risikogebiet – besprochen werden, ob und wann das Kind gegen FSME geimpft wird.
Prävention durch Repellentien
Vorsorge ist bekanntlich besser als Nachsorge – daher ist die Prävention besonders wichtig: Repellentien können helfen Zecken und andere Insekten abzuwehren. Zum Einsatz kommen Substanzen wie Icaridin in hoher Dosierung. Um sich Zecken vom Leib zu halten, reicht es mitunter nicht aus, das Mückenabwehrspray zu benutzen. Denn Zecken lassen sich weniger leicht abschütteln.
Die Dauer der Schutzleistung gegen Zecken unterscheidet sich meist um 40 Prozent von der Dauer der Schutzleistung gegen Mücken. So wehren die meisten Produkte die krabbelnden Blutsauger nur für 4 bis 5 Stunden ab, während Mücken bis zu 8 Stunden vertrieben werden können. Wer sich gegen Mücken und Zecken schützen will, kann also auf ein Spray gegen Zecken zurückgreifen. Für Kleinkinder sind die Produkte nicht oder nur bedingt geeignet. Pflanzliche Alternativen setzen auf die Wirkung von ätherischen Ölen wie Geraniol und Citriodiol.
Kleidung als Schutzschild
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Kleidung: Beim Aufenthalt in der Natur sollte dünne lange Kleidung gewählt werden, sodass möglichst viel der Körperoberfläche bedeckt ist. Die Hosenbeine sollten in die Socken steckt werden, da vor allem die Knöchel häufig frei liegen und eine ideale Bissstelle bieten. Nach dem Aufenthalt im Freien sollte der gesamte Körper auf Zecken abgesucht werden.
Die richtige Zecken-Entfernung
Wird eine Zecke entdeckt, sollte diese möglichst schnell entfernt werden. Dabei müssen einige Aspekte beachtet werden:
- spezielle Hilfsmittel wie Zeckenzange oder Zeckenkarte verwenden
- keine flachen Pinzetten verwenden, welche die Zecke zerquetschen könnten
- besser: feine, spitze Pinzetten
- Zecke direkt über der Haut packen
- mit gleichmäßigem Zug gerade herausziehen
- Zecke nicht stark drehen oder quetschen
- nicht mit vermeintlichen Hausmitteln wie Öl, Seife oder Zahnpasta experimentieren
- Bissstelle nach dem Entfernen desinfizieren und mehrere Wochen beobachten
Besonders „beliebt“ sind die folgenden Stellen:
- Genitalbereich
- Innenseite der Oberschenkel
- Kniekehle und Armbeugen
- Bauchnabel
- Hautfalten z.B. unter den Brüsten
- Achselhöhlen
- Schultern
- Hals und Nacken
- Kopfhaut und Haaransatz
- Ohrmuscheln und hinter den Ohren