In der Rezeptur werden an verschiedenen Stellen Fertigarzneimittel eingesetzt. In einigen Fällen gehört das Runterdosieren des Fertigarzneimittels für den/die herstellende PTA zum Alltag, in anderen Fällen kommt es durch das Mischen der Präparate mit anderen Ausgangsstoffen zu zahlreichen Fragen und ab und an auch zu unlösbaren Problemen.
Kapseln werden häufig aus Fertigarzneimitteln hergestellt. Hier stellt sich gar nicht die Frage, ob Tabletten gemörsert und mit Füllstoff versetzt in niedriger Dosierung in Kapseln eingefüllt werden dürfen. Denn zumeist handelt es sich um Rezepturen aus dem pädiatrischen Bereich – die erhältlichen Fertigarzneimittel sind für die Babys und Kinder schlichtweg zu hoch dosiert, sodass ein Runterdosieren unerlässlich ist.
Bei anderen Darreichungsformen sieht es anderes aus. Relativ häufig erhalten Apotheken Verordnungen über Dermatika, die in der Zusammensetzung ein oder sogar mehrere Fertigarzneimittel enthalten. Dabei können diese wirkstofffrei sein (beispielsweise Grundlagen wie Linola Creme Dr. Wolff oder Asche Basis Salbe, Chiesi) oder Wirkstoffe enthalten (zum Beispiel Betagalen, Galen oder Tannolact, Galderma). Folgende Probleme können bei der Herstellung auftreten:
Ein weiterer Punkt, auf den der/die PTA bei der Verarbeitung von Fertigarzneimitteln achten müssen ist die Einhaltung der therapeutischen Konzentration. Als Beispiel kann hier das Verdünnen einer Fertigarzneimittel-Creme mit Cortison genannt werden. Sollen wirkstoffhaltige Creme und wirkstofffreie Grundlage 50:50 gemischt werden, kann es schnell zu Unterdosierungen kommen. Bei Rezepturen außerhalb des rezeptierbaren Bereichs sollte Rücksprache mit dem Arzt/der Ärztin gehalten werden. Verdünnungsrezepturen können aber auch mit Penetrationsbeschleunigern wie Harnstoff oder Propylenglycol versetzt sein, sodass die endgültige Konzentration des Wirkstoffes hinsichtlich der Dosierung nur schwer beurteilt werden kann.
Das Mischen von Emulsiontypen ergibt eigentlich keinen Sinn, eine Phasenbrechung kann unnötig provoziert werden. Nicht selten ist die Wahl der „falschen“ Grundlage keine Absicht seitens des Arztes/der Ärztin, sondern reines Versehen. Denn nicht immer informiert sich der/die Dermatolog:in darüber, welchen Emulsiontyp das zu verarbeitende Fertigarzneimittel aufweist. Eigentlich wird der Emulsiontyp nach Hautbild des erkrankten Areals ausgesucht:
W/O
Reichhaltigere Grundlagen, die Wasser in der Hornschicht halten können. Je nachdem, wie hoch der Lipidanteil ist, kann es zu Okklusionseffekten kommen. Diese sind beispielsweise bei Verbrennungen oder infizierten Wunden nicht gewünscht. Allgemein ziehen diese Grundlagen schlechter ein. Viele Kund:innen mögen die fettigeren Cremes weniger gerne, da der Rückstand als störend empfungen wird.
O/W
Diese „leichteren“ Grundlagen enthalten mehr Wasser und können – je nach genauer Zusammensetzung – kühlend oder gar austrocknend wirken. Bei normaler oder fettiger Haut sollten vornehmlich O/W-Emulsionen angewendet werden. Zur langfristigen Versorgung trockener Haut sind O/W-Emulsionen eher ungeeignet.
W/O – O/W: Problem bei gleichzeitiger Verarbeitung
Durch das Mischen verschiedener Emulsionstypen treffen verschiedene Emulgatoren aufeinander. An der Grenze zwischen Öl und Wasser kann es dann zur Phasentrennung kommen – die fertige Zubereitung verliert Wasser. Oftmals wird dieser Effekt nicht direkt sichtbar, sondern erst nach einer Zeit. Teilweise zeigt sich die Phasenauftrennung so stark, dass Wasser aus der Drehdosierkruke ausläuft. Das Mischen kann auch Auswirkungen auf die Wirkstoffverteilung in der fertigen Zubereitung haben. Das ist vor allem dann der Fall, wenn ein wirkstoffhaltiges Fertigarzneimittel mit einer Grundlage eines anderen Emulsionstypes „gestreckt“ werden soll.
Je mehr Bestandteile eine Rezeptur enthält desto mehr Wechselwirkungen kann es zwischen den einzelnen Inhaltsstoffen geben. Dabei sollten PTA nicht nur auf die Wirkstoffe achten, sondern auch auf Hilfsstoffe. Am besten sollten für Rezepturen auf Basis von Fertigarzneimitteln experimentell gesicherte Daten zur physikalischen und chemischen Qualität und Stabilität seitens des Herstellers vorgelegt werden können. In der Apotheke wird häufig die Haltbarkeit heruntergesetzt, wenn die potenziellen Wechselwirkungen zu unübersichtlich werden. Eine bessere Alternative: Oftmals ist das Fertigarzneimittel nicht zwingend für die Herstellung notwendig, da der enthaltene Wirkstoff auch als Ausgangssubstanz erhältlich ist. Der/die PTA kann dem Arzt/ der Ärztin vorschlagen gänzlich auf das Fertigarzneimittel zu verzichten. Das alleinige Begrenzen der Haltbarkeit ist keine gute Option, da einige Wechselwirkungen binnen weniger Tage zu Qualitätseinbußen in der Rezeptur führen können.
Die Begrenzung der Haltbarkeit kann in einigen Fällen Sinn ergeben. Das „blinde“ Einschränken der Verwendbarkeitsfrist führt jedoch auch nicht zum Ziel, da es in einigen Fällen innerhalb von weniger als einer Woche zu erheblichen Qualitätseinschränkungen bei der Rezeptur kommen kann. Das wohl bekannteste Beispiel ist die Einarbeitung von Erythromycin in eine Grundlage mit falschen pH-Bereich. So beginnt die Zersetzung der Substanz bei pH-Werten unter 6 innerhalb von ein bis drei Stunden.
Durch das Mischen von verschiedenen Fertigarzneimitteln untereinander oder von Fertigarzneimitteln mit anderen Grundlagen kann die eigentliche Indikation geändert werden. Deshalb müssen sich Apotheken im Rahmen der Plausibilitätsprüfung immer fragen, ob die Indikation für die Verordnung noch gegeben ist. Als Beispiel lassen sich hier Dermatika nennen: Oftmals werden Wirkstoffe in Grundlagen eingearbeitet, die eigentlich oral eingenommen werden. Zu nennen sind hier unter anderem Ambroxol, Clonidin und Amitriptylin. Wird ein Fertigarzneimittel (Tablette, Kapsel) zerkleinert und zu einer Creme verarbeitet, so handelt es sich bei der Verschreibung um einen Off-Label-Use des Fertigarzneimittels. Dermale Rezepturen mit Wirkstoffen, die eigentlich oral eingenommen werden, werden häufig von Kliniken verschrieben. Beim erstmaligen Erhalt solch einer Rezeptur lohnt sich die Rücksprache mit den Klinikärzt:innen.
Übrigens: Der Einsatz von nicht zulassungspflichtigen Arzneimitteln – hierzu gehören Rezepturen – zählt nicht als Off-Label-Use. Hinsichtlich der Kostenübernahme durch die Krankenkasse werden diese Fälle jedoch vergleichbar behandelt.
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