Desinfizieren vor Waschen APOTHEKE ADHOC, 05.05.2021 14:57 Uhr
Der Welttag der Handhygiene soll jedes Jahr auf die Bedeutung des Händewaschens und -desinfizierens hinweisen. Mit Beginn der Corona-Pandemie rückt das Thema stärker in den Fokus. Sterillium & Co. waren im vergangenen März ausverkauft, die Hände vieler Menschen äußerst strapaziert. Um die Hautbarriere nicht allzu stark zu schädigen, empfehlen Experten, besser auf Wasser und Seife zu verzichten und lediglich zu desinfizieren.
Erst waschen, dann desinfizieren – so war lange die Grundregel bei der Händehygiene. Doch je häufiger gewaschen und desinfiziert wird, desto mehr Lipide werden aus der Haut ausgeschwemmt. Das Wasser lässt die Haut aufquellen, die anschließend aufgetragenen Alkohole führen dann zu einer noch stärkeren Austrocknung. Deshalb kommt bei regelmäßiger Händewaschung und -desinfektion der Punkt der Hautpflege hinzu.
Aus Krankenhäusern und Sterillaboren kennt man Hautschutzpläne. Auch in der Rezeptur ist eine Auflistung der Vorgehensweise sinnvoll, denn die PTA arbeitet zum Teil mehrere Stunden mit Handschuhen. Unter diesen fängt die Haut an zu schwitzen. Auch hier quillt die Haut auf. Im Optimalfall sollten die Hände mit speziellen Hautschutzpräparaten schon vor Arbeitsbeginn eingecremt werden. Nach der Schicht sollte dann eine reichhaltige Pflegecreme aufgetragen werden.
In Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen und der Industrie unterscheidet man zwischen Hautschutz und Hautpflege. Für diese Einrichtungen muss ein sogenannter Hautschutzplan vorliegen. Diese gliedern sich meist in vier Unterpunkte: Hautschutz, Reinigung, Desinfektion, Hautpflege.
Hautschutz
- Wann: Morgens oder vor hautbelastenden Tätigkeiten
- Womit: Hautschutzcreme (parfüm- und farbstofffrei)
- Wie: Sorgfältiges Einreiben einer haselnussgroßen Menge
Reinigung
- Wann: bei sichtbarer Verschmutzung, nach Toilettenbesuch
- Womit: pH-neutrales Handwaschpräparat (seifenfreie Tenside, parfüm- und farbstofffrei)
- Wie: mit lauwarmen Wasser für mindestens 30 Sekunden, sorgfältig abtrocknen
Desinfektion
- Wann: Nach Berühren von keimbehafteten Oberflächen, vor dem Umgang mit Lebensmitteln, Nasenputzen/Husten
- Womit: Händedesinfektionsmittel (ohne Zusatzstoffe)
- Wie: Ungefähr 3 ml werden mindestens 30 Sekunden lang gründlich verrieben
Hautpflege
- Wann: Zwischendurch und am Abend
- Womit: Reichhaltige Hautpflegecreme ohne reizende Inhaltsstoffe (keine Anti-Aging-Cremes)
- Wie: Sorgfältiges Einreiben einer haselnussgroßen Menge
Entscheidend für eine gute Händehygiene ist gepflegte, intakte Haut. Je geschädigter die Haut, desto mehr Bereiche können durch Einrisse in der Epidermis nur schlecht erreicht werden – die Desinfektion bleibt unvollständig. Darüber hinaus kommt es bei geschädigter Haut zu starkem Brennen durch Ethanol und Isopropanol.
Die Deutsche Dermatologische Gesellschaft weist darauf hin, dass es besser ist, ab und an lieber nur zur alkoholischen Lösung zu greifen – auch um größere oder dauerhafte Schäden der Haut zu vermeiden. „Die empfohlenen intensivierten Maßnahmen der Handhygiene bergen ein nicht unerhebliches Gesundheitsrisiko für die Entstehung von Handekzemen“, sagte der Sprecher der Gesellschaft, Peter Elsner vom Uniklinikum Jena. „Natürlich gelten in der Pandemie die AHA-Regeln“, betonte Elsner. „aber für eine gesunde Haut ist desinfizieren besser als einseifen“. Seife löse die Fette aus der Haut, die natürliche Barriere des Körpers werde zerstört.
Rückmeldungen aus Hautarztpraxen und -kliniken zeigten, dass die Zahl der Patienten mit solchen Beschwerden seit einem Jahr steige, sagte Elsner. Besonders gefährdet seien Menschen im Medizin-Sektor: Bei einer Befragung von über 100 Beschäftigten des Universitätsklinikums München klagten 90 Prozent über die Symptome eines Handekzems wie Trockenheit, Rötung, Jucken, Brennen, Schuppen oder Risse. Generell leiden 10 Prozent der Bevölkerung in Deutschland unter einem chronischen Handekzem. Neben schuppender Haut, Hautrissen, Entzündungen und Verhornungen können auch juckende Bläschen entstehen. Juckreiz und Schmerzen beim Zufassen können den Alltag negativ beeinträchtigen. Das Leiden kann mitunter bis zur Berufsunfähigkeit führen.