Fresh-up: Benzodiazepine Deniz Cicek-Görkem, 30.04.2018 11:48 Uhr
Millionen Menschen in Deutschland leiden an anhaltenden Schlafstörungen, die die Lebensqualität beeinträchtigen. Dazu zählen Ein- und Durchschlafstörungen, Früherwachen und Schlafunterbrechungen. Wenn Schlafhygiene und Verhaltenstherapie die Beschwerden nicht lindern, können Arzneimittel zum Einsatz kommen. Neben apothekenpflichtigen Substanzen wie Doxylamin und Diphenhydramin finden auch verschreibungspflichtige Medikamente wie Benzodiazepine Verwendung. Ein Überblick.
Der gemeinsame Wirkmechanismus der zahlreichen eingesetzten Benzodiazepine besteht in der Bindung an eine modulatorische Stelle am GABA-A-Rezeptor. Liganden sind nicht nur Benzodiazepine, sondern auch strukturell andere Medikamente wie Zolpidem, die jedoch an andere Regionen des Rezeptors binden. Die Bindung an den Rezeptor führt zu einer verstärkten Wirkung des Neurotransmitters GABA (Gamma-Aminobuttersäure). Dadurch nimmt die Öffnungswahrscheinlichkeit der mit den GABA-A-Rezeptoren verbundenen Chloridkanäle zu und der Einstrom der Chlorid-Ionen in die Nervenzelle wird verstärkt. Folge ist eine Hyperpolarisation der Zellmembran und damit eine geringe Erregbarkeit der Neuronenmembran.
Benzodiazepine haben eine dosisabhängige Wirkung: Niedrige Dosen wirken anxiolytisch, höhere Dosen muskelrelaxierend und hypnotisch und sehr hohe Dosen werden zur Unterdrückung eines Status epilepticus eingesetzt. Die Wirkung kann durch Flumazenil aufgehoben werden. Allerdings muss dieser Antagonist intravenös gegeben werden, da er bei oraler Gabe weitgehend von der Leber abgebaut wird.
Die Substanzen haben eine unterschiedliche Wirkdauer, die im Allgemeinen auf unterschiedliche Halbwertzeiten zurückzuführen sind. Kurzwirksame Benzodiazepine wie beispielsweise Lormetazepam und Midazolam werden zur Verkürzung der Schlaflatenz und damit bei Einschlafstörungen eingesetzt, während länger wirksame Benzodiazepine wie Bromazepam und Lorazepam bei Durchschlafstörungen Verwendung finden.
Die Dosierung und Dauer der Anwendung müssen an die individuelle Reaktionslage, das Indikationsgebiet und die Schwere der Krankheit angepasst werden. Grundsätzlich sollte die Dosis so klein und die Dauer der Behandlung so kurz wie möglich gehalten werden. Bei regelmäßiger Einnahme besteht die Gefahr einer ausgeprägten Sucht. Bereits nach einer kurzen Behandlungsdauer von wenigen Tagen mit täglicher Einnahme können nach dem Absetzen der Therapie Entzugserscheinungen auftreten.
Zu den weitere Symptomen gehören sind beispielsweise Kopfschmerzen, Depression, Verwirrtheit, Reizbarkeit, Realitätsverlust, Krämpfe, Zittern, Palpitationen, Tachykardie und Panikattacken. Die Gefahr von Entzugserscheinungen steigt mit der Einnahmedauer und der Dosis. Durch eine allmähliche Dosisverringerung lassen sich diese Erscheinungen meist vermeiden.
Benzodiazepine sollten nicht zusammen mit Alkohol oder anderen ZNS-wirksamen Arzneimitteln eingenommen werden, da es bei gleichzeitiger Gabe zu einer Atemdepression kommen kann. Der Patient sollte darauf hingewiesen werden, dass diese Schlafmittel die Reaktionszeit beeinträchtigen und damit zu einer Fahruntüchtigkeit führen. Die gleichzeitige Anwendung von Benzodiazepinen und Opioiden kann zu Sedierung, Atemdepression, Koma und Tod führen. Aufgrund dieser Risiken ist die gemeinsame Verordnung von Opioiden und Benzodiazepinen nur bei den Patienten angebracht, für die keine geeigneten alternativen Behandlungsoptionen zur Verfügung stehen.