Arten, Folgen, Therapie

Fresh-Up: Schwindel Alexandra Negt, 27.07.2022 14:52 Uhr

Schwindel kommt meist plötzlich und unangekündigt. Oftmals steckt dahinter jedoch keine ernstzunehmende Erkrankung. Foto: Tunatura/Shutterstock.com
Berlin - 

Oft kommt er plötzlich und ohne Vorwarnung: Schwindel kann ganz schön furchteinflößend sein. Vor allem dann, wenn er immer wieder auftritt. Nicht selten haben Betroffene einen langen Weg hinter sich, bevor sie eine passende Diagnose erhalten. Denn nur mit dieser kann auch eine wirksame Therapie gefunden werden. In der Not greifen viele zu Hausmittelchen. Doch was hilft wirklich, wenn die Welt sich dreht?

Schwindel ist ein Symptom und keine eigenständige Krankheit. Dem drehenden und schwankenden Gefühl liegen unterschiedliche Ursachen zugrunde. Vor allem ältere Kund:innen leiden oft unter Schwindel, der sich in sehr unterschiedlichen Arten zeigen kann und je nach Ursache auch verschieden behandelt werden muss.

Beratungstipp 1:
Patient:innen sollen ihre Symptome genau beobachten. Je genauer diese beschrieben werden können, desto schneller findet sich die genaue Diagnose. Gegebenenfalls sollte Tagebuch geführt werden.

Arten des Schwindels

Es wird zwischen verschiedenen Schwindelformen unterschieden – Dreh-, Lift-, Lagerungs- und Schwankschwindel.

  • Drehschwindel
    • Bei Drehschwindel unterscheidet man zwischen plötzlich auftretendem und anhaltendem Drehschwindel. Tritt der Drehschwindel plötzlich auf, so sollte an Morbus Menière gedacht werden. Der Schwindel ist meist mit einer starken Falltendenz behaftet. Das ist vor allem für ältere Patient:innen aufgrund der Bruchgefahr riskant. Während den Anfällen, die Minuten bis Stunden anhalten können, kann es zur ausgeprägten Übelkeit kommen. Viele Betroffene lehnen jegliche Nahrungs- und Getränkeaufnahme während des Anfalls ab. Bei Morbus Menière kommt es aufgrund einer verstärkten Bildung von Lymphflüssigkeit im Innenohr zu einem Flüssigkeitsstau und in der Folge zu einem Überdruck im Organ. Neben einer temporären Schwerhörigkeit kann es auch zu Tinnitus, Schweißausbrüchen, Übelkeit und Erbrechen, Druck auf dem erkrankten Ohr und Augenzuckungen kommen.
    • Besteht der Schwindel über mehrere Tage fort und tritt gemeinsam mit einem allgemeinen Krankheitsgefühl auf, so sollte an eine Entzündung des Gleichgewichtsnervs – dem Nervus vestibularis – gedacht werden. Behandelt werden die Beschwerden mit Antivertiginosa wie Dimenhydrinat. Auch Cortison kann helfen. Die Beschwerden bestehen auch in Ruhe und wenn der/die Pagient:in liegt.

  • Lagerungsschwindel

    • Lagerungsschwindel kann für die Betroffenen oftmals sehr nervenraubend sein. Denn der gutartige Lagerungsschwindel tritt immer dann auf, wenn – wie der Name schon sagt – die Lage geändert wird. Dabei reicht es bei einigen Patient:innen schon aus, wenn sie sich nachts im Bett umdrehen. Aber: Hinter den lästigen Symptomen steckt keine ernstzunehmende Krankheit. Abgekürzt wird die Erkrankung häufig mit BPL – Benigner Paroxysmaler Lagerungsschwindel. Schweißausbrüche, Angst, Übelkeit und Erbrechen können sich zu den meist nur kurz anhaltenden Attacken dazu gesellen. Nach Sekunden oder Minuten ist der Spuk dann wieder vorbei. Hinter dem Schwindel steckt die sogenannte Canalolithiasis. Eine Ablösung von Otolithen – Calzitsteinchen. Hohes Lebensalter ist der Hauptrisikofaktor für das Entstehen der losen Kristalle. Eine medikamentöse Therapie ist oft nicht hilfreich, oder auch kontraindiziert. Betroffene profitieren eher von spezifischen Lagerungsübungen.

  • Schwankschwindel

    • Schwankschwindel führt in vielen Fällen zu einer starken Gangunsicherheit und geht deshalb mit einer erhöhten Fallneigung einher. Diese entsteht, da die Umgebung hin und her zu schwanken scheint. Er tritt häufig als Begleiterscheinung von anderen Krankheiten auf. So tritt er beispielsweise bei Läsionen des Kleinhirns oder Hirnstamms auf.

  • Liftschwindel

    • Beim Liftschwindel liegt meist eine Störung des Gleichgewichtsorgans im Kleinhirn oder des Hirnstammes vor. Betroffene fühlen sich wie in einem anfahrenden Fahrstuhl.

Beratungstipp 2:
Auch Arzneimittel können ungewollt Schwindel auslösen. Hierunter beispielsweise Blutdrucksenker (Schleifendiuretika), Psychopharmaka, Parkinsonmedikamente und Schmerzmittel. Die Medikation des/der Patient:in sollte gecheckt werden.

Mögliche Therapieoptionen

Einigen Betroffenen hilft die spontane Einnahme von Antihistaminika. Einen wirklich zuverlässigen und dauerhaften Effekt haben sie allerdings nicht. So kann beispielsweise das Kombinationsmittel Alrevert (Dimenhydrinat/Cinnarizin, Hennig). Der Calciumkanalblocker Cinnarizin kann die periphere Durchblutung an Gefäßen positiv beeinflussen. Viele Patienten bevorzugen bei leichten Beschwerden auch pflanzliche Alternativen wie Ginkgo zur besseren Durchblutung des Gehirns oder Ingwer gegen Übelkeit. Auch Homöopathika wie Vertigoheel können unterstützend eingenommen werden. 
Neben der medikamentösen Behandlung kann oft gezielte Krankengymnastik helfen, den Gleichgewichtssinn zu trainieren.

Beratungstipp 3:
Entwarnung geben. Oftmals vermuten Betroffene eine ernstzunehmende Erkrankung hinter neu auftretendem Schwindel. Sicherlich sollten die Symptome vom Arzt/von der Ärztin abgeklärt werden, aber in den meisten Fällen steckt hinter einmalig auftretende, Schwidel keine schwere Krankheit. Bei ungutem Gefühl oder unklarer Symptomatik sollte nach weiteren Symptomen gefragt werden, denn: Schwindel kann – gemeinsam mit anderen Symptomen – ein Anzeichen eines stillen Herzinfarktes sein. Apothekenmitarbeiter:innen sollten sensibilisiert sein und Symptome erkennen.

Übrigens: Ein Hörgerät kann nicht nur bei Schwerhörigkeit helfen. Bei einigen Patient:innen bessern sich auch die Schwindelsymptome durch das Tragen eines Hörgerätes.