Fresh-up: Cortisol Deniz Cicek-Görkem, 14.05.2018 12:09 Uhr
Umgangssprachlich werden Medikamente mit Cortisolwirkung häufig als „Cortison“ bezeichnet. Patienten hören dieses Wort nicht gerne, da sie oftmals schwere Nebenwirkungen damit assoziieren. Was hat es mit dem Steroidhormon auf sich und welche unerwünschten Arzneimittelwirkungen können auftreten? Ein Überblick.
Cortisol, auch Hydrocortison genannt, ist ein Stresshormon, das in der Nebennierenrinde über Progesteron aus Cholesterol synthetisiert wird. Das Hormon aktiviert katabole Stoffwechselvorgänge, so kann dem Organismus Energie in Form von Glucose zur Verfügung gestellt werden. Zudem ist es am Wachstum beteiligt und beeinflusst im metabolischen Gleichgewicht den Kohlenhydrat-, Eiweiß- und Fettstoffwechsel. Weiterhin hat Cortisol immunologische Effekte. Es beeinflusst unter anderem die Produktion und Verteilung von Leukozyten, Erythrozyten und Thrombozyten. Auch wirkt es immunsuppressiv. Deshalb kann es therapeutisch zur Eindämmung von Entzündungsreaktionen im Körper verwendet werden.
Das Glucocorticoid ist für Menschen lebensnotwendig und unterliegt einer circadianen Rhythmik. Es wird pulsatil und damit in mehreren Schüben pro Tag freigesetzt. Die höchste Konzentration findet sich am Morgen, am Abend und in der Nacht ist der Cortisolspiegel niedrig. Ein Mangel des Hormons kann im Rahmen einer Nebennierenrindeninsuffizienz auftreten und muss zwingend medikamentös behandelt werden. Bei einer Überproduktion hingegen kann es zum Morbus Cushing kommen. Diese Krankheit ist gekennzeichnet durch ein rundes Mondgesicht, Stammfettsucht, Gewichtszunahme, verringerte Muskelmasse und Osteoporose, arterielle Hypertonie, Störungen des Kohlenhydratstoffwechsels sowie Impotenz.
Die Wirkungen des Cortisols werden auch therapeutisch genutzt. Es kann sowohl lokal in Form von Cremes und Salben, als auch systemisch angewendet werden. Die topisch angewendeten Darreichungsformen sind als OTC-Präparate erhältlich, manche sind rezeptpflichtig. Zu den apothekenpflichtigen Mitteln gehören beispielsweise Soventol (Medice) und Fenihydrocort (GSK). In der Selbstmedikation für die äußerliche Behandlung von allergischen, entzündlichen und juckenden Hauterkrankungen stehen Stärken mit 0,25 Prozent bis maximal 50 Gramm sowie 0,5 Prozent Hydrocortison bis 30 Gramm zur Verfügung. Alles, was darüber hinausgeht, erfordert eine ärztliche Verschreibung.
Dermatika sollten kurzzeitig und dünn aufgetragen werden, Patienten sollten sich an die empfohlene Dosierung halten, da es zu einer Epidermisatrophie kommen kann. Das Auftreten von Nebenwirkungen bei Dermatika mit Cortisol oder Derivaten ist im Wesentlichen abhängig von der Hautbeschaffenheit, dem Applikationsmodus und -ort sowie der Anwendungsdauer. Bei kurzfristiger Applikation sind in der Regel keine typischen Cortisol-Nebenwirkungen zu befürchten. Bei Patienten mit dermatologische Erkrankungen, die mittels Topika nicht ausreichend behandelt werden können, wird als nächster Schritt die Tabletteneinnahme in Erwägung gezogen.
Durch chemische Veränderungen am Cortisol-Molekül werden Glucocorticoide entwickelt, die sich hinsichtlich der Affinität am Glucocorticoid-Rezeptor, der Bioverfügbarkeit als auch der biologischen Halbwertzeit (HWZ) deutlich unterscheiden. Zum Beispiel hat Prednisolon eine kurze HWZ, während Triamcinolonacetonid mittellang- und Dexamethason langwirksam sind. Bei allen systemisch angewendeten Glucocorticoiden besteht eine dosisabhängige Korrelation zwischen den Wirkungen. Die Wirkstoffe unterscheiden sich lediglich in der Rezeptoraffinität, dem -bindungsverhalten sowie der Pharmakokinetik.
Systemische „Cortisone“ finden weiterhin unter anderem bei rheumatologischen, pneumonologischen und gastroenterologischen Krankheitsbildern Verwendung, aber auch bei Hörsturz. Im Allgemeinen wird die gesamte Tagesdosis frühmorgens zwischen 6 und 8 Uhr eingenommen, nach ärztlicher Anordnung kann die Menge auch auf den Tag verteilt werden. Die Therapie startet in der Regel mit einer ausreichend hohen Dosierung, um möglichst schnell eine Wirkung zu erzielen. Im Laufe der Behandlung wird die Dosis ausschleichend reduziert. Eine zu schnelle Dosisreduktion kann beispielsweise zu einem Wiederaufflammen der Entzündung führen.
Mögliche Nebenwirkungen von Glucocorticoiden bei längerfristiger Einnahme sind Gewichtszunahme, Hypertonie, Schlafstörungen, Hypertonie, Hyperglykämie, Hypercholesterolämie, Osteoporose, erhöhtes Risiko für Infektionen, ein erhöhtes Thromboserisiko, Katarakt, Glaukom, Wachstumsstörungen bei Kindern, Magengeschwüre und das Morbus Cushing. Manche Effekte treten nur vorübergehend während der Einnahme auf, andere können von Dauer sein. Wichtig ist zudem, dass nicht jeder Wirkstoff alle Nebenwirkungen auslöst.