Fantaschalen

Kampf gegen Melamin Dr. Kerstin Neumann, 23.05.2016 14:26 Uhr

Berlin - 

Strahlend weiß und sehr stabil – die Fantaschalen aus Melaminharz sind in vielen Apotheken traditionell fester Bestandteil der Rezeptur-Ausstattung. Seitdem die Arbeitsgemeinschaft deutscher Pharmazieräte (APD) jedoch von der Anwendung der Melamin-Schalen abrät, wird über die Verwendung diskutiert.

Die Herstellung von Salben und Cremes gehört in der Rezeptur zum täglichen Geschäft. Eines der am meisten verwendeten Geräte ist dabei die Fantaschale, in der Salben, Pulver und Cremes zur individuellen Verwendung hergestellt werden.

Im Oktober 2014 wurde eine Resolution der APD veröffentlicht. Die Forderung der Pharmazieräte: weg mit den weißen Fantaschalen. Sie bergen Gefahren, da das Melaminharz verschiedene Arzneistoffe ad- und desorbiere. Unter anderem sind davon Dithranol, Rifampicin oder Steinkohleteer betroffen. Außerdem seien die Schalen nicht stabil gegen Säure- und Hitzeeinfluss. Die APD empfiehlt daher, die alten Fantaschalen durch solche aus Glas oder Edelstahl zu ersetzen.

Das Problem der Fantaschalen aus Melamin ist vor allem die Farbe. In den meisten Fällen sind es weiße Cremes oder Salben, die in Fantaschalen zubereitet werden. Optische Veränderungen sind nur schwer erkennbar. Dadurch könnten Stoffe, die für den menschlichen Körper gefährlich sein können, unbemerkt in die Arzneizubereitung übertreten. Die Folge können Allergien oder andere Hautreaktionen sein.

Edelstahl-Fantaschalen sind für einen solchen Fall von Vorteil: Es ist deutlich besser erkennbar, ob die hergestellten Salben Agglomerate bilden. Außerdem verfärben sie nicht so schnell wie die Melamin-Schalen, die nach längerer Anwendung oft unschöne dunkle Verfärbungen aufweisen. Edelstahl ist aber nicht beständig gegen stark oxidierende Säuren. Relevant für die Rezeptur sind dabei vor allem Aluminiumchlorid-Hexahydrat und Trichloressigsäure.

Glasschalen haben den Vorteil, dass sie keinerlei andere Stoffe adsorbieren. Verunreinigungen durch sogenannte Kreuzkontamination kann man vollständig ausschließen – das Problem der Melamin-Fantaschalen besteht hier nicht. Allerdings berichten Apotheker auch, dass die Glasgeräte viel häufiger zu Bruch gehen als die plastikartigen Schalen aus Harz – der Mehraufwand an Kosten sei nicht zu unterschätzen, berichten Apotheker.

Nach der Veröffentlichung der neuen Empfehlungen haben viele Apotheken reagiert und die alten Schalen entsorgt. Bei der Anschaffung neuer Geräte aus Glas kam es allerdings teilweise zu Problemen: Der Andrang war so groß, dass einige Hersteller die Nachfrage nicht bewältigen konnten. Es dauerte mehrere Wochen, bis die alten Fantaschalen ausgetauscht werden konnten.

Nicht alle PTAs und Apotheker sind mit der Umstellung glücklich. Einige fühlen sich durch die Pharmazieräte bevormundet; es gebe schließlich keine Berichte über konkrete Probleme bei Patienten. Außerdem hängt bei der einen oder anderen Kollegin das Herz an den weißen Schalen: Ein Apotheker berichtet, dass in der Rezeptur plötzlich wieder eigentlich aussortierte Fantaschalen aufgetaucht sind.

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