Daniel Klenke ist eine Ausnahmeerscheinung. Der 29-Jährige arbeitet in einem entschiedenen Frauenberuf – er ist PTA in der Hamburger Born-Apotheke. Obwohl er häufig der einzige Mann im Team ist, fühlt er sich nicht wie der Hahn im Korb. Doch er besteht darauf, dass sein Vorname auf dem Namensschild nicht abgekürzt wird.
Klenke entschied sich eher zufällig für eine PTA-Ausbildung. Nach dem Realschulabschluss hatte er nicht genau gewusst, was er machen wollte. Es sollte aber in Richtung Naturwissenschaften und Medizin gehen. Den Ausschlag gab schließlich ein dreiwöchiges Schulpraktikum, das er in der Kloster-Apotheke in Wallenhorst bei Osnabrück absolvierte. „Die Inhaberin war sehr engagiert, sie hat mich für die Apotheke begeistert“, sagt Klenke.
Klenkes Umfeld war von seiner Entscheidung überrascht. Er wurde oft gefragt, ob seine Eltern eine Apotheke hätten oder dort arbeiteten. „Der PTA-Beruf ist nicht besonders bekannt, schon gar nicht unter Männern“, sagt er. Daher gingen viele davon aus, dass er einen direkten Bezug zur Apotheke haben müsse. Das ist nicht der Fall; sein Vater ist Techniker, die Mutter arbeitet bei einer Krankenkasse.
Die Ausbildung machte Klenke an der PTA-Schule Osnabrück. Er begann als einer von nur zwei Männern – in einem Jahrgang mit etwa 100 Schülern. „Der andere PTA-Schüler hörte nach wenigen Wochen auf. Von da an war ich der einzige Mann“, sagt Klenke. Einen Bonus bei den Lehrern hatte er trotz seiner Sonderstellung nicht. „Zwischen mir und den Frauen wurde kein Unterschied gemacht, wir waren einfach alle Schüler“, so der PTA.
2006 hatte Klenke seinen Abschluss in der Tasche. Danach studierte er zwei Semester Biomedizinische Technik. „Ich wurde oft gefragt, ob ich denn nicht Pharmazie studieren möchte“, sagt Klenke. Tatsächlich hätten viele seiner männlichen PTA-Kollegen aus seinem Bekanntenkreis noch die Approbation angehängt. Die Ausbildung hatten sie in ihren Wartesemestern gemacht.
Klenke hat sich gegen ein Pharmaziestudium entschieden. Zum einen hat er nur einen Fachhochschulabschluss; der Einstieg ins Studium wäre damit schwierig. „Unsere Pharmaziepraktikanten haben mir außerdem gesagt: 'Der Apothekerberuf ist toll, aber das Studium nicht'“, sagt Klenke. Ein weiterer Punkt, der gegen das Studium sprach, war die finanzielle Unabhängigkeit: „Jetzt verdiene ich mein eigenes Geld.“ Auch wenn die Bezahlung nicht besonders gut sei, ist er zufrieden in seinem Job.
Klenke vermutet, dass die geringe Bezahlung ein Faktor sei, der gerade Männer von dem Beruf abhalte. „Für eine Person reicht das Gehalt, aber eine Familie kann davon kaum ernährt werden“ sagt er. Zudem umfassten auch Jobs, die als Vollzeitstellen ausgeschrieben würden, oft nur 35 Stunden. „Teilzeit ist für männliche Kollegen wenig interessant“, so Klenke. Stattdessen wolle er volle 40 Stunden arbeiten.
Dafür schätzt er die Vielseitigkeit des Berufs: „PTA ist ein abwechslungsreicher Job.“ Einige Zeit hatte er mit einer Apothekerin in einem Zweier-Team eine Apotheke betrieben – daher fühlt er sich im Labor, am HV und in der Warenwirtschaft gleichermaßen sicher. Weitere Pluspunkte seien die regelmäßigen Arbeitszeiten und wenige Überstunden. „Außerdem ist der Berufszugang niedrigschwellig, da ein Realschulabschluss genügt“, sagt er.
Klenke denkt, dass es männliche Schulabgänger abschrecken könnte, dass fast nur Frauen in dem Beruf arbeiteten. „Wenn es bereits gemischter wäre, gäbe es vermutlich auch immer mehr männliche PTA“, sagt Klenke. Ab einem gewissen Männeranteil würde das zum Selbstläufer, vermutet er. So wie im Bereich der Krankenpflege: Dort sei es lange unüblich gewesen, von einem männlichen Pfleger versorgt zu werden. Mittlerweile habe sich das Bild gewandelt.
Um das für den PTA-Beruf zu erreichen, sollten in den Schulen Praktika in Apotheken aktiver angeboten werden, rät Klenke. Mehr Männer für den Beruf zu gewinnen, hält er für vorteilhaft. Die Kunden profitierten davon: „Über manche intime Themen möchte man nicht mit einem Apothekenmitarbeiter des anderen Geschlechts sprechen.“
Die Zusammenarbeit mit den überwiegend weiblichen Kollegen verlaufe reibungslos, sagt Klenke. „Am Anfang sind die Damen etwas überrascht, einen männlichen PTA zu treffen – aber das legt sich schnell.“ Im Kollegenkreis werde er uneingeschränkt akzeptiert. Bei Vorstellungsgesprächen seien ihm dagegen hin und wieder Inhaber mit Vorurteilen begegnet, die lieber eine Frau einstellen wollten. „Dabei kann ich doch zum Beispiel nicht schwanger werden“, wundert er sich.
Auch einige Kunden würden in Schubladen denken. „Viele sehen mich als Apotheker“, sagt Klenke. Besonders oft komme das vor, wenn auf seinem Namensschild nur „D. Klenke“ stehe: „Dann werde ich mit Dr. Klenke angesprochen.“ Um den Irrtum zu vermeiden, besteht Klenke darauf, dass sein Vorname entweder ausgeschrieben oder weggelassen wird. Trotzdem blieben manche Kunden hartnäckig: „Sie haben nach mir verlangt, obwohl sie bereits mit der Chefin sprechen.“ Für einige Kunden müsse ein Chef männlich sein.
Apothekenpersonal ist überwiegend weiblich. 70 Prozent der Apotheker sind Frauen. In den pharmazeutischen Berufen ist der Frauenanteil noch höher: Apothekerassistenten sind zu 87,2 Prozent weiblich; bei den PKA liegt der Anteil bei 95,8 Prozent und bei den Pharmazieingenieuren bei 98,4 Prozent. PTA ist allerdings der weiblichste Beruf in der Apotheke: 98,5 Prozent sind Frauen.
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