Der Einsatz des gelbblühenden Johanniskrauts bei leichten depressiven Verstimmungen ist unumstritten. Die Heilpflanze wird jedoch nicht nur innerlich aufgrund seiner stimmungsaufhellenden Eigenschaft genutzt. Das Rotöl wird auch äußerlich zur Narbenpflege angewendet. Was steckt drin im Hypericum und auf welche Wechselwirkungen ist zu achten? Ein Steckbrief der Arzneipflanze des Jahres 2015.
Hypericum perforatum ist am Wegesrand zu finden und steht von Juni bis September in goldgelber Blüte. Wer jedoch die Blütenblätter zwischen den Fingern zerdrückt, setzt eine rote Flüssigkeit frei, die früher zum Färben verwendet wurde. Heute wird das Kraut arzneilich genutzt. Blätter, Blüten und Stengel enthalten die wirksamen Bestandteile. Die roten Farbstoffe, die Naphthodianthrone Hypericin und Pseudohypericin, sind zu 0,1 bis 0,3 Prozent enthalten. Außerdem enthalten sind das Phloroglucinderivat Hyperforin, die Flavonoide Hyperosid und Rutosid sowie ätherisches Öl.
Johanniskraut und seine Zubereitungen besitzen antidepressive, angstlösende und stimmungsaufhellende Eigenschaften. Innerlich können die Präparate bei innerer Unruhe, Ängstlichkeit, Ein- und Durchschlafstörungen sowie Stimmungsschwankungen bis zur Behandlung von leichten bis mittelschweren depressiven Verstimmungen eingesetzt werden. Empfohlen ist eine Dosierung von 900 mg pro Tag. Betroffene können die Dosis einmal täglich einnehmen. Unterschiedlich hoch dosierte Präparate sind sowohl als apothekenpflichtige Arzneimittel als auch freiverkäuflich in der Drogerie zu finden. Die Wirkung baut sich zu Beginn der Behandlung auf und erreicht nach etwa 14 Tagen ihr Optimum. Patienten sollten über den verzögerten Wirkeintritt informiert werden, um einen vorzeitigen Therapieabbruch zu vermeiden.
Die antidepressiven, angstlösenden und stimmungsaufhellenden Eigenschaften der Pflanze können auf Hyperforin zurückgeführt werden. Der Inhaltsstoff soll die Wiederaufnahme bestimmter Botenstoffe wie Serotonin und Noradrenalin in die präsynaptische Nervenzelle hemmen und deren Abbau verhindern. Somit wirkt das pflanzliche Präparat wie ein synthetisches Antidepressivum und erhöht die Konzentration an Neurotransmittern im synaptischen Spalt. Außerdem wird eine Hemmung der Monoaminooxidase für den Gesamtextrakt in Betracht gezogen.
Johanniskraut ist ein Induktor von CYP450, geht zahlreiche Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln ein und sollte mit folgenden Wirkstoffen daher nicht kombiniert werden:
- Immunsuppressiva: Ciclosporin, Tacrolimus, Sirolimus
- HIV-Medikamente: Proteinase-Inhibitoren (PI) und Nicht-Nukelosidische-Reverse-Transkriptase-Inhibitoren (NNRTI)
- Zytostatika: Imatinib, Irinotecan
- Antikoagulatien: Phenprocoumon, Warfarin.
Wechselwirkungen sind ebenfalls bei der Kombination mit trizyklischen und anderen Antidepressiva möglich. Vor allem bei Serotonin-Wiederaufnahmehemmern (SRI und SSRI) besteht die Gefahr eines Serotonin-Syndroms. Auch für die gleichzeitige Gabe von Digitoxin, Methadon und hormonellen Kontrazeptiva werden Wechselwirkungen beschrieben. Probleme mit der Empfängnisverhütung durch die Pille sind möglich, da Johanneskraut Zwischenblutungen verursachen kann.
Die Einnahme von Johanniskraut geht mit einer zunehmenden Photosensibilisierung einher und kann zu sonnenbrandähnlichen Symptomen führen. Vor allem hellhäutige Patienten werden lichtempfindlicher, zurückzuführen ist die Photosensibilität auf Hypericin. Ausgedehnte Sonnenbäder oder das Solarium sollten während der Behandlung vermieden werden. Weitere Nebenwirkungen wie Magen-Darm-Beschwerden, Schwitzen oder Kopfschmerzen sind möglich.
Äußerlich wird das Rotöl zur Haut- und Narbenpflege, in früheren Zeiten wurde es zur Wundheilung eingesetzt. Flavonoide und Hyperforin sollen hautpflegende, entzündungshemmende und antibakterielle Eigenschaften besitzen. Die im Öl enthaltenen Gerbstoffe sollen eine adstringierende Wirkung haben. Rotöl wird als Haut- und Funktionsöl zur Haut- und Narbenpflege einmasiert und soll das Schießen von wildem Fleisch verhindern. Die Erwärmung des rubinroten Öls auf etwa 40 Grad soll dessen Wirkung verstärken. Johanniskraut wird als Arzneipflanze mit Potential beschrieben und seit mehr als 2000 Jahren arzneilich genutzt.
APOTHEKE ADHOC Debatte