Mit Paintball-Gewehren gegen Eichenprozessionsspinner dpa, 12.07.2023 11:35 Uhr
Mit ungewöhnlichen Mitteln möchten Wissenschaftler im Münsterland die Ausbreitung des Eichenprozessionsspinners verhindern: Dazu schießen Mitarbeiter des Landesbetriebs Wald und Holz NRW mit Paintball-Gewehren, sogenannten Markierern, auf die Bäume. Spezielle Kügelchen gefüllt mit Sexuallockstoffen sollen die männlichen Raupen desorientieren, wie Ole Theisinger, Wissenschaftler am Zentrum für Wald und Holzwirtschaft, am Dienstag bei einer Vorstellung des Projekts in Saerbeck (Kreis Steinfurt) erklärte.
In den pinken Gelatine-Kugeln befindet sich eine Paste mit hochkonzentrierten Pheromonen. Schon eine Kugel sende so viele Stoffe aus wie 100.000 Falter-Weibchen, sagte Nicole Fiegler, Sprecherin von Wald und Holz. Die Duftstoffe sollten nach und nach ausströmen und die männlichen Tiere davon abhalten, Weibchen zu orten. Die Methode funktioniere deshalb nur während der Paarungszeit der Tiere.
Methode wirkt artspezifisch
In einem ersten Testlauf werden 70 Eichen in Saerbeck sowie Bäume an sechs weiteren Standorten in NRW mit den Kügelchen beschossen. Das wiederholen die Wissenschaftler im August. Ob die Fortpflanzung der Tiere erfolgreich gestört werde, zeige sich aber erst im kommenden Jahr, sagte Theisinger. Die Methode sei in Deutschland neu, aber bereits in den Niederlanden erprobt worden. Dort sei ein Rückgang der Nester um bis zu 50 Prozent festgestellt worden.
Ein Vorteil der Methode gegenüber anderen Verfahren sei, dass sie artspezifisch nur auf die Falter einwirke. Für andere Tiere und Menschen seien die Pheromone unbedenklich. Der Landesbetrieb Wald und Holz geht davon aus, dass sich der Eichenprozessionsspinner als Gewinner des Klimawandels in den kommenden Jahren weiter ausbreiten wird.
Raupendermatitis
Die zerbrechlichen Brennhaare der Raupen können beim Menschen zu einer sogenannten Raupendermatitis führen. Gelangen die Haare auf die Haut oder werden eingeatmet, kommt es zu ausgeprägtem Juckreiz mit Quaddelbildung bis hin zur Atemnot. Dabei scheint es für Betroffene zunächst schwierig, die Ursache der Reaktion ausfindig zu machen.
Die Tiere bleiben meist unbemerkt, denn die Gefahr eines Hautkontaktes besteht nicht nur in der Nähe von Bäumen: Die Raupen tragen giftige Brennhaare, etwa 600.000 pro Tier. Sie enthalten das Nesselgift Thaumetopoein. Ein Windstoß genügt, um die feinen Härchen abzubrechen und bis zu hundert Meter durch die Luft zu transportieren. Auch nach Verpuppung der Raupen existiert ein Allergierisiko: Die verlassenen Nester der Insekten beinhalten weiterhin eine hohe Konzentration an Brennhaaren.