Bewerbungsgespräche

PTA: Eine Person. Ein Job. Zwei Gehälter.

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Berlin -

Iris, 51 Jahre alt, hat sich als PTA in einer Apotheke beworben. Das Vorstellungsgespräch lief gut. Dennoch versucht sie es noch einmal – diesmal als Mann namens Dirk. Das Ergebnis: In allen sechs Apotheken, in denen Iris und Dirk vorstellig wurden, wurde dem Mann ein höheres Gehalt angeboten. Das ergab ein Experiment der Organisation Terre des Femmes, die sich für Frauenrechte einsetzt. Dabei fiel der Gehaltsunterschied bei der PTA allerdings bei Weitem nicht so deutlich wie bei den Bewerbern der anderen Branchen aus.

Drei Transgender-Personen bewerben sich mit derselben Qualifikation für denselben Job – jeweils einmal als Frau, einmal als Mann. Das Ergebnis: In jedem Fall wird der sich als Frau bewerbenden Person weniger Gehalt geboten, zum Teil deutlich weniger. Mit diesem Experiment will Terre des Femmes darauf aufmerksam machen, dass Frauen für die gleiche Arbeit häufig weniger Lohn bekommen als ihre männlichen Kollegen.

Die Organisation hat dafür drei Personen in Bewerbungsgespräche geschickt, die Vorbereitungen begleitet und die Gespräche mit versteckter Kamera filmen lassen. Der Clou: Alle drei bewarben sich einmal als Mann und einmal als Frau um die gleiche Stelle. Iris stellte sich auch als Dirk vor, Oliver auch als Olivia und Leni trat einmal als Anna-Lena und einmal als Leo auf.

Alle drei seien keine Schauspieler und in beiden Geschlechterrollen authentisch und echt, so die Organisation. Die drei Transgender-Persönlichkeiten würden auch im Alltag zwischen den Gender-Rollen wechseln und stellten beide Rollen realistisch dar: Oliver Z., der im Alltag zwar als Mann auftritt, aber sich auch als Frau nicht verkleidet fühlt. Leni W., die es gewohnt ist, im Alltag beide Geschlechterrollen zu leben. Iris P., die in der Öffentlichkeit als Frau und ihrer Familie gegenüber als Mann auftritt.

Nach Angaben von Terre des Femmes bewarben sie sich alle mit gleichen Lebensläufen, Qualifikationen und in Grundzügen gleichen Persönlichkeiten. Wenn sie tatsächlich zweimal eingeladen wurden, führten die Transgender die Gespräche einmal als Mann und einmal als Frau.

In insgesamt sechs Apotheken in Hamburg, Berlin und Königstein wurden sowohl Iris als auch Dirk vorstellig. Zwar seien Gespräche und Erfahrungen insgesamt recht positiv gewesen, nichtsdestotrotz sei es am Ende zu Gehaltsdifferenzen von bis zu 1200 Euro pro Jahr gekommen. In keiner Apotheke sei Iris mehr angeboten als Dirk. „Es macht mich einfach traurig, dass mein Geschlecht offenbar darüber entscheidet, wie viel ich verdiene“, erklärte Iris P. Dennoch: Die Differenzen im Berufsfeld der PTA waren im Vergleich am geringsten, was eventuell auch den geltenden Tarifverträgen zu verdanken ist.

Die anderen beiden Transgender haben sich um Posten im Projektmanagement und im Mode-Bereich beworben. In einem Gespräch wurden Oliver für eine Assistentenstelle ein Stundenlohn von 21 Euro angeboten, Olivia hingegen maximal 17 Euro. Damit gibt es für Oliver 43.646 Euro jährlich, für Olivia aber lediglich 31.175 Euro.

„Ich habe 30 Jahre als Olivia gelebt und erinnere mich an die Frustration, nicht die Bezahlung zu erhalten, von der ich weiß, dass ich sie wert war“, sagt Oliver. „Diese Ungerechtigkeit in einem so unmittelbaren Vergleich zu erfahren, war ein herber Schlag ins Gesicht.“ Leo sollte für eine Stelle ein Jahresgehalt von 27.600 Euro Jahresgehalt bekommen, Anna-Lena dagegen nur 22.800 Euro. Insgesamt ergab das Experiment, dass Frauen bis zu 33 Prozent weniger Geld für die gleiche Arbeit bekommen.

Die Verantwortlichen engagierten bewusst Transgender für ihren Test, um den Status Quo bestmöglich vor Augen zu führen. „Diesen Zahlen glauben sowieso nur wenige: KritikerInnen bemängeln unter anderem, dass sie sich auf grundverschiedene Personen mit unterschiedlichen Voraussetzungen beziehen“, erklärt die Bundesgeschäftsführerin von Terre des Femmes, Christa Stolle. „Deshalb haben wir in unserem Gender Pay Gap-Experiment Transgender losgeschickt, um die Lohnlücke sichtbar zu machen, wo sie beginnt: im Vorstellungsgespräch.“ Zum Teil seien bei den männlichen Bewerbern sogar Boni im Gespräch gewesen, die gegenüber den Frauen gar nicht erst erwähnt wurden, kritisierte die Frauenrechtsorganisation.

Das Experiment entlarve die politischen Bemühungen der Gleichstellung der letzten Jahre. Frauen seien noch weit davon entfernt gleich behandelt zu werden, konstatierte Stolle. Die Politik, so fordert sie, müsse endlich handeln und die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung fördern und gesetzlich verankern.

Die Debatte um gerechte Bezahlung von Frauen hat Anfang des Jahres neuen Schwung bekommen. Seit Januar haben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer das Recht zu erfahren, wie viel Kollegen des anderen Geschlechts verdienen, die beim gleichen Arbeitgeber vergleichbare Tätigkeiten ausführen. Dieses Auskunftsrecht soll laut Bundesregierung dabei helfen, die Lohnlücke zwischen Männern und Frauen zu schließen. Statistiker beziffern den sogenannten Gender Pay Gap, die Lohnkluft zwischen Frauen und Männern, auf 21 Prozent. Eine Zahl, die allerdings durchaus umstritten ist.

Die Kampagne von Terre des Femmes #paybacktime startete am 22. Februar. Zu den Maßnahmen zählen ein Online-Video, das auf deutsch und auf englisch produziert wurde, sowie eine Kampagnen-Homepage. Der Clip wird über die sozialen Medien und PR verbreitet. Dabei wird Terre des Femmes eigenen Angaben nach auch von Influencern, Frauenrechtsverbänden sowie weiteren nationalen und internationalen Organisationen unterstützt.

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