Sars-CoV-2 wird über Tröpfcheninfektion übertragen. Als Eintrittspforte nutzt das Virus das Angiotensin-Converting-Enzym-2 (ACE2), hierüber gelangt es in die Zellen. Forscher konnten zeigen, dass dieses Protein in hohen Mengen in den Zellen der Nasenschleimhaut vorliegt – die Nase gilt daher als Eintrittspforte Nummer 1. Ferner konnten die Wissenschaftler auch zeigen, dass die Augen und die Bindehaut über einen hohen Anteil von ACE2 verfügen. Bisher ging man davon aus, dass es bei einer Tröpfcheninfektion der Augen nicht zu einer Sars-CoV-2-Infektion kommen kann. Einige Wissenschaftler und erste Ophthalmologen warnen vor einer Ansteckung über die Augen – nicht nur die Atemwege müssten geschützt werden.
Die Proteine, die das Coronavirus zum Eintritt in die Wirtszelle nutzt, sind nun bekannt. Zu den zwei wichtigsten gehören ACE2 und TMPRSS2. Forscher des Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in Berlin wollten herausfinden, in welchen Zellen diese beiden Eintrittsproteine vermehrt enthalten sind. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass vor allem die schleimproduzierenden Becherzellen und Flimmerzellen in der Nase hohe Konzentrationen dieser beiden Proteine aufweisen.
Im Laufe der Pandemie wurde immer häufiger über Bindehautentzündung als ein mögliches Symptom von Covid-19 diskutiert. Im Zuge dessen hatten Forscher aus Singapur sich näher mit der Frage beschäftigt, ob eine Ansteckung auch über die Tränenflüssigkeit möglich sein könnte. Über den sogenannten „Tränennasengang“ besteht eine direkte Verbindung zwischen Nase und Bindehaut. Grundsätzlich gelte Tränenflüssigkeit somit als mögliche Infektionsquelle. Um zu ermitteln, welches Risiko von Tränenflüssigkeit als Ansteckungsquelle ausgeht, untersuchten die Wissenschaftler 64 Tränenproben von 17 Patienten mit Covid-19. Das Ergebnis: Die Wissenschaftler konnten kein Ansteckungsrisiko nachweisen – alle PCR-Tests fielen negativ aus.
Es wurde gezeigt, dass die in Nasen- und Rachenabstrichen festgestellte Viruslast für einen Zeitraum von ungefähr zwei Wochen ab dem Einsetzen der Covid-19-Symptome erhöht ist. Alle Tränenproben zeigten wiederholt negative Ergebnisse, selbst wenn die Proben des Nasen-Rachen-Abstrichs weiterhin positiv waren. Patienten mit Symptomen wie Husten zeigten keine Virusausscheidung in den Tränen. Diese Erkenntnis legt den Wissenschaftlern zufolge den Verdacht nahe, dass die Hypothese des Tränenwegs als Virusleitung nicht zutrifft. Durch die wiederholten Tests konnten die Wissenschaftler zeigen, dass die Übertragung durch Tränen unabhängig von der Infektionsphase ist. Generell stufen sie das Risiko als gering ein.
Der Chefarzt der Klinik für Augenheilkunde im St.-Johannes-Hospital Dortmund, Professor Dr. Markus Kohlhaas, warnt, dass das Coronavirus in bestimmten Fällen auch über die Augen übertragbar sei. Das Risiko einer Übertragung über die Tränen sei dann gegeben, wenn der Corona-Patient eine Bindehautentzündung entwickelt. Bei der Entzündung schwillt das umliegende Gewebe an und wird durchlässiger – Ödeme können entstehen. Die Lymphknoten hinter den Ohren könnten anschwellen. Der Facharzt bezieht sich auf eine chinesische Studie, in der Viren in der Tränenflüssigkeit nachgewiesen werden konnten. Kohlhaas betont jedoch, dass weniger als 1 Prozent der Patienten mit dem Coronavirus auch Anzeichen einer Bindehautentzündung entwickeln. Typische Symptome einer Bindehautentzündung sind Brennen, Juckreiz und Fremdkörpergefühl. Gerade jetzt zur Pollensaison tritt dieses Beschwerdebild auch unabhängig von Covid-19 auf.
Die Ergebnisse der momentan laufenden Studien sind unterschiedlich: So zeigte eine Studie des Nationalen Institutes für Infektionskrankheiten in Rom, dass das Virus bis zu 20 Tage in Augensekreten von Covid-19-Patienten nachweisbar ist. Bei einer Patientin, die aufgrund von Covid-19 stationär aufgenommen wurde und unter einer anhaltenden Bindehautentzündung litt, konnte in täglich genommenen Augensekret-Proben bis zu Tag 20 Sars-CoV-2 nachgewiesen werden. Ab Tag 15 nahm die Viruskonzentration stark ab. Die italienischen Mediziner empfehlen daher, bei der Versorgung der Patienten nicht nur Berührungen mit Nase und Mund zu vermeiden, sondern auch Berührungen der Augen. Die Wissenschaftler sprechen sich auch für eine angepasste Schutzausrüstung, insbesondere für Ophthalmologen aus, da die Augenschleimhaut nicht nur ein Ort des Viruseintritts, sondern auch eine Quelle der Ansteckung sein kann.
In den Apotheken arbeiten die Teams mit Mundschutz. Einige Apotheken stehen mit einer zusätzlichen Schutzbrille im Handverkauf. Wiederum andere haben sich für das Arbeiten mit einem Visier oder Bauarbeiterhelm entschieden. Der Vorteil der Visiere: Das komplette Gesicht wird rundum vor Tröpfcheninfektionen geschützt. Für chronisch Kranke Personen mit Asthma oder COPD hat das Visier den Vorteil, dass kein Atemwiederstand besteht. Ein zusätzliches Tragen einer Brille zum Schutz der Augen entfällt. Nachteilig ist, dass das Visier keinen Schutz für andere bietet, wenn der Träger selbst infiziert ist. Trotz des Tragens eines Visiers muss der Mindestabstand von 1,5 m gehalten werden. Generell kann der „Helm“ zu einer Reduktion der Infektionswahrscheinlichkeit beitragen. Die ganz kleinen Tröpfchen, die in der Luft schwebend ein Aerosol bilden können, können von dem Visier nicht abgehalten werden. Wie hoch das Ansteckungsrisiko durch diese kleinsten Partikel ist, ist noch nicht abschließend geklärt. Es wurde in Einzelfällen über eine Aerosol-Ansteckung berichtet.
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