In der öffentlichen Apotheke sind knapp 90 Prozent der Mitarbeiter weiblich. Unter PTA ist der Anteil noch höher und liegt bei 97 Prozent. Männer sind in der Frauendomäne regelrechte Exoten. Einer von ihnen ist Oliver Coordes. Er ist seit 25 Jahren PTA und genießt seinen Beruf. Als Experte für Dermokosmetik kennt er zwar Vorurteile von Kundinnen, kontert aber mit Fachwissen.
Fast wäre Coordes im Groß- und Außenhandel gelandet. Der gebürtige Ostfriese absolvierte nach der Schule eine Ausbildung in diesem Bereich, fand jedoch keine Stelle. Das Arbeitsamt riet ihm, eine PTA-Ausbildung zu beginnen. „Ich kannte Apotheke von klein auf, weil meine Mutter als Reinigungskraft für ein Apothekerehepaar arbeitet.“ Als Kind faszinierten ihn die „vielen bunten Schachteln“ und großen Schubladen.
In der Apotheke fühlt sich Coordes wohl. Aktuell arbeitet er in der Pluspunkt-Apotheke Schlosshöfe in Oldenburg. Im Team ist er der einzige Mann. Nachteile oder Vorteile gebe es deshalb nicht, sagt Coordes. „Ich wurde immer in allen Apotheken als volles Teammitglied akzeptiert.“ Auch der Frauenberuf PTA habe sich in den vergangenen Jahren „emanzipiert“. „Immer mehr Männer arbeiteten als PTA.“
Apothekenkunden begegnen dem 51-Jährigen häufiger mit Vorurteilen: „Wenn man als männlicher Angestellter am HV-Tisch steht, wird man meist für einen Apotheker gehalten“, sagt Coordes. Früher sei das Klischee des männlichen Pharmazeuten noch ausgeprägter gewesen. Heute sind laut ABDA-Zahlen 48 Prozent der Apothekenleiter Frauen. Geringer ist der Frauenanteil von Approbierten nur bei der Bundeswehr mit knapp 36 Prozent.
Auch an Cordes‘ Beratungskompetenz im Kosmetikbereich zweifeln Kundinnen ab und an – weil er ein Mann ist. Der PTA hat dafür Verständnis. „Ich bin mit einer Größe von 1,96 Metern groß gewachsen und sehr präsent in der Beratung.“ Sätze wie „Ich glaube nicht, dass sie sich mit Kosmetik auskennen“ seien für ihn kein Problem. „Ich antworte dann: ‚Wir können es doch einmal probieren.‘“
Im Anschluss seien die zweifelnden Kundinnen meist überrascht. „Für viele Frauen ist es ungewohnt, wenn sich ein Mann mit Kosmetik auskennt.“ Coordes ist IHK-zertifizierter Fach-PTA Dermopharmazie und nimmt regelmäßig an Seminaren und Schullungen teil. Fortbildungen seien in der Apotheke wegen der großen Menge an Neueinführungen wichtig. Konnte er seine weibliche Kundschaft mit Fachkenntnis überzeugen, fällten viele schnell eine Kaufentscheidung. „Als männlicher Angestellter hat man da manchmal sogar Vorteile gegenüber Kolleginnen. Manche Kundinnen kaufen bei mir schneller, das ist merkwürdig.“
Bei sensiblen Themen profitiert das Team seiner Apotheke vom „einzigen Mann im Stall“. „Manche Männer fühlen sich beispielsweise in der Beratung zu Potenzproblemen bei einem Mann besser aufgehoben.“ Es komme wiederum auch vor, dass Frauen in manchen Situationen nach einer weiblichen Kollegin fragten. „Vor 20 Jahren war das aber noch extremer als heute. Das Schamgefühl war größer. Die junge Generation ist durch Social Media viel aufgeklärter und offener.“
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