Übernimmt ein Arbeitgeber die Kosten für die Fortbildung eines Mitarbeiters, kann er diesen nicht pauschal zur Rückzahlung im Falle einer Kündigung verpflichten. Das hat das Bundesarbeitsgericht entschieden.
Eine Reha-Klinik aus Bayern hatte mit einer angestellten Altenpflegerin vereinbart, die Kosten für die Fortbildung zum „Fachtherapeut Wunde ICW“ in Höhe von 4000 Euro zu übernehmen. Die Angestellte verpflichtete sich in einem eigens abgeschlossenen Fortbildungsvertrag, das Arbeitsverhältnis nach dem Ende der Fortbildung für mindestens sechs Monate fortzusetzen. Für den Fall einer nicht vom Arbeitgeber zu vertretenden Kündigung sollte sie die Kosten zurückerstatten, abhängig von der noch offenen Restlaufzeit.
Drei Monate nach erfolgreicher Beendigung des 18-tägigen Kurses kündigte die Mitarbeiterin, die Klinik forderte den noch anteiligen Restbetrag sowie den Lohn der bezahlten Freistellung zurück. Doch sowohl das Arbeitsgericht Würzburg als auch das Landesarbeitsgericht Nürnberg entscheiden zugunsten der Arbeitnehmerin. Auch die Revision blieb erfolglos: Die Rückzahlungsklausel führe zu einer unangemessenen Benachteiligung und sei deshalb unwirksam.
Laut Bundesarbeitsgericht ist es nicht zulässig, die Rückzahlungspflicht pauschal an das Ausscheiden aufgrund einer Eigenkündigung des Arbeitnehmers innerhalb der vereinbarten Bindungsfrist zu knüpfen. „Vielmehr muss nach dem Grund des vorzeitigen Ausscheidens differenziert werden.“ Denkbar seien nämlich Fälle, in denen der Arbeitnehmer kündigen müsse, weil er ohne eigenes Verschulden dauerhaft nicht mehr in der Lage, die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen.
Der „arbeitsvertraglich vorgesehene Leistungsaustausch“ sei dann ohnehin nicht mehr möglich – unabhängig von der Kündigung könne der Arbeitgeber die Qualifikation seines Mitarbeiters dann nicht mehr nutzen. „An dem Fortbestehen eines nicht mehr erfüllbaren und damit ‚sinnentleerten‘ Arbeitsverhältnisses besteht in der Regel kein billigenswertes Interesse. Der Umstand, dass sich die Investition in die Fortbildung eines Arbeitnehmers aufgrund unverschuldeter dauerhafter Leistungsunfähigkeit für ihn nicht amortisiert, ist dem unternehmerischen Risiko zuzurechnen.“
Da entsprechende Zahlungsverpflichtungen das Grundrecht auf freie Wahl des Arbeitsplatzes einschränken, müssen sie laut Urteil einem „begründeten und billigenswerten Interesse des Arbeitgebers“ entsprechen und den möglichen Nachteilen für den Arbeitnehmer ein „angemessener Ausgleich“ gegenüberstehen, etwa in Form einer Gegenleistung für die Rückzahlungsverpflichtung. „Insgesamt muss die Erstattungspflicht – auch dem Umfang nach – dem Arbeitnehmer nach Treu und Glauben zumutbar sein. Ist dies nicht der Fall, verbleibt es dabei, dass Verluste, die eintreten, weil Investitionen in die Aus- und Weiterbildung des Arbeitnehmers nachträglich wertlos werden, grundsätzlich der Arbeitgeber als Betriebsausgaben zu tragen hat.“
Will ein Arbeitgeber also den Arbeitnehmer an den Kosten einer der Ausbildung beteiligen, wenn dieser vor Ablauf bestimmter Fristen aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet, so muss er bestimmte Fälle ausschließen, in denen der Arbeitnehmer „wegen unverschuldeter Leistungsunfähigkeit die durch die Fortbildung erworbene oder aufrechterhaltene Qualifikation in dem mit dem Verwender der Klausel bestehenden Arbeitsverhältnis nicht (mehr) nutzen kann“.
Im Zweifelsfall muss dann der Arbeitnehmer substantiiert vortragen, dass er durch „unverschuldete Gründe in seiner Person“ zur Kündigung veranlasst wurde. Nur wenn der Arbeitgeber das nicht widerlegen kann, kann er die Ausgaben dann tatsächlich nicht zurückfordern.
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