Bundesversammlung

Diese PTA hat den Bundespräsidenten gewählt

, Uhr aktualisiert am 14.02.2017 10:16 Uhr
Berlin -

Am Sonntag wählte die Bundesversammlung einen neuen Bundespräsidenten. Unter den 1260 Männer und Frauen, die darüber entschieden, wer das Amt von Joachim Gauck übernimmt, befand sich auch die niedersächsische CDU-Landtagsabgeordnete und PTA Gerda Hövel.

Mehrere Tagen vorher wurde im Bundestag für das politische Großereignis am vergangenen Sonntag gehämmert und geschraubt. Für die Delegierten der Bundesversammlung musste die Zahl der Stühle im Plenum nämlich verdoppelt werden: Nicht nur die Mitglieder des Bundestages stimmten ab, sondern auch Vertreter aus den Ländern.

Auch Gerda Hövel hatte ihren Namen am Sonntag auf einem der Stühle finden können. Die CDU-Landtagsabgeordnete aus Niedersachsen wurde von ihrer Fraktion nach Berlin geschickt, um am 12. Februar das neue Staatsoberhaupt zu wählen. „Ich habe überhaupt nicht damit gerechnet und habe mich sehr gefreut“, sagt die Politikerin. „Es ist sicherlich etwas Besonderes. Für mich ist das eine Ehre und natürlich ist das auch aufregend.“

Neben derzeit 630 Mitgliedern des Bundestages hatten alle Bundesländer das Recht, sogenannte Wahlleute zu entsenden. Je nach Einwohnerzahl wurde eine unterschiedliche Anzahl in die Bundeshauptstadt geschickt. So entsendete Nordrhein-Westfalen beispielsweise 135 oder Bayern 97 Wahlleute, während das Saarland mit gerade mal acht und Bremen mit fünf Persönlichkeiten vertreten waren. Niedersachsen durfte 65 Vertreter nach Berlin schicken.

In Berlin traf Hövel allerdings nicht nur auf Top-Politiker aus Bund und Ländern, sondern auch auf viele Prominente. Diesmal waren unter anderem Fußball-Bundestrainer Joachim Löw, die Schauspielerinnen Iris Berben und Veronika Verres, Comedian Hape Kerkeling, Schlagersänger Roland Kaiser sowie Travestiekünstlerin Olivia Jones dabei.

Vor ihrer politischen Karriere hat Hövel eine Ausbildung zur PTA gemacht und insgesamt rund 15 Jahre in Apotheken gearbeitet. „Ich habe mich bereits in der Schule für Naturwissenschaften, vor allem für Chemie, interessiert“, begründet sie ihre Berufswahl. Der Beruf sei außerdem sehr vielfältig. Neben naturwissenschaftlichen Aspekten habe man früher als PTA sehr viel handwerklich gearbeitet. „Ich habe damals etliche Zäpfchen für das örtliche Krankenhaus hergestellt“, erinnert sie sich. Außerdem biete der Job die Möglichkeit, eng mit Menschen zusammenzuarbeiten und sie zu beraten.

Die Initialzündung für Hövels politische Karriere kam nach Feierabend. „Ich war mit meiner Tochter auf einem Spielplatz und habe ihn in einem schlechte Zustand vorgefunden“, erinnert sie sich. Anschließend habe sie sich an die Stadtverwaltung gewandt und auf die Missstände hingewiesen. Doch nichts geschah. „Ich wollte das verändern und habe angefangen, mich politisch zu engagieren“, erzählt Hövel.

Nach wenigen Jahren wurde die PTA in den Stadtrat gewählt. Mittlerweile übt Hövel in der vierten Legislaturperiode das Amt der Ortsbürgermeisterin in Melle Mitte aus. Vor rund vier Jahren wurde die CDU-Politikerin in den niedersächsischen Landtag gewählt. Hatte sie ihre politischen Ämter bis dahin ehrenamtlich ausgeübt und weiter als PTA gearbeitet, musste sie nun ihren Job endgültig an den Nagel hängen. „Ich habe mich zwar wirklich sehr gefreut, dass ich gewählt wurde. Aber der Abschied vom PTA-Beruf fiel mehr schon schwer“, sagt sie.

Vor wenigen Wochen hat die Landtagsabgeordnete die offizielle Einladung zur Bundespräsidentenwahl bekommen, die ausführliche Informationen enthält und eine Orientierungshilfe für die Mitglieder des Bundesversammlung sein soll. In den Unterlagen werden unter anderem der organisatorische Ablauf der Großveranstaltung und das Wahlprocedere erklärt, wo und wann man zu sein hat, welche Unterlagen mitzubringen sind. Auch Lagepläne des Bundestags und des Paul-Löbe-Hauses seien beigelegt. „Man wird gut darauf vorbereitet“, findet Hövel.

Am Samstag reiste sie nach Berlin. Dort standen einige Termine im Kalender der 62-Jährigen: Zunächst musste sie im Reichstagsgebäude ihre Wahlunterlagen abholen, die unter anderem ihren Wahlausweis und Zugangsberechtigung beinhalteten. Am Nachmittag stand eine Fraktionssitzung auf dem Programm, bevor es dann abends zu einem Empfang ging.

Eigentlich sind für das höchste Amt im Lande fünf Kandidaten nominiert gewesen: Frank-Walter Steinmeier (SPD), Christoph Butterwegge (parteilos, für Die Linke), Albrecht Glaser (AfD), Alexander Holt (Freie Wähler) sowie Engelbert Sonneborn (Die Partei). Schon vorab schien der Ausgang der Bundespräsidentenwahl 2017 allerdings beschlossene Sache: Die große Koalition konnte sich auf den bisherigen Außenminister als Nachfolger von Gauck einigen, der auf eigenen Wunsch nicht mehr für eine zweite Amtszeit kandidierte. Im Januar erklärte auch die FDP ihre Unterstützung für Steinmeier. Zahlreiche Spitzenpolitiker der Grünen haben sich ebenfalls für seine Kandidatur ausgesprochen.

Doch angesichts der steigende Umfragewerte für die SPD soll manch einer CDU-Politiker die frühere Entscheidung, Steinmeier zum Bundespräsidenten zu machen, bereut haben. Die Union fürchtete Jubelbilder von SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz mit seinem Parteifreund, berichtete die Bild am Sonntag. „Bei diesen Sozi-Festspielen bleibt einem die Wahl von Steineier zum Bundespräsidenten im Halse stecken. Es rächt sich nun bitter, dass wir keinen eigenen Kandidaten haben“, wurde ein CDU-Präsidiumsmitglied in der Zeitung zitiert.

In der Tat hat Bundeskanzlerin Angela Merkel zuletzt kein glückliches Händchen für Präsidentschaftskandidaten bewiesen. Horst Köhler und Christian Wulff beendeten ihre Amtszeiten jeweils mit einem Rücktritt, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen. Vor allem bei Wulff endete die erste Amtszeit vorzeitig mit einem regelrechten Skandal. Sowohl bei der vorletzten als auch bei der vergangenen Bundespräsidentenwahl konnte Merkel keinen konsensfähigen Kandidaten aus dem Ärmel zaubern. Nach dem von der SPD vorgeschlagenen Bürgerrechtler muss sie nun sogar einen hochrangigen SPD-Politiker als nächsten Bundespräsidenten akzeptieren.

Hövel steht allerdings ohne Vorbehalte hinter dem gemeinsamen Kandidat der Großen Koalition und machte aus ihrem eigenen Abstimmungsverhalten keinen Hehl: Sie werde natürlich Steinmeier wählen, auch weil der ehemalige Außenminister „ein respektierter Politiker mit internationaler Erfahrung“ sei, sagte sie vor der Wahl. „Das sind gute Voraussetzungen, um das Amt des Bundespräsidenten auszuüben“, so die CDU-Landtagsabgeordnete.

Dem scheidenden Bundespräsidenten stellt Hövel ein gutes Zeugnis aus. Gauck habe sein Amt würdig vertreten und viele Menschen in Deutschland mit seiner besonderen Art angesprochen. „Gauck zeigte stets beachtliche Empathie für die Belange der Menschen und zeichnete sich durch große Bürgernähe aus“, sagt sie. Das sei für die Akzeptanz von Politikern und politischen Entscheidungen immens wichtig.

Trotz ihrer politischen Karriere hat Hövel bis heute den Kontakt zu ehemaligen Kollegen und Arbeitgebern nicht verloren und ist bestens über die aktuellen Entwicklungen in der Branche informiert. So sieht sie die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) zu Rx-Boni äußerst kritisch. „Das ist eindeutig zu kurz gedacht, verschreibungspflichtige Medikamente als gewöhnliche Ware einzustufen und anschließend mit dem freien Warenverkehr zu argumentieren“, sagt die Politikerin. Ein Grund, warum bestimmte Medikamente verschreibungspflichtig seien, sei eben die Notwendigkeit einer qualifizierten Beratung. Das sei bei Versandapotheken nicht im gleichen Maße wie in Vor-Rot-Apotheken gewährleistet, ist sie überzeugt. „Es ist wichtig, wohnortnahe und inhabergeführte Apotheken zu erhalten.“

„Aus persönlicher Erfahrung weiß ich, wenn man krank ist, braucht man keine Stimme am Telefon, sondern einen echten Menschen, dem man ins Gesicht schauen und sich von ihm beraten lassen kann“, ist sie überzeugt. Hövel begrüßte daher den Gesetzentwurf von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) zum Rx-Versandverbot. Die gesamte CDU-Landtagsfraktion in Niedersachsen vertrete aus voller Überzeugung die Auffassung, dass ein solches Verbot die richtige Reaktion auf das EuGH-Urteil sei.

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