Fresh-up: Kopfschmerzen Nadine Tröbitscher, 27.07.2017 13:56 Uhr
Es gibt über 200 Kopfschmerzarten, die als Folge anderer Krankheiten oder ohne bekannte Ursache auftreten können. Fast jeder hat schon einmal eine Kopfschmerzattacke erlebt und hofft auf Hilfe und kompetente Beratung in der Apotheke. Die Palette an Präparaten für die Selbstmedikation ist groß – es bedarf vieler Fragen, das passende Mittel für den Kunden zu finden, zumal die Einnahme mit Risiken und Nebenwirkungen verbunden sein kann. W-Fragen, Arzneistoffe und Zusatzempfehlungen – ein Fresh-up.
Primärer oder sekundärer Kopfschmerz? Grundlegend wird in zwei große Kopfschmerzgruppen unterteilt. Den primären Schmerzen liegt keine andere Erkrankung zugrunde. Dazu zählen beispielsweise Migräne sowie Spannungs- und Clusterkopfschmerz. Die Kategorie betrifft mit etwa 90 Prozent den Großteil der Patienten. Sekundärer Kopfschmerz kann die Folge oder das Begleitsymptom einer anderen Erkrankung sein. Dies kann zum Beispiel der Fall sein, wenn Schäden der Halswirbelsäule, der Augen oder Zähne sowie Gehirntumore oder Entzündungen im Gehirn vorliegen. So vielfältig die Kopfschmerzarten sind, so unterschiedlich können auch die Symptome sein.
Wer das passende Mittel für den Patienten finden will, muss viele Fragen stellen. Hier einige Beispiele: Seit wann besteht der Schmerz und wie lange dauern die Beschwerden üblicherweise an? Wie oft und in welchen Abständen treten Symptome auf? Wie äußert sich der Schmerz? – Dabei sollten Kunden den Schmerz genau beschreiben, an welcher Stelle tritt er auf, einseitig oder beidseitig? Ist er stechend, pulsierend oder drückend? Wodurch erfährt der Betroffene eine Verbesserung oder Verschlechterung der Symptome? Bestehen möglicherweise Begleitsymptome wie Übelkeit, Lichtempfindlichkeit, Fieber oder Lähmungen? Welche Arzneimittel werden eingenommen?
Sind die Schmerzen beidseitig und werden als drückend beschrieben, kann es sich um einen Spannungskopfschmerz handeln. Pulsierende einseitige Schmerzen, die sich bei körperlicher Betätigung verschlechtern und zudem eine Aura aufweisen, lassen auf eine mögliche Migräneattacke schließen. Kopfschmerzen können aber auch Nebenwirkungen von Medikamenten wie Nitraten oder hormonellen oralen Kontrazeptiva sein. Ein Dauergebrauch von Schmerzmitteln kann ebenfalls zu einem Arzneimittel-induzierten-Kopfschmerz führen. Dies kann der Fall sein, wenn Betroffene mehr als zehn Tage pro Monat über einen Zeitraum von drei Monaten Schmerztabletten einnehmen.
Wer häufig unter Kopfschmerzen leidet, sollte einen Arzt aufsuchen und der Entstehung auf den Grund gehen. Betroffene sollten ein Kopfschmerztagebuch führen, indem sie Symptome, Begleiterscheinungen, Intensität, Dauer und Medikation notieren und dem Arzt vorlegen können. Auf jeden Fall zum Arzt sollten Kunden, die im Alter von mehr als 40 Jahren zum ersten Mal unter Kopfschmerzen leiden, Lähmungserscheinungen, Fieber oder Schwindel begleitend auftreten oder es zu einem Gedächtnis- oder Orientierungsverlust kommt.
Wer hin und wieder unter Kopfschmerzen leidet, kann zu verschiedenen Präparaten greifen. Zur Wahl stehen in der Selbstmedikation beispielsweise Mono- oder Kombinationspräparate. Verwendete Wirkstoffe können Paracetamol, Acetylsalicylsäure (ASS), Ibuprofen oder Phenazon sein.
Paracetamol kann bei leichten bis mäßigen Schmerzen eingesetzt werden. Erwachsene nehmen als maximale Einzeldosis 1000 mg ein, am Tag sollte die Einnahme 4000 mg nicht überschreiten. Der Wirkstoff ist auch für Kinder geeignet, dosiert wird nach Gewicht. Die Einzeldosis sollte bei 10 bis 15 mg/kg Körpergewicht liegen, am Tag sollten 60 mg/kg Körpergewicht nicht überschritten werden. Vorsicht ist bei Patienten mit Leber- und Nierenfunktionsstörungen geboten. Im Handel sind Zäpfchen, Tabletten oder Saft als Monopräparat. Im Rahmen der Selbstmedikation ist auch die Kombination mit ASS und Coffein erhältlich. Paracetamol plus Codein unterliegt der Verschreibungspflicht.
Die nicht-steroidalen-Antirheumatika (NSAR) Ibuprofen und ASS sind wie Paracetamol schmerzlindernd und antipyretisch aber zudem auch entzündungshemmend und können auch bei mittelstarken Schmerzen eingesetzt werden. ASS hat außerdem eine hemmende Wirkung auf die Blutgerinnung, deshalb ist besondere Vorsicht bei Patienten geboten, die Antikoagulantien wie Phenprocoumon einnehmen. Hier liegt eine Kontraindikation vor. Patienten sollten auf Paracetamol ausweichen und dabei die zulässige Tageshöchstdosis von 2000 mg nicht überschreiten.
Nehmen Patienten ASS zur Blutverdünnung ein und wollen in der Selbstmedikation ein Ibuprofen-Präparat anwenden, muss auf einen zeitlichen Einnahmeabstand geachtet werden. Beide NSAR hemmen die Cyclooxygenase-1 (COX-1). Wird Ibuprofen zeitlich vor ASS eingenommen, besetzt es die Rezeptoren, an die auch der blutverdünnende Wirkstoff andocken würde. In der Folge bleibt die Hemmung der Thrombozytenaggregation aus oder kann vermindert sein. Ibuprofen sollte daher zwei Stunden nach der ASS-Gabe eingenommen werden.
Anders sieht bei der Kombination von niedrig dosiertem ASS zur Blutgerinnungshemmung und ASS in der höheren Dosierung gegen Schmerzen aus. Hier ist eine Kombination möglich, denn „das niedrig dosierte ASS hemmt die Thrombozytenaggregation bereits zu fast 100 Prozent, sodass eine zusätzliche Einnahme des Wirkstoffs zur Behandlung von Schmerzen keine Gefahr einer zu starken Gerinnungshemmung birgt“, so Bayer.
Verlangen Kunden nach Ibuprofen ist bei Asthmatikern (auch bei ASS) und Patienten, die mit Blutdruck senkenden Präparaten behandelt werden ebenfalls Vorsicht geboten. Denn das NSAR kann die Wirkung herabsetzen, kann auf kein anderes Schmerzmittel ausgewichen werden, muss in Rücksprache mit dem Arzt bei längerem Gebrauch das Blutdruckmittel in seiner Dosierung angepasst werden. Die Kombination aus Ibuprofen und Coffein könnte bald erstmals einen Platz in der Sichtwahl finden, denn das Duo wurde erst kürzlich aus der Verschreibungspflicht entlassen.
Migränepatienten können auf Triptane zurückgreifen. Die Arzneimittel wirken gefäßverengend und unterbinden die Freisetzung von Schmerz- und Entzündungsmediatoren. Nicht geeignet sind Triptane für Patienten, die älter als 65 Jahre sind. Patienten mit Bluthochdruck, Durchblutungsstörungen oder koronarer Herzkrankheit dürfen die Medikamente, wenn überhaupt, nur in Rücksprache mit dem Arzt anwenden. Triptane sollten nur abgegeben werden, wenn der Patient vom Arzt eine Migräne diagnostiziert bekommen hat. Bei einem „normalen Kopfschmerz“ ist die Stoffgruppe wirkungslos. Innerhalb von 24 Stunden, dürfen beispielsweise bei Naratriptan 5 mg nicht mehr als zwei Tabletten eingenommen werden.
Kopfschmerzgeplagte sollten auf eine ausreichende Trinkmenge achten, empfohlen sind 1,5 Liter pro Tag. Wer die Beschwerden alternativ behandeln will, kann homöopathische Präparate mit Gelsemium anwenden. Wer ein Minzöl auf die Schläfen aufträgt, kann sich ebenfalls Linderung verschaffen. Kunden sollte im Rahmen der Selbstmedikation Schmerzmittel nur maximal an drei aufeinander folgenden Tagen und nicht häufiger als zehn Tage pro Monat einnehmen.