Kopfschmerzen können auf ganz unterschiedliche Arten auftreten. Oftmals ist es der klassische Spannungskopfschmerz, der einem die Konzentration raubt. Aber auch Migräne, Cluster-Kopfschmerzen oder Kopfschmerzen aufgrund von Verspannungen im Rücken können auftreten. Behandelt werden die Symptome des Spannungskopfschmerzes meist mit NSAID wie ASS oder Ibuprofen. Migräneattacken können zusätzlich mit Triptanen behandelt werden. Eine weitere und noch eher unbekannte Therapieoption sind Cannabinoide.
Bei Kopfschmerzen greifen viele zu Wirkstoffen wie ASS oder Ibuprofen. Die Arzneistoffe hemmen die COX und schränken somit die Prostaglandinsynthese ein – der Schmerz wird gelindert. Weitaus unbekannter ist die Option der Cannabinoid-Schmerztherapie. Studien deuten darauf hin, dass Cannabis gut gegen Spannungskopfschmerzen und gegen Migräne helfen kann.
So zeigt eine retrospektive Studie mit rund 20.000 Behandlungseinsätzen, dass die Symptome durchschnittlich bei 50 Prozent der Anwender:innen gelindert werden konnten. Der Beobachtungszeitraum betrug 16 Monate. Nach aktuellem wissenschaftlichem Stand reduzieren sich die Symptome binnen zwei Stunden nach der Anwendung von Cannabis. Am erfolgreichsten konnten die Schmerzen mit Produkten gelindert werden, die einen THC-Gehalt von mindestens 10 Prozent aufwiesen. Frauen spürten im Schnitt eine weniger gute Wirksamkeit als Männer.
Beim diesjährigen Medizinalcannabis-Kongress wurde die Bedeutung von Cannabis in der Kopfschmerztherapie von Dr. Thomas Vaterrodt, Chefarzt an der Klinik für Neurologie der Sonnenberg Kliniken in Saarbrücken, in einem vom Cannabishersteller Demecan gesponserten Vortrag dargelegt. Das Endocannabinoidsystem müsse bei vielen Leidensbildern mehr berücksichtigt werden. Bei dem Krankheitsbild Kopfschmerzen könne das Endocannabinoidsystems als Gegenspieler zu den pathophysiologischen Abläufen betrachtet werden.
Das Endocannabinoid-System ist ein Teil des Nervensystems. Es handelt sich um ein Rezeptor-Ligand-System. Es besteht aus Cannabinoid-Rezeptoren (CB1 und CB2) und den endogenen Liganden (Anandamid und weitere). Anandamid bindet an den CB-Rezeptoren und führt über eine Blockade der Glutamat-Auschüttung und Schließung der Calciumkanäle zur Schmerzreduktion.
Bislang werden THC und CBD nicht zur Kopfschmerzbehandlung per Leitlinie empfohlen. Cannabis findet bisher vor allem bei neuropathischen Schmerzen, Tumorschmerzen, Appetitlosigkeit und Tumorkachexie, Chemotherapie-induzierter Übelkeit und MS-Spastik Anwendung. Für welchen Patienten Cannabis in welcher Form genau in Frage kommt, entscheidet der Arzt/die Ärztin individuell nach den vorliegenden Beschwerden.
Apotheker:innen und PTA können gemeinsam mit dem/der Betroffenen erörtern, um welche Art von Kopfschmerz es sich handelt. Bei Migräne sollten die Betroffenen am besten Notizen machen, wann die Beschwerden wie stark auftreten, um sogenannte Trigger zu identifizieren. Natürlich kann während der Beratung auf die Therapieoption Cannabis hingewiesen werden. Sicherlich müssen jedoch zunächst andere Therapieversuche als gescheitert dokumentiert werden. Für Mirgäne-Patient:innen bedeutet das nach dem Versuch von NSAID und Triptanen einen Versuch mit anderen Wirkstoffen, die eigentlich eher aus anderen Indikationen bekannt sind, zu starten. Danach können Antikörper oder Botox ausprobiert werden. Der Weg bis zur Cannabis-Verordnung könnte lang sein.
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