Baden-Württemberg

Grüne PTA schlägt FDP-Apothekerin

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Berlin -

Die PTA Martina Braun hat es überraschend in den baden-württembergischen Landtag geschafft und dabei Apothekerin Dr. Andrea Kanold von der FDP knapp ein Mandat vor der Nase weg geschnappt: Bei der gestrigen Landtagswahl holte Braun, die inzwischen auf einem Bauernhof statt in einer Offizin arbeitet, in ihrem Wahlkreis Villingen-Schwenningen überraschend 31,9 Prozent der Stimmen für Bündnis 90/Die Grünen. Kanold fehlten nur wenige Stimmen zum Erfolg.

Braun setzte sie sich gegen ihren Konkurrenten Karl Rombach (CDU) durch. Rombach, ebenfalls Landwirt, zieht allerdings als Zweitplatzierter im Wahlkreis Villingen-Schwenningen in den Landtag ein. Apothekerin Kanold erreichte 7,9 Prozent der Stimmen. Weil sie damit unter dem landesweiten FDP-Ergebnis von 8,3 Prozent liegt, reicht es nicht für einen Sitz im Landesparlament: 0,5 Prozentpunkte fehlten ihr. „Es hat nicht ganz gereicht“, so Kanold enttäuscht. Jetzt will sie sich wieder mit ganzer Kraft ihrer Salinen-Apotheke in Bad Dürrheim widmen.

Braun arbeitete einige Jahre in einer Apotheke, bis sie auf einen Bauernhof bei Furtwangen einheiratete. Seitdem ist sie Bio-Bäuerin und setzt sich auch politisch für die Landwirtschaft und den ländlichen Raum ein. Braun kandidierte bereits zum zweiten Mal für den Landtag. Bei der vergangenen Wahl war sie kurzfristig aufgestellt worden – ihr fehlten aber rund 1000 Stimmen für den Einzug ins Parlament.

In diesem Jahr lief es besser für die Grünen: Winfried Kretschmann wurde mit 30,3 Prozent der Stimmen als Ministerpräsident des Landes bestätigt, die Grünen sind stärkste Kraft im Landtag – und in Villingen-Schwenningen. Mit den Ergebnissen ist Braun „höchst zufrieden“ – gerechnet hatte sie damit nicht. Schließlich sei Villingen-Schwenningen ein alteingesessener CDU-Wahlkreis.

Ihr Konkurrent Rombach hatte den Kreis in den vergangenen zwei Legislaturperioden geholt und sitzt seit zehn Jahren im Landtag. Im Wahlkampf hätten sie und ihr Team aber noch einmal alles gegeben, erzählt Braun. Mit Erfolg. Rombach wird übrigens über ein Zweitmandat in den Landtag einziehen. Somit werde der Kreis sogar von zwei Abgeordneten vertreten, freut sich die Grünen-Politikerin.

Zu den Besonderheiten der Wahl in Villingen-Schwenningen gehört es, dass mit Braun und Rombach zwei Landwirte gegeneinander angetreten sind. Braun ist überzeugt, dass ihr in dieser Konstellation ihre Ausbildung zur PTA zugute kam: „Ich bin breit aufgestellt und sachkundig“, sagt sie mit Blick das gelernte Wissen in Botanik, Chemie und Physik. Seit einigen Jahren behandelt Braun ihre Rinder mit Homöopathie und gibt dazu auch Seminare.

Die größte Herausforderung für den ländlichen Raum ist aus Sicht von Braun der demografische Wandel. Besonders wichtig sei es vor diesem Hintergrund, die bestehende Infrastruktur zu erhalten - „und diesen Begriff fasse ich sehr weit über alle Lebensbereiche“, erklärt sie. Ihr gehe es um den Verkehr, die Geschäfte und natürlich auch die medizinische Versorgung, Ärzte und Apotheken. „Die Nähe des Alltäglichen steht auf dem Spiel“, warnt sie. Doch besonders für ältere Menschen sei es wichtig, diese Dinge selbst erreichen zu können.

Braun hat auch schon eine Idee, um die medizinische Versorgung zu verbessern: Sie will bei Medizinstudenten für den ländlichen Raum werben. Besonders wichtig ist es ihrer Meinung nach, mit viel Selbstbewusstsein aufzutreten: „In unserer Gegend machen Menschen Urlaub – und hier kann man arbeiten“, sagt sie. Sie selbst sei sehr froh, in ihrer Region leben und arbeiten zu können. Bei der Arbeit auf dem Hof muss Braun nach ihrem Wahlsieg große Abstriche machen. Ihr Sohn, wie der Vater Landwirtschaftsmeister und zudem Landmaschinenmechaniker, soll mehr auf dem Hof aushelfen. Wahrscheinlich müsse ein weiterer Mitarbeiter eingestellt werden.

Auf dem Hof leben auf einer Fläche von rund 100 Hektar 36 Milchkühe, je 20 Rinder und Ochsen, 30 Schafe und 350 Legehennen. Außerdem ist die Familie in der Forstwirtschaft tätig. Wegen des Bauernhofs kam Braun zur Politik: „Wir müssen auf der Welt eine andere Landwirtschaft etablieren, um unseren Globus zu erhalten“, sagt sie. Aktiv setzt sich Braun seit 1999 ein, damals noch im Ortschaftsrat. 2007 ist sie den Grünen beigetreten.

Erstmals sind die Grünen nach der gestrigen Wahl stärkste Kraft in einem Landesparlament. Die CDU liegt landesweit mit 27 Prozent auf Platz 2, dahinter folgt die Alternative für Deutschland (AfD) mit 15,1 Prozent. Die SPD schaffte es mit 12,7 Prozent nur auf den vierten Rang. Die Linke verpasste mit 2,9 Prozent den Einzug in den Landtag. In Villingen-Schwenningen sind die Ergebnisse ähnlich: Auf die Grünen folgen die CDU mit 29 Prozent, die AfD mit 14,8 Prozent, die SPD mit 10 Prozent und die FDP.

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