Fresh-up: Selen APOTHEKE ADHOC, 30.10.2017 12:19 Uhr
Im menschlichen Körper befinden sich nur 5 bis 15 mg Selen und doch ist das Spurenelement von großer Bedeutung und für viele Prozesse unverzichtbar. Der Körper kann Selen nicht selbst herstellen und ist daher auf die Zufuhr durch die Nahrung angewiesen. Wo steckt das Spurenelement drin und warum ist es für den Menschen so wichtig?
Selen ist Bestandteil sogenannter Selenoproteine; ohne Selen könnten bestimmte Enzyme ihre Funktion nicht mehr ausüben. Dazu zählen die Steuerung des Energiestoffwechsels und des Wachstums. Außerdem schützt Selen vor oxidativem Stress und freien Radikalen. Selen trägt zu einer normalen Funktion der Schilddrüse bei und unterstützt das Immunsystem. Von großer Bedeutung ist das Spurenelement auch für den Mann, denn fehlt es, sind die Spermienbildung beeinträchtigt und die Fortpflanzung in Gefahr.
Wir müssen also Selen mit der Nahrung zu uns nehmen, dabei hängt die Aufnahme von der Bindung ab – Selen kann organisch an ein Protein oder anorganisch an ein Mineral gebunden vorliegen. Grundsätzlich können organische Verbindungen wie Selenmethionin aus Hefen und pflanzlichen Lebensmitteln oder Selencystein aus tierischen Lebensmitteln gut aufgenommen werden. Dabei ist Selen aus pflanzlichen Produkten besser verwertbar als aus tierischen Lebensmitteln. Anorganische Verbindungen wie Selenit spielen in der Natur eher eine geringe Rolle, werden aber als Nahrungsergänzungs- oder Arzneimittel angeboten.
Gespeichert wird Selen als Selenmethionin. Hohe Konzentrationen sind in Leber, Niere und Muskulatur zu finden. Bei Bedarf kann der Speicher mobilisiert und in die biologisch aktive Form Selenocystein umgewandelt werden. Tierische Quellen bieten meist einen konstanten Gehalt des Spurenelements. Dazu zählen Fleisch, Eier, Milch und Fisch. Der Gehalt in pflanzlichen Lebensmitteln unterliegt Schwankungen. Ein Parameter ist der Ackerboden. In Europa sind die Böden eher selenarm, in Nordamerika reichhaltiger. Quellen sind Paranuss, Brokkoli und Blumenkohl, Zwiebel, Pilze und Spargel.
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung hat für Frauen, eingeschlossen Schwangere, einen täglichen Bedarf von 60 µg und für Männer von 70 µg festgelegt. Stillenden wird mit 75 µg ein erhöhter Bedarf zugesprochen. Von einem Mangel sprechen die Experten, wenn weniger als 80 µg/l Blut nachzuweisen sind. Eine Unterversorgung kann verschiedene Ursachen haben: unzureichende Zufuhr durch einseitige Ernährung oder Essstörungen, verstärkter Verlust durch chronische Durchfälle oder Nierenerkrankungen, vor allem verbunden mit einer Dialyse, oder eine mangelnde Verwertung, wie sie bei einer Malabsorption und chronisch entzündlichen Darmerkrankungen auftreten kann. Selen aus der Nahrung wird im Duodenum aktiv durch einen Natrium-abhängigen Aminosäuretransporter in die Zellen des Dünndarmepithels aufgenommen.
Ein Mangel geht mit einer eingeschränkten Funktion der selenhaltigen Enzyme einher. Nicht immer ist ein Mangel eindeutig zu erkennen, denn die Symptome sind nicht immer direkt wahrnehmbar und spezifisch. Möglich sind erhöhte Infektanfälligkeit, Schilddrüsenunterfunktion, weiße Flecken auf den Nägeln, schuppige Haut oder dünnes Haar.
Kann eine ausgewogene Ernährung einen Mangel nicht ausgleichen, können Nahrungsergänzungs- und Arzneimittel eingenommen werden. Pro Tag sollten jedoch Erwachsene laut der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) nicht mehr als 300 µg substituieren. Im Falle einer Überdosierung, einer sogenannten Selenose, können Müdigkeit, Haarausfall, Muskelschmerzen oder ein knoblauchartiger Geruch auftreten. Problematisch werden tägliche Mengen von mehr als 900 µg.
Extra zugeführt wird Selen bei Schilddrüsenerkrankungen, HIV, Dialyse oder auch zur Verbesserung der Nebenwirkungen im Rahmen einer Chemotherapie. Dem Spurenelement werden immunmodulierende, antioxidative und antientzündliche Eigenschaften zugesprochen. Patienten mit der Autoimmunerkrankung Hashimoto können durch den antioxidativen Schutz von Zellen und Gewebe von der Substitution profitieren. Mit der Einnahme ist eine Absenkung der Antikörper und eine Verbesserung der Augensymptomatik dokumentiert worden.
Substitute können Natriumselenit enthalten. Die anorganische Verbindung ist in verschiedenen Stärken erhältlich. Cefasel beispielsweise ist in 50 µg apothekenpflichtig und zu 100 und 300 µg verschreibungspflichtig. Cefasel nutri ist als Nahrungsergänzungsmittel (NEM) eingestuft und als Tablette zu 50, 100 und 200 µg erhältlich – als Mikropellets zu 100 µg. Selen Loges NE, Selenase (Biosyn) oder Selen Forte Syxyl sind ebenfalls als Natriumselenit in unterschiedlichen Stärken erhältlich.
Selenase kann zudem zu Lasten der Kassen abgerechnet werden, wenn der Arzt einen Selenmangel feststellt, der durch normale Ernährung nicht zu beheben ist. Selenpäparate sind mit einem Gehalt von mehr als 70 µg als Tagesdosis erstattungsfähig. Verwender sollten zu Natriumselenit einen Abstand zu Vitamin C von einer Stunde halten, da sonst die Aufnahme verringert sein kann.