Kann die Sonnencreme aus dem vergangenen Jahr noch benutzt werden? Diese Frage hören viele PTA jedes Jahr erneut im Handverkauf. Generell gilt es hier, die Beschaffenheit der Creme zu prüfen, und herauszufinden, wann diese das erste Mal geöffnet wurde. Doch nun zeigen neue Studien, dass je nach verwendetem Lichtschutzfaktor auch schädliche Substanzen entstehen können.
Ein Sonnenschutzprodukt sollte unabhängig von der Frage nach schädlichen Substanzen immer dann entsorgt werden, wenn sich die Beschaffenheit geändert hat. Nicht selten kommt es vor, dass die Produkte eine Phasentrennung aufweisen. Kund:innen sollten darauf hingewiesen werden, dass Schütteln in diesen Fällen nicht zum Erfolg führt. Das Produkt weist mitunter eine verminderte Schutzwirkung auf und sollte ersetzt werden. Gleiches gilt für den Geruch: Riecht das Produkt anders als im letzten Jahr, oder sogar ranzig oder muffig, so sollte eine neue Sonnenschutzcreme gekauft werden.
Aktuell geht es in den Medien zusätzlich um die Substanz Benzophenon. Diese soll sich bei längerer Lagerung aus dem Lichtschutzfaktor Octocrylene bilden und schädliche Wirkungen auf den Körper haben. Einige Wissenschaftler urteilten, dass die Verbindung zu Leberkrebs oder Lymphomen führen kann. Auch Öko-Test widmete sich dem Thema und nahm die Möglichkeit der Benzophenon-Entstehung in dem diesjährigen Sonnenschutz-Test mit auf.
Doch ganz so einfach ist es nicht mit der Frage nach der Kanzerogenität von Benzophenon. Dermatologen und Onkologen haben sich die amerikanisch-französische Studie, die im Fachjournal „Chemical Research in Toxicology“ veröffentlicht wurde, genauer angeschaut und fällen ein kritisches Urteil. Auch das Netzwerk „Onkoderm“ hat die Studie analysiert und bewertet. Der Zusammenschluss niedergelassener Dermato-Onkologen kann das beschriebene kanzerogene Risiko nicht bestätigen und kritisiert das Studiendesign. „Ein wesentlicher Kritikpunkt ist, dass die Autoren nicht das gesamte für Benzophenon vorhandene toxikologische Datenpaket berücksichtigt haben, sondern nur bestimmte Studien ausgewählt wurden, um ihre Schlußfolgerungen zu ziehen.“
Benzophenon wird von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) nicht als genotoxisch bedenklich eingestuft. „Diese Bewertung steht auch im Einklang mit der Stoffbewertung der Europäischen Chemikalienagentur (Echa)“, informiert Onkoderm. „Von der International Agency für Research on Cancer (IARC) und der EFSA wurde kein Nachweis für eine Kanzerogenität von Benzophenonen nach dermaler Exposition erbracht“, heißt es weiter. Ein Nachweis über eine Fortpflanzungsstörung fehlt ebenfalls laut den Mediziner:innen.
Das Umweltbundesamt ordnet Benzophenon den hormonähnlich wirksamen Substanzen zu und informiert darüber, dass sich die Verbindung negativ auf die Schlupfrate von einigen Fischen auswirkt. „In In-vitro-Studien zeigten verschiedene Benzophenone eine Bindung an den Östrogenrezeptor, den Androgenrezeptor, den Progesteronrezeptor und weitere Rezeptoren in den Zellkernen.“ Auf Untersuchungen am Menschen verweist das Amt nicht.
Apotheker:innen und PTA sollten unsichere Kund:innen darüber aufklären, dass Benzophenon nicht bei allen Sonnencremes mit der Zeit als Spaltprodukt entsteht und dass Eincremen weiterhin wichtig bleibt. „Die Schlagzeilen zu ‚krebserregenden Stoffen in Sonnencremes‘ dürfen nicht dazu führen, dass das Eincremen reduziert oder gar darauf verzichtet wird. Das wäre fatal“, urteilt Professor Dr. Julia Welzel Generalsekretärin der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG). Der Wechsel auf mineralische Filter könnte für einige Kund:innen eine Alternative bieten. Denn dem hypothetischen Risiko von Benzophenon stehe ein durch Studien belegtes Hautrebsrisiko gegenüber, mahnt die DDG.
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