Schnell gibt Apothekerin Yvonne Krieger-Haase* noch die Arztbestellung der Corona-Impfstoffe an den Großhandel weiter. Es ist kurz vor 15 Uhr. Die Order übermittelt sie lieber vor Bestellschluss, weil es zuletzt immer wieder kurzfristige Änderungen gab. Die Approbierte ist für die Impfstoffbestellung aller drei Standorte zuständig. Nach fünf Wochen hat sie als Überraschung einen Bonus vom Chef erhalten.
Seit mehreren Jahren arbeitet Krieger-Haase in der Apotheke. „Sie ist ein sehr entspannter Mensch, der Dinge nüchtern sehen kann, während ich schon längst explodiert wäre“, sagt ihr Chef. Die Approbierte ist in den vergangenen Wochen für das Bestellen und Ausliefern der Corona-Impfstoffe verantwortlich. „Sie gibt mir eine Zusammenfassung und wird von mir wenn nötig getröstet“, sagt der Inhaber. Er ist so froh über ihre Arbeit, dass er ihr einen Bonus ausgezahlt hat.
Doch auch sie hat bereits schlaflose Nächte wegen Impfstoff-Bestellungen hinter sich. Einmal habe es einen „Ausbruch“ eines Arztes gegeben. Die Praxen wollten vor allem wissen, warum andere Kollegen mehr Impfstoff erhielten. „Es gibt viel Unmut über die Verteilung“, sagt die Apothekerin. „Die Ärzt:innen telefonieren untereinander und bekommen mit, dass nicht jeder gleich viel erhält.“ Auf Anfrage beim Großhandel hieß es, dass auch die Marktanteile der Lieferanten eine Rolle spielten. „Das verstehe ich nicht“, sagt Krieger-Haase und ist mit ihrem Latein am Ende.
Letztlich kann sie wie andere Kollegen nur ausführen und das ausliefern, was man ihr zusagt. Von der Zahl der gewünschten Vials erhält sie im Schnitt knapp 60 Prozent. „Für Mai hat der Großhandel schon angekündigt, dass es nicht genug Impfstoff gibt.“ Die Apothekerin ärgert sich auch über die Aussage, dass allen Bürger:innen ein Impfangebot gemacht werden könne, wenn es doch nicht genug Vakzine gebe. Anstrengend sei auch die „permanente Informationsflut und dass sich gefühlt jede Woche etwas ändere“.
Die vergangenen Wochen verbrachte die Apothekerin viel in Praxen oder am Telefon. „Die Ärzte sind sehr fordernd.“ Generell sei es zuletzt etwas ruhiger geworden, da sich die Prozesse eingespielt hätten. Dazu komme das Bedrucken von Chargen-Etiketten und die Bestellung von Impfzubehör. Sie arbeitet in Teilzeit und ist 30 Stunden in der Offizin tätig. „Die Hälfte der Zeit verbringe ich mit Impfstoffen, viel Zeit für andere Tätigkeiten bleibt nicht.“
Umso erfreuter war sie, als sie auf die jüngste Gehaltsabrechnung geschaut hat. Ihr Chef überwies ihr 1000 Euro mehr – ein Impfstoff-Bestell-Bonus. „Erst dachte ich ‚huch‘! Das war schön und hat mich sehr gefreut.“ Auch für sie werde es künftig etwas ruhiger, weil eine weitere Kollegin im Impfstoff-Prozedere mit eingespannt werde.
Auch heute haben Apotheken wieder die Bestellungen der Ärzte an ihren Hauptlieferanten übermittelt. Bis 15 Uhr konnten pro Vertragsarzt für die Erst- und Zweitimpfung maximal 36 Dosen Comirnaty von Biontech bestellt werden. Eine Obergrenze für Vaxzevria von AstraZeneca gibt es nicht. Neu dazu kam, dass Apotheken explizit angeben mussten, ob es sich um eine Erst- oder Zweitimpfung handelt.
Krieger-Haase gab für sechs Ärzte 42 Vials Comirnaty durch. „Ich glaube, dass nicht mehr als 21 geliefert werden, und die wurden für die Zweitimpfung bestellt.“ Die Nachfrage nach dem Impfstoff von AstraZeneca sei gering – gerade einmal vier Vials bestellte sie für kommende Woche.
Eine andere Apothekerin berichtet, dass Biontech ja ohnehin gedeckelt sei und die Höchstmengen bestellt würden. Die Nachfrage nach Vaxzevria halte sich dagegen in Grenzen. Auch wenn der Impfstoff theoretisch ohne Höchstmenge geordert werden könne, bestelle keiner mehr Dosen als in der Vorwoche. Es gebe „nur Ärger“ damit. Die Ärzte müssten mit den Patienten diskutieren.
*Name von der Redaktion geändert
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